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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid
Autoren: Sobo Swobodnik
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gar nicht erfreut zu sein schienen. Dann wurden Beutel und Sporttasche akribisch durchsucht. Hosentaschen und Jackentaschen. Alles musste ausgepackt werden. Plotek hatte sich mit heruntergelassener Hose zu bücken, so dass einer der Kriminalen ihm ins Arschloch schauen konnte. Was sie da vermuteten, schien unklar. Eine Heckler & Koch vielleicht? Eine Handgranate? Oder doch eher einen Schwarzen Afghanen? Aber sie fanden nichts, nicht in Löchern, nicht in Beuteln. Nicht einmal das Geld vom Verkauf des Bildes, das Vinzi mit sich führte, fanden die Beamten. Trotz der Leibesvisitation. Hätten sie sich selbst mal bücken sollen! Manchmal muss man eben auf die Knie gehen, um Erkenntnisse zu gewinnen, die mit hoch erhobener Nase und überheblichem Blick nun einmal nicht zu erzielen sind. Aber Spezialeinheiten bücken sich nicht gerne. Pech. So konnten sie den aufgeschnittenen Katheterbeutel voller Geldscheinbündel, der unter dem Rollstuhl klebte, eben nicht sehen.
    Nachdem die Kriminaler den beiden nicht einmal Schwarzfahren anhängen konnten, fiel ihre Überheblichkeit, ihr kriminalistisches Wichtiggetue von ihnen ab wie eine viel zu große Hose. Darunter schaute dann aber kein Potenzgeprotze hervor, wie vielleicht zu erwarten gewesen wäre, sondern ein jämmerliches Gemisch aus Hilf – und Ahnungslosigkeit. Das war keine Spezialeinheit der Berliner Polizei mehr. Das war eine Bankrotterklärung der Exekutive. Ein Haufen indisponierter Jammerlappen und grindiger Versager, auf deren Kaffeebecher Mutti stand. Für diese Dünnbrettbohrer und Flachzangen von des Innenministers Gnaden in ihren schlecht sitzenden Jeans – und Cordhosen schien nicht einmal das ewige Leben auszureichen, um überhaupt so etwas wie eine Spur von wem oder was auch immer zu finden. Dass Polizisten keine Sympathieträger sind, war Plotek und Vinzi hinlänglich bekannt. Dass die aber größtenteils selbst schuld daran sind, wurde ihnen gerade erst richtig klar. Und dass es zwischen den Blinden Einäugige gibt auch. »Ich bringe Sie zum Bahnhof«, sagte die Beamtin aus dem Hintergrund, nachdem das Prozedere endlich beendet war. Vermutlich mehr aus Mitleid als aus Zuneigung.
    Mit Blaulicht, Martinshorn und einem Affenzahn ging es durch die Stadt bis zum Hauptbahnhof. Das war ihr Metier! Darin waren sie allesamt einfach Spitze. Tatütata! – das Metrum der exekutiven Buschtrommel. Kommt ein Vokal, eine Note, nur ein Ton dazu, wird’s allerdings schwierig.
    Der Nachtzug nach Malmö stand mit geschlossenen Türen abfahrtbereit auf Gleis 4. Einzig eine mal wieder nicht funktionierende Weiche hatte etwas gegen die pünktliche Abfahrt. Glück gehabt, dachten Plotek und Vinzi, als die Beamtin ihnen die Tür öffnete.
    »Gute Reise!«, kam aus dem Mund der weiblichen Polizeigewalt.
    Schöner Mund, dachte Plotek. Schöne Frau, Vinzi. Und dennoch: keine Dankbarkeit bei den beiden. Eher das Gegenteil. Nur ein achtloses Nicken kam von Plotek. Ein verächtliches Grinsen von Vinzi.
    Man bedankte sich einfach nicht bei Leuten, auf deren Tassen Mutti steht.

3
    »Nicht mal den Schwarzen Afghanen haben die Deppen gefunden!« Vinzi zeigte auf de n Griff seines Rollstuhls. »Ich gebe zu, das ist ein raffiniertes Versteck. Ein ziemlich raffiniertes sogar. Aber wer die Dreistigkeit besitzt, in das Arschloch unbescholtener Bürger zu glotzen . . .«Er zwinkerte Plotek zu.
    Der nahm den Gedanken dankend auf: »Wie soll da der Kampf gegen den Terror gewonnen werden?! «Beide schauten sich an und lachten gleichzeitig.
    »Kann ich den beiden Herren helfen?« Da war sie wieder, diese ausgestellte Über-Freundlichkeit des Zugpersonals, dieses Mal in Gestalt eines Schlafwagenschaffners mit zugespitzten pechschwarzen Koteletten von den Wangen bis zum Kinn. Vinzi zeigte die Fahrkarten und die Schlafwagenreservierung vor, als wären das ihre Eintrittskarten in den Himmel.
    »Wagen 4 Abteil 94. Ja, das müsste gleich da vorne sein, die Herren.«
    War es nicht. Theoretisch schon, praktisch nicht. Als der Schaffner nämlich die Tür von Abteil 94 öffnete, stand schon jemand bettfertig zwischen den Pritschen und schrie: »Huch!«, wie man »Raus, du Arschloch!« schreit.
    Es war Uma Thurman in Blond. Sie trug ein weißes Nachthemd aus Seide und im Gesicht, nach dem Schreck, einen grimmigen Blick, der jede Diskussion überflüssig machte. Als wollte sie sagen: »Wir können uns gerne unterhalten, aber das Abteil verlasse ich nur tot.«
    »Verzeihen Sie«, sagte der Schaffner, dezent
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