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Alarm! Das Weiberschiff

Alarm! Das Weiberschiff

Titel: Alarm! Das Weiberschiff
Autoren: Heinz G. Konsalik
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macht Ihnen Spaß, was? Sie sturer Hund! Morgen haben wir dreihundert Blutergüsse an Bord, aber keine Menschen mehr! Sie bluten ja selbst an der Stirn.«
    »Ein Riß.« Nicholson winkte ab. Unter ihm torkelte Oberleutnant Cornell vom Navigationsraum heran, als wäre er besoffen. »Endlich bekommen Sie Arbeit, Doc! Sie waren der einzige Mensch an Bord, der sich langweilte. Sie sollten mir dankbar sein.«
    »An Ihrem Zynismus zerbrechen Sie noch, Jack!« schrie Dr. Blandy zurück, tippte sich an die Stirn und gab die Turmtreppe für Cornell frei. Bernie starrte seinen Commander mit großen Augen an.
    »Der Chief Navigator sagt, Sie sollten jetzt wirklich wegtauchen, Sir«, stotterte er. Nicholson klammerte sich am Sehrohrgestänge fest.
    »Ist Collins der Kommandant des Bootes, oder bin ich es?«
    »Sie, Sir … natürlich.«
    »Sagen Sie das dem Chief.«
    »Aye, aye, Sir …«
    Cornell grüßte und taumelte zurück ins Boot. Er ist noch schlimmer, als wir ahnten, dachte er. Ein Monster, ganz und gar ohne Gefühl. Wie wird das erst unter dem Ewigen Eis werden?
    Zwei Tage und zwei Nächte tobte der Sturm. Dann, am dritten Morgen – daß es Morgen war, sahen nur Nicholson, Dr. Blandy und Cornell im Sehrohr – flaute der Wind ab. Die See rollte nur noch in langen hohen Wellen, und die POSEIDON I lag im Wasser wie ein träger Fisch, der sich erholen muß. Halbe Fahrt, hatte Nicholson befohlen. Dieser Befehl ließ erkennen, daß Nicholson seine Leute mit unnötigen Belastungen verschonen wollte.
    Eine trübe Sonne in einem milchigen Himmel beschien das Meer, als das Sehrohr der POSEIDON I bis in voller Ausfahrhöhe die Wellen durchstieß und Nicholson einen wahrhaft köstlichen Rundblick bot.
    Die ersten Eisschollen trieben auf den Wasserkämmen, Vorboten der weißen Gebirge aus gefrorenem Wasser. Vor dem Bordlazarett standen die Boys Schlange, die meisten mit Hautrissen, Blutergüssen, Quetschungen und Verstauchungen. Dr. Blandy fluchte. Er brüllte die Männer an, mit einem blauen Fleck am Arsch käme man zu keinem Arzt, zugleich jedoch verband und schiente er, oder er schmierte Salben auf blaugelbe Flecke und verteilte Schmerztabletten.
    Nach vier Stunden stieg er in den Turm. Commander Nicholson hatte Cornell abgelöst, der wie ein wiedererweckter Leichnam in seine Kajüte getorkelt war.
    »Sie haben in der Tat ein kindliches Gemüt!« sagte Dr. Blandy ironisch. »Sie genießen wirklich den Anblick des Horizontes, Jack?«
    »Das erste Treibeis ist da, Doc.«
    »Und Sie haben neunundsechzig Krankmeldungen, Commander!«
    »Das sind neunundsechzig Friedliche, Doc!« Nicholson hockte vor dem Okular und sah sich um. Dann stutzte er plötzlich und stellte die Schärfe ein. Er fuhr das Rohr bis zum Anschlag aus und zog plötzlich die Unterlippe durch die Zähne. Dr. Blandy beobachtete ihn genau und nachdenklich.
    »Na? Feind in Sicht?« sagte er, als Nicholson in sein verdammtes Schweigen fiel. »Haben Sie einen Russen im Auge?«
    Nicholson räumte seinen Platz und tippte gegen das Okular. »Schauen Sie mal durch, Doc! Wenn ich richtig sehe, stehen wir vor einer Entscheidung.«
    Dr. Blandy blickte durch das Sehrohr. Zunächst sah er nur Wellen, aber dann bemerkte auch er einen kleinen, orangefarbenen Punkt, der auf dem Meeresspiegel herumtanzte. Es war kein Sonnenreflex. Der Punkt blieb auch, als sich eine Wolke über die Sonne schob und das Meer graugrün wurde.
    Dr. Blandy blickte sich nach Commander Nicholson um. »Wenn es das ist, was ich denke …«, sagte er gedehnt.
    »Es ist genau das! Eine Rettungsinsel.« Nicholson fuhr das Sehrohr ein und setzte sich breitbeinig auf den Stuhl mit dem Stahlsitz. »Da draußen schwimmen Schiffbrüchige! Irgendwo ist in diesem Sausturm ein Schiff gesunken.«
    »Prost. Teufel und Großmutter!« Dr. Blandy lehnte sich gegen das eingefahrene Sehrohr. »Und jetzt haben Sie ein Problem am Hals, was?«
    »So ist es, Doc.«
    »Jack, Sie sind Seemann! Die erste und die heiligste Pflicht eines Seemannes ist es, Schiffbrüchigen –«
    »Halten Sie kein Kolleg über Seemänner, Doc!« Nicholson legte beide Hände aneinander, als wolle er beten. »Ich habe drei ganz klare Befehle: Völlige Geheimhaltung, Unsichtbarkeit gegenüber anderen – im Notfall sogar Selbstversenkung. Alles andere drum herum sind Übungsmätzchen. Ich darf keinen Schiffbrüchigen sehen. Ich darf es einfach nicht!«
    »Aber Sie haben sie gesehen, Jack! Und ich auch.«
    »Nur wir zwei, Doc!«
    »Und wenn die draußen so
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