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Ahoi Polaroid

Ahoi Polaroid

Titel: Ahoi Polaroid
Autoren: Sobo Swobodnik
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Zum anderen irritiert. Während Plotek ihnen den Zusammenhang kurz skizzierte, befreiten sie Swantje. Sie widersprach natürlich sofort vehement, so dass ihr einer der Beamten befahl, den Mund zu halten. Was sie erstaunlicherweise auch tat.
    Da die Polizei bisher nur Opfer ausgemacht hatte, war Swantje die Erste, die durch die Anschuldigungen von Plotek in die Rolle der Täterin passte. Als solche wurde sie dann auch, bekleidet und in Handschellen, von den beiden Beamten abgeführt. Zeitgleich wurde Vinzi, am Infusionstropf hängend, von zwei Sanitätern auf einer Trage vom Schiff gebracht. Gefolgt von Plotek, Bruchmeier und dem Schriftsteller.
    »Ich hab ihn!«, sagte Plotek. Was Vinzi aber nicht verstand.
    »Den Katheter.«
    Jetzt schmunzelte er und fragte schwach: »Ist er voll?«
    »Klar!« Das Schmunzeln wurde zum Lächeln. Bruchmeier und der Schriftsteller schienen noch verwirrter als zuvor.
    Vinzi verschwand in einem Sanitätswagen und wurde in die Klinik von Kirkenes gebracht. Die anderen, also Swantje, der Schriftsteller, Bruchmeier und Plotek, fuhren in zwei Dienstautos mit Blaulicht durch das morgendliche Kirkenes zur Polizeistation. Dort bemühte sich vor allem Plotek, auch mit Hilfe der Polaroids, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Was ihm erstaunlich gut gelang. Unterstützt vom Schriftsteller, der, wie sich herausstellte, noch besser Bescheid wusste, als Plotek geahnt hatte. Als schlummerte bereits ein Mini-Maigret in ihm, der ungeduldig darauf wartete, freigelassen zu werden, hatte er nicht alles, aber einiges herausgefunden. Und immerhin genug, um rechtzeitig an der Sauna gewesen zu sein. Und Bruchmeier blieb sowieso nichts anderes übrig, als die Karten auf den Tisch zu legen.
    Swantjes Situation wurde angesichts der Aussagen denkbar ungünstig. Auch wenn sie sich noch so unschuldig gab. Die Tote im Zug nach Malmö, Karin Liebermann, war nun mal aktenkundig. Wurde auch durch Kopfschütteln und Schulterzucken nicht wieder lebendig.
    Swantje Schmitz sollte in Untersuchungshaft wandern. Dort auf ihre Auslieferung nach Deutschland warten. Von Klara und Klaus Liebermann fehlte hingegen jede Spur. Sie wurden sofort zur Fahndung ausgeschrieben. Womöglich hatten sie sich schon in das benachbarte Russland abgesetzt.
    Plotek saß noch immer im Büro der Kriminalpolizei und traute sich nicht so recht nach draußen. Er wusste, dass mittlerweile Herlinde Vogler-Huth vor der Station auf ihn wartete. Zumindest behauptete das der Schriftsteller, der, nachdem er sich eigentlich schon verabschiedet hatte, wieder zurück in die Polizeistation gekommen war.
    »Ich fürchte, da haben Sie etwas losgetreten«, sagte er.
    »Ich?«
    »Nun, von mir will sie nichts.« Er schmunzelte.
    Sehr witzig, dachte Plotek und fragte: »Was soll ich machen?«
    »Warten.«
    »Wie lange?«
    »Bis sie aufgibt.« Der Schriftsteller trat ans Fenster, sah hinaus und fügte hinzu: »Nun, das kann dauern.«
    Er wandte sich wieder vom Fenster ab und ging zur Tür. »Also, noch viel Spaß.«
    »Moment noch«, rief ihm Plotek hinterher. Der Schriftsteller drehte sich noch einmal um.
    »Ja?«
    »Ihr Finger. . .«
    Der Schriftsteller streckte die rechte Hand in die Luft. »Sie meinen den fehlenden?«
    »Ja.«
    »Komplizierte Geschichte«, sagte er etwas genervt. Offenbar war er es leid, immer darauf angesprochen zu werden. »Nur so viel: Manche verlieren die Nerven. Andere den Kopf. Die Augen. Ich einen Finger.«
    »Wo?«
    Er ballte die Hand zur Faust. »Manche verlieren ihn an der Bandsäge. Bei einem Verkehrsunfall. Durch einen Hund. Ich durch eine Frau. Unglückliche Liebe, verstehen Sie?«
    Plotek dachte an Agnes und nickte.
    Der Schriftsteller ging, aber Plotek wollte den Stuhl im Kommissariat nicht verlassen.
    »Können Sie mich vielleicht noch ein paar Tage hierbehalten?«, fragte er schließlich den Kriminalbeamten, beim Gedanken an Herlinde Vogler-Huth der Verzweiflung nahe. Der stand von seinem Stuhl auf, ging zum Fenster und sah lange hinaus. Dann drehte er sich zu Plotek um und sagte, ohne mit der Wimper zu zucken: »Nein. Aber es gibt einen Hinterausgang.«
    Und so machte sich Plotek, während Herlinde an der Eingangstür der Polizeistation mit dem Schriftsteller aufgeregt diskutierte, heimlich davon. Als wäre er der Übeltäter.

15
    Die Welt war woanders. Deutschland war woanders. München. Das Froh und Munter . Hier war Kirkenes, das Ende, manche würden sagen: der Arsch der Welt. Dennoch fühlte sich Plotek plötzlich diesem
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