Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alanna - Das Lied der Loewin

Alanna - Das Lied der Loewin

Titel: Alanna - Das Lied der Loewin
Autoren: Tamora Pierce
Vom Netzwerk:
durchdringenden Blick zu. »Ich habe keine Stadt gesehen.«
    Thom beugte sich vor. »Du hast etwas gesehen?« Seine Stimme klang ungeduldig. »Aber es war doch Maude, die den Zauberspruch gesprochen hat ...
    »Nein!«, entgegnete Alanna ungehalten. »Ich habe nichts gesehen! Gar nichts!«
    Thom entschloss sich, sie später noch einmal zu befragen, wenn sie nicht mehr so verängstigt aussah. Er wandte sich an Maude. »Also, was ist jetzt?«, fragte er.

    Die Heilerin seufzte. »Na gut. Morgen breche ich mit Thom zusammen zur Stadt der Götter auf.«
     
    Im Morgengrauen des nächsten Tages gab Lord Alan seinen beiden Kindern jeweils einen versiegelten Umschlag und seinen Segen, bevor er Coram und Maude unterwies. Coram wusste noch nichts von dem geänderten Plan. Alanna hatte nicht vor, ihn einzuweihen, bevor sie Trebond weit hinter sich gelassen hatte.
    Nachdem Lord Alan die beiden entlassen hatte, brachte Maude sie in Alannas Zimmer. Coram richtete inzwischen die Pferde. Rasch waren die Briefe geöffnet und gelesen.
    Lord Alan übergab seinen Sohn in die Hände des Herzogs Gareth von Naxen und seine Tochter in die der Ersten Tochter des Klosters. Jedes Vierteljahr würde er Gelder für den Lebensunterhalt seiner Kinder schicken, und zwar bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es ihre Lehrer für richtig hielten, sie wieder nach Hause zu schicken. Er sei mit seinen Studien beschäftigt und schenke dem Herzog und der Ersten Tochter in allen Dingen sein volles Vertrauen. Er stehe in ihrer Schuld, Lord Alan von Trebond.
    Eine Vielzahl solcher Briefe wurde jedes Jahr ins Kloster und in den Palast geschickt. Alle Töchter aus adligen Familien studierten im Kloster, bis sie sich mit fünfzehn oder sechzehn zum Hof begaben, um sich einen Ehemann zu suchen. Der älteste Sohn einer Adelsfamilie erlernte gewöhnlich am Königspalast die Pflichten und die Fertigkeiten eines Ritters. Die jüngeren Söhne konnten ihren Brüdern in den Palast folgen oder sie konnten erst einmal ins Kloster der Töchter der Göttin und später ins Kloster der Priester gehen, wo sie Religion oder Zauberei studierten.

    Thom war Experte, was das Fälschen der Handschrift seines Vaters betraf. Er schrieb zwei neue Briefe, einen für »Alan«, den anderen für sich selbst. Alanna las sie sorgfältig. Sie war erleichtert, als sie sah, dass zwischen Thoms Fälschung und den Originalen kein Unterschied zu entdecken war. Der Junge lehnte sich grinsend zurück. Er wusste, dass Jahre vergehen konnten, bis die Angelegenheit aufgedeckt wurde. Während Thom in einen Reitrock stieg, brachte Maude Alanna ins Umkleidezimmer. Dort zog das Mädchen ein Hemd, Reithosen und Stiefel an. Dann schnitt ihr Maude das Haar.
    »Ich muss dir etwas sagen«, erklärte Maude, als die erste Locke zu Boden fiel.
    »Was?«, fragte Alanna nervös.
    »Du hast die Gabe zu heilen.« Die Schere war weiterhin am Werk. »Sie ist größer als die meine, größer als jede, die mir jemals begegnet ist. Und du hast noch andere Zauberkräfte, von denen du noch lernen wirst, dich ihrer zu bedienen. Aber das Heilen – das ist das Wichtigste. Ich hatte einen Traum heute Nacht. Eine Warnung war es, so klar und so deutlich, als hätten mir die Götter ins Ohr gebrüllt.«
    Alanna, die sich das vorstellte, unterdrückte ein Kichern.
    »Es schickt sich nicht, über die Götter zu lachen«, erklärte ihr Maude streng. »Aber das wirst du noch früh genug selbst herausfinden.«
    »Was soll das heißen?«
    »Lass es gut sein. Hör mir zu! Hast du an all diejenigen gedacht, deren Leben du nehmen wirst, wenn du dich auf den Weg machst, um deine großen Taten zu vollbringen?«
    Alanna biss sich auf die Lippe. »Nein«, gestand sie.
    »Das habe ich mir gedacht. Du siehst nur den Ruhm. Aber
es wird Leben kosten und es wird vaterlose Familien geben. Und Leid. Denk nach, bevor du kämpfst. Denk an denjenigen, den du bekämpfst, und sei es nur deshalb, weil du eines Tages auf einen Gegner treffen wirst, der dir ebenbürtig ist. Und wenn du für all diejenigen, deren Leben du beenden wirst, bezahlen willst, dann benutze deine Heilkraft. Benutze sie, so oft du nur kannst, sonst wirst du deine Seele jahrhundertelang nicht mehr von den Toten befreien, die du zu verantworten hast. Das Heilen ist schwerer als das Töten. Die Mutter weiß, warum, aber du hast eine Gabe für beides.« Rasch bürstete sie Alannas kurz geschnittenes Haar. »Lass deine Kapuze ein Weilchen auf. Aber abgesehen von Coram wird dich jeder für Thom
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher