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Alarm! Das Weiberschiff

Alarm! Das Weiberschiff

Titel: Alarm! Das Weiberschiff
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich hin, beugte sich vor, hielt sich an der Dachleinwand fest und zog den Reißverschluß bis zum Endanschlag herunter. Über seiner Schulter erschien der dicke Kopf des Doktors.
    »Ich glaube, das geht mich in erster Linie an«, sagte er, als ihm der Commander einen wütenden Blick zuwarf. Hinter ihnen entstand eine merkwürdige Unruhe, ein völlig unmilitärisches Stimmengewirr wurde vernehmbar. Belucci hatte inzwischen atemlos berichtet, was er gesehen hatte.
    Nicholson schob den Eingang auseinander und blickte in das Innere der Rettungsinsel. Er fiel zwar nicht wie Belucci über Bord, aber sein hageres Gesicht war zu Stein geworden. Dr. Blandy, noch einmal über seine Schulter blickend, begriff plötzlich, daß alles, was man auf der Marinespezialschule gelernt, alle Befehle, die man mitbekommen hatte, und alle Härte, zu der man verpflichtet wurde, im Grunde billige Theorie war.
    Auf dem dicken Gummiboden der Insel lag ein Knäuel Leiber mit fünf Köpfen. Fünf Mädchenköpfe, fünf Mädchenkörper in steifgefrorenen Jeans und Pullover, zu einer Masse zusammengebündelt in der unbeschreiblichen Verzweiflung, nicht ertrinken zu müssen, aber vor der Erschöpfung und der Kälte zu kapitulieren. Die Schwimmwesten häuften sich in einer Ecke, wo auch die Proviantbeutel und die Wasserkanister, der Kasten mit den Werkzeugen und der wasserfeste Köcher für die Signalpistole standen.
    »Weiber!« hörte Commander Nicholson jetzt die dunkle röhrende Stimme von Obermaat Porter an Deck. »Belucci sagt, da sind Weiber drin! Boys! Ein Haufen Weiber!«
    »Sir, wir ziehen die Insel sofort an Deck!« brüllte der riesige Slingman.
    Dr. Blandy hockte sich neben Nicholson und hielt sich an einer der Enterstangen fest. »In Ihrer Haut zu stecken, Jack«, sagte er, »wäre ein geradezu pervertierter Wunsch. Ich klettere hinein und sehe mir die Mädchen an.« Er blickte Nicholson in die harten Augen und nickte. »Ja, das wünsche ich mir auch«, sagte er plötzlich heiser, als lese er des Commanders Gedanken. »Sie wären besser tot …«
    Er ließ sich von Porter und dem kleinen Fähnrich Duff festhalten, stieg erst mit einem Bein, dann mit dem zweiten hinüber auf die Rettungsinsel und ließ sich in ihr Inneres plumpsen. Dort hockte er vor dem Menschenknäuel, griff hinein, um an Oberkörper und Pulse heranzukommen. So begann er mit seiner Untersuchung. Schon nach einer Minute – wie lang kann eine Minute sein! – kam sein Kopf wieder am Einstiegschlitz zum Vorschein. Er schaute direkt in Nicholsons graugrüne Augen.
    »Tut mir leid, Jack«, sagte Dr. Blandy leise. »Aber sie leben noch …«
    »Ich habe das befürchtet, Doc.« Der Commander klammerte sich an einen Zipfel der Rettungsinsel, so nahe kauerte er vorm Abrutschen vom Deck. »Lassen Sie sich was einfallen. An Bord kommen die nicht!«
    »Mir braucht nichts einzufallen, Jack! Die Mädchen sind völlig unterkühlt und am Ende ihrer Kraft. Sie machen es keine drei Stunden mehr.«
    Nicholson beugte sich geradezu akrobatisch vor und blickte wieder ins Innere der Rettungsinsel. Jetzt, nachdem Dr. Blandy den Einstieg auseinandergeschoben hatte, konnte man sie deutlicher erkennen. Fünf weibliche Körper, ein jeder – selbst in der Verkrampfung und Erstarrung – von einer Schönheit, die einen Mann, der einundachtzig Tage unter Wasser gelebt hat, unweigerlich ergreifen und irritieren muß.
    »Wir nehmen an«, sagte Nicholson hart, »daß wir die Mädchen fünf Stunden später gesichtet haben …«
    »Das ist Mord, Sir!« antwortete Dr. Blandy steif. »Erwarten Sie, daß ich da mitmache? Die Mädchen müssen sofort behandelt werden!«
    »Nicht an Bord! Tun Sie das in dem Gummiding da!«
    »Als Arzt bestimme ich, welche Therapie ich wo anwende …«
    »Sie vergessen, daß Sie auf meinem Boot sind und ich der Kommandant bin!« Nicholson ließ sich von Slingman und Bernie Cornell an Deck ziehen. Er straffte sich. Als er sich umblickte, sah er in verschlossene, kantige und sehr abweisende, ja feindliche Gesichter. Selbst Chief Navigator Collins mit seinem vom ewigen Pfeifenrauchen etwas verkniffenen Gesicht starrte ihn an, als wolle er ihn wie ein Lama anspucken. »Bis auf fünf Mann das Deck räumen!« sagte Nicholson laut. »Der Funkgast zu mir!«
    Die Männer auf Deck zögerten. Dann knurrte Porter etwas, stieß den triefenden Belucci an und trottete mit den anderen Matrosen durch die Deckluke ins Innere des Bootes. Nur die Offiziere blieben stehen. Aus dem Turm kletterten
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