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Al Wheeler und die Verführerin

Al Wheeler und die Verführerin

Titel: Al Wheeler und die Verführerin
Autoren: Carter Brown
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steckt dahinter?«
    Sie zündete sich eine Zigarette
an und sah mich fünf oder sechs Sekunden an, bevor sie antwortete. Dann sagte
sie: »Ich glaube, soviel kann ich sagen, Lyn ist Witwe, wie Sie wahrscheinlich
wissen, ihr Mann ist vor drei Jahren gestorben. Die beiden liebten sich sehr,
und mit seinem Tod verlor sie etwas, was durch nichts zu ersetzen war...«
    »Mein Taschentuch ist
nigelnagelneu«, sagte ich angstvoll, »ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn
ich auf den Teppich weine?«
    »Solange ich nicht aus dem
Zimmer zu schwimmen brauche.« Sie lächelte leicht. »Ich glaube, ich habe mich
ein bißchen pathetisch ausgedrückt. Entschuldigen Sie. Aber es ist wahr, das
einzige, was ihr blieb, war ihre Tochter, und ich habe den Eindruck, die Sorge
für ihre Tochter wurde zu einer fixen Idee. Sie wachte wie ein Adler über dem
Mädchen, und Angela braucht eine strikte Aufsicht — ein wildes Mädchen ist das,
das kann ich sagen. Aus vier der besten Schulen ist sie rausgeflogen, bevor sie
sechzehn war. Das Pensionat in der Schweiz war die letzte Zuflucht. Nur haben
die sie auch nicht behalten.«
    »Sie kam also nach Hause,
lernte Rickie Willis kennen und ist kurzerhand mit ihm durchgebrannt.«
    »Lyn hatte Absichten mit ihr«,
sagte Miß Brent sachlich. »Sie sollte im Herbst aufs College, für den Winter
war ihr gesellschaftliches Debüt vorgesehen — wahrscheinlich haben alle Mütter
solche oder ähnliche Pläne, nur bewegen sich Lyns in größerem Rahmen. Unsere
erste Gesellschaft ist ein empfindlicher Organismus, wissen Sie, aber mit Lyns
Geld und Ruf konnte sie für Angela alles erreichen. Sie hatte bis zu ihrem
Debüt schon die ganze Saison verplant und darüber hinaus. Nach ihrer
Vorstellung sollte Angela vielleicht ein oder zwei Jahre das College besuchen —
wie lange, war nicht so wichtig. Wichtig war der gesellschaftliche Erfolg der
strahlenden Tochter von Mrs. Geoffrey Summers, und daß sie die Gesellschaft New
Yorks im Sturm eroberte. Der springende Punkt, daß sie in den nächsten drei
Jahren den richtigen Mann heiratete, vielleicht einen englischen Aristokraten,
falls der Adel genug ist, oder einen Karrierediplomaten — Sie wissen schon.«
    »Und nun ist ein
Nachtklubsänger aus Greenwich Village daraus geworden«, sagte ich. »Natürlich
verstehe ich, daß Mrs. Summers außer sich ist — aber diese
>Notzucht<-Sache geht doch wohl ein bißchen zu weit, nicht wahr?«
    Sie lächelte ganz plötzlich.
    »Millionärs-Moralbegriffe sind
anders als die von normalen Sterblichen, Leutnant.«
    »Nennen Sie mich ruhig Al — eine
Mandantin soll unseren freundschaftlichen Beziehungen nicht im Wege stehen.«
    »Schön, Al«, sagte sie. »Ich
heiße Ilona, und ein Mandant von mir kann nötigenfalls vielen Dingen im Wege
stehen.«
    »Für einen Mann wie mich, der
noch nie mehr als tausend Dollar auf einmal besessen hat, sind Enthüllungen
über reiche Leute faszinierend! Ilona, erzählen Sie doch noch ein bißchen
weiter.«
    »Angela hat selbst etwas Geld«,
fuhr sie fort. »Ungefähr drei Millionen, aber da kann sie erst ran, wenn sie
einundzwanzig ist. Vorläufig ist sie noch minderjährig und auf die zweihundert
Dollar angewiesen, die ihre Mutter ihr monatlich gibt. Lyn ist verzweifelt, Al!
Das hier ist ihr letzter Versuch — wenn es schiefgeht, weiß sie, daß sie ihre
Tochter endgültig verloren hat. Deswegen glaubt sie, Angela nur zur Vernunft
bringen zu können, wenn sie ihr einen solchen Schrecken einjagt, daß sie
niemals wieder mit ihrer Mutter streitet.«
    »Und die Presse, die
Sensationsgier?«
    Ilona zuckte die Schultern. »Es
ist ein Risiko, das sie eingeht. Lyns eigener Ruf ist über jeden Zweifel
erhaben, und sie glaubt, die Wogen werden schlimmstenfalls eine Woche anhalten.
In sechs Monaten wird die Erinnerung an die Geschichte in der Gesellschaft
Angela vielleicht sogar interessant machen. Für die internationale Gesellschaft
gibt es nur zwei unverzeihliche Sünden, Al: unter seiner gesellschaftlichen
Position zu heiraten oder — fast noch schlimmer — sein Geld zu verlieren.«
    Ich dachte eine Weile nach.
Trotz aller Verrücktheit schien das, was sie sagte, einen tieferen Sinn zu
haben — wie eine Debatte in der UNO.
    »Akzeptiert«, sagte ich. »Als
klar war, daß ihre Tochter auf und davon war, machte sie sich stehenden Fußes
an die Verfolgung und nahm ihre entzückende Anwältin mit. Wozu hat sie ihren
Schwager mitgebracht?«
    »Hillary ist seit seines
Bruders Tod der Mann in der
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