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Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin
Autoren: Tamora Pierce
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ritt er wortlos dahin, hing seinen trübseligen Gedanken nach und war zu niedergeschlagen, um zu bemerken, dass Thom, der gewöhnlich nach einem einstündigen Ritt zu nörgeln begann, ebenfalls schwieg.
    Coram hatte das Schmiedehandwerk erlernt, doch früher war er einer der besten Infanteristen des Königs gewesen, bis er dann nach Schloss Trebond heimgekehrt und dort ein bewaffneter Lehnsmann geworden war. Nun wollte er wieder zu den Soldaten des Königs gehören, allerdings nicht, wenn sie ihn auslachen würden, weil sein Herr ein Schwächling war. Warum war denn bloß Alanna nicht der Junge? Sie war eine Kämpfernatur. Zuerst war Coram nur deshalb ihr Lehrer gewesen, weil man bei Zwillingen unweigerlich alle beide unterrichtete, auch wenn man eigentlich nur einen davon unterrichten wollte. Eine Mutter hatten die beiden armen Dinger ja nicht. Später begann es ihm Spaß zu machen, Alanna etwas beizubringen. Sie lernte rasch und gut – besser als ihr Bruder. So wie schon immer wünschte sich Coram Smythesson auch jetzt, Alanna möge der Junge sein.
    Ohne es zu wissen stand er kurz davor, dass sich sein Wunsch erfüllte. Die Sonne brannte direkt von oben herab – Zeit zum Mittagessen. Coram gab dem in seinen Umhang gehüllten Kind unwirsch entsprechende Anweisungen, und so stiegen sie beide auf einer an der Straße liegenden Lichtung von ihren Pferden. Coram zog Brot und Käse aus einer Satteltasche, brach etwas davon ab und gab es dem Kind. Dann nahm er den Weinschlauch von seinem Sattelhorn.
»Bis es dunkel wird, wenn nicht schon vorher, haben wir das Gasthaus erreicht«, brummte er. »Bis dahin muss das hier genügen.«
    Alanna nahm ihren schweren Umhang ab. »Ich hab nichts dagegen.« Coram verschluckte sich und spuckte prustend die Flüssigkeit aus. Alanna musste ihm auf den Rücken klopfen, bis er wieder Luft bekam.
    »Branntwein?«, flüsterte er und schaute den Weinschlauch an. Dann wandte er sich dem dringlichsten Problem zu. »Beim Schwarzen Gott!«, brüllte er, und sein Gesicht verfärbte sich purpurfarben. »Wir reiten augenblicklich zurück, und wenn wir heimkommen, werd ich dir den Hintern versohlen! Wo steckt deine Satansbrut von Bruder?«
    »Coram, beruhige dich«, sagte sie. »Trink einen Schluck.«
    »Ich hab keine Lust was zu trinken!«, polterte er. »Ich hab gute Lust, euch alle beide ordentlich durchzuprügeln,!« Und damit nahm er einen tiefen Schluck aus dem Schlauch.
    »Thom ist mit Maude zusammen auf dem Weg zur Stadt der Götter«, erklärte Alanna. »Maude ist der Meinung, dass wir das Richtige tun.« Coram fluchte leise vor sich hin. »Klar, dass diese Hexe mit euch beiden einer Meinung ist. Und was hält dein Vater von der Geschichte?«
    »Es besteht kein Grund, dass er es jemals erfahren muss«, sagte Alanna. »Coram, du weißt doch, dass Thom kein Ritter werden will. Ich jedenfalls weiß es.«
    »Mir ist’s gleich, ob ihr Tanzbären werden wollt oder was auch immer!«, erklärte ihr Coram und nahm einen weiteren Schluck aus dem Schlauch. »Du bist ein Mädchen!«
    »Das braucht ja keiner zu erfahren.« Sie beugte sich vor.
    Ihr kleines Gesicht war angespannt. »Von jetzt an bin ich Alan von Trebond, der Zweitgeborene der beiden Zwillinge.
Ich werde Ritter – und Thom wird Zauberer. So wird es geschehen. Maude hat es für uns im Feuer gesehen.«
    Coram machte mit seiner rechten Hand das Zeichen gegen das Böse. Magie machte ihn nervös. Maude machte ihn nervös. Er trank noch einmal, um seine Nerven zu beruhigen. »Kleine, dein Vorhaben ist gewiss nobel, es ist das Vorhaben eines Kriegers, aber es wird nie und nimmer klappen. Wenn sie dich nicht beim Baden erwischen, dann wirst du dich früher oder später in ’ne Frau verwandeln ...
    »All das kann ich verbergen – mit deiner Hilfe. Und wenn nicht, dann verschwinde ich eben wieder.«
    »Dein Vater bringt mich um!«
    Sie zog ein Gesicht. »Vater interessiert sich für nichts außer für seine Schriftrollen.« Sie holte Luft. »Coram, ich bin nett zu dir. Thom wäre nicht so nett. Willst du für die nächsten zehn Jahre Dinge sehen, die es gar nicht gibt? Das kann ich schaffen, so viel kannst du mir glauben. Erinnerst du dich noch, wie der Koch damals Vater verraten wollte, wer die Kirschtorte aufgegessen hat? Oder wie meine Patin versuchte Vater dazu zu bringen, sie zu heiraten?«
    Coram wurde bleich. An jenem Nachmittag, als man entdeckt hatte, dass die Torten weg waren, hatte der Koch große hungrige Löwen gesehen, die
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