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Al Wheeler und der falsche Mann

Al Wheeler und der falsche Mann

Titel: Al Wheeler und der falsche Mann
Autoren: Carter Brown
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ich
glaubte, daß es vielleicht ein bißchen zudringlich erscheinen würde, nach
welchem zu fragen, und so begnügte ich mich mit purem Scotch und einem Spritzer
Soda.
    »Ich heiße Madeline Carmody «, sagte sie. »Nigel Barrett war ein guter Freund
von mir. Er rief mich heute abend an und wirkte
ausgesprochen deprimiert. Er wäre in großen Schwierigkeiten, sagte er, und ich
solle herüberkommen, um mit ihm darüber zu sprechen. Ich maß der ganzen Sache
keine große Bedeutung bei, denn Schwule sind nun mal so. Immer und ewig
dramatisieren sie ihr Leben. Aber er klang am Telefon so nervös, daß ich fand,
es wäre wohl besser zu kommen, andernfalls hätte ich den Rest der Nacht am
Telefon verbringen können.«
    »Wie lange haben Sie gebraucht,
um hierher zu kommen?«
    »Ich wohne nur drei
Häuserblocks entfernt, aber ich hatte mich gerade zu einem späten Dinner
niedergesetzt, als er anrief. Deshalb habe ich mich nicht beeilt. Es wird wohl
so eine Stunde später gewesen sein, als ich hier eintraf. Vermutlich kurz vor
elf Uhr dreißig. Er reagierte nicht auf mein Klingeln, aber die Wohnungstür war
nicht ganz zu. Und plötzlich hatte ich das unangenehme Gefühl, er könnte
versucht haben, sich das Leben zu nehmen, oder etwas ähnlich Dummes getan
haben. Also stieß ich die Tür auf, ging in die Wohnung hinein und entdeckte ihn
dann im Schlafzimmer. Unmittelbar darauf rief ich das Büro des Sheriffs an.«
    »Muß ein verdammt großer Schock
für Sie gewesen sein.«
    »Ja, das war es.« Ihre mittemachtsblauen Augen musterten mich kalt. »Aber
zufälligerweise bin ich nicht der Typ Frau, der zusammenbricht, Lieutenant, wie
groß die Herausforderung auch sein mag.«
    »Hatte er irgendwelche Feinde?«
    »Haufenweise. Nigel war ein
sehr kämpferischer Homo, aber ich habe nie ernstgenommen, was er über seine
Rivalen gesagt hat.« Plötzlich biß sie sich auf die Unterlippe. »Bis heute
nicht. Und nun ist es — verdammt noch mal — zu spät.«
    »Freunde?«
    »Sie wechselten häufig.« Sie
dachte ein paar Sekunden lang nach. »Peter Lewis dürfte wohl sein engster
Freund gewesen sein, nehme ich an.«
    »Wo könnte ich den finden?«
    »Er hat die Wohnung über mir.
Da habe ich Nigel auch mal kennengelernt — auf einer von Peters Partys.«
    »Und wo ist Ihre Wohnung?«
    »1-3-0-1 Pine Street, zweiter Stock.«
    »Nigel hat Sie gegen zehn Uhr
dreißig angerufen, und Sie sind dann gegen elf Uhr dreißig hier angekommen und
haben ihn tot vorgefunden.«
    »Stimmt genau.«
    »Womit hat er seinen
Lebensunterhalt verdient?«
    »Er stand Modell. Hauptsächlich
für Magazine, glaube ich. Manchmal machte er Werbespots fürs lokale Fernsehen.
Nigel war sehr fotogen.«
    »Wer hat das Bild von ihm
gemalt?« Ich deutete mit dem Kopf auf das wuchtige Porträt an der Wand.
    »Das weiß ich nicht«,
behauptete sie. »Aber ich vermute, es war ein ehemaliger Liebhaber, bei all der
liebevollen Hingabe ans Detail.«
    »Und womit verdienen Sie Ihren
Lebensunterhalt, Miß Carmody ?«
    »Ich bin freiberufliche
Designerin«, sagte sie. »In erster Linie fertige ich Zeichnungen an. Wieso?«
    »Reine Neugierde. Haben Sie
einen festen Freund?«
    »O du meine Güte!« Sie bedachte
mich mit einem spröden Lächeln. »So ist das also! Weil ich Homos mag, muß ich eine Lesbierin sein oder gar sonst noch was.«
    »Nun, man bezahlt mich dafür,
daß ich neugierig bin«, sagte ich sanft. »Die meisten Frauen würden hysterisch
kreischen und auf die Straße hinauslaufen, wenn sie eine Leiche in einem
Zustand wie diesem hier vorfänden. Sie haben indessen das Büro des Sheriffs
angerufen und seelenruhig gewartet, bis ich erschien.«
    »Es war nicht einfach«, gab sie
zu. »Aber als ich zwanzig wurde, fand ich es an der Zeit, damit aufzuhören, vor
allem und jedem davonzulaufen, Lieutenant.«
    »Wie überaus tapfer!« bemerkte
ich.
    »Spotten Sie nur, wenn Sie
wollen.« Ihr Gesicht verfärbte sich dunkelrosa. »Es ist mir verdammt
scheißegal, was Sie denken, Lieutenant.«
    »Er hat nicht gesagt, in
welchen großen Schwierigkeiten er steckte?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich
hatte es nicht so sehr ernstgenommen. Wie ich bereits schon gesagt habe,
Schwule haben die Tendenz, ihr Leben zu überdramatisieren.«
    »Hatte er irgendwelche nahen
Verwandten — Eltern oder dergleichen?«
    »Falls er welche hatte, so hat
er sie mir gegenüber niemals erwähnt.«
    »Ich glaube, ich werde noch
einmal einen Blick ins Schlafzimmer werfen.«
    »Lieutenant.« Ihre Züge
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