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Ahnentanz

Ahnentanz

Titel: Ahnentanz
Autoren: Heather Graham
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ihn die Sonne einen Moment. Und dann …
    Dann sah er eine Frau auf dem Balkon. Sie war groß, mit wehendem, kastanienfarbenem Haar, und sie trug irgendwas Langes, Weißes, das ebenso hinter ihr herzuflattern schien wie ihr aufregendes, langes Haar. Sie war auf seltsame Weise schön – und sie wirkte sehr real.
    Als er blinzelte, war sie verschwunden.
    „Sagt mal, habt ihr gerade jemanden gesehen?“, fragte er seine Brüder.
    „Nein, aber möglicherweise ist die Frau hier, die sich um Amelia gekümmert hat. Der Anwalt sagte etwas davon, dass sie herkommen wollte, um ihre Sachen zu holen.“
    „Ich dachte, ich hätte jemanden in … egal“, sagte Aidan.
    Er fixierte den Balkon und dann die Fenster. Dort war niemand.
    Falls seine Brüder seine genaue Musterung des Hauses bemerkten, sagten sie nichts. Vermutlich waren sie zu beschäftigt, sich über ihre handwerklichen Fähigkeiten zu streiten.
    Er ließ sie stehen und ging in Richtung Haus.
    „Aidan!“, rief Zach. „Was tust du da?“
    „Ich sehe mir das näher an“, rief er zurück.
    Eine Minute später hatten sie ihn eingeholt, und sie alle gingen die Kiesauffahrt hinauf, deren uralte Eichen links und rechts einen willkommenen Schutz vor der Sonne boten. Als sie sich dem Haus näherten, bemerkte Aidan, dass der Anstrich in einem noch schlechteren Zustand war als angenommen. Hier wird man richtig Arbeit hineinstecken müssen, dachte er mit einem innerlichen Stöhnen.
    „Wir können hier draußen eigentlich keine baurechtlichen Probleme bekommen“, sagte Zach.
    „Wenn es eine historische Sehenswürdigkeit ist, werden wir dennoch mit jemandem verhandeln müssen“, entgegnete Aidan.
    Zach schüttelte den Kopf. „Ich bin sicher, dass es irgendeinen historischen Schutz genießt. Aber historische Gebäude sind wichtig. Ich weiß nicht, wie es dir geht, Aidan, aber manchmal … herrje, manchmal glaube ich, dass wir zumindest versuchen sollten, die Welt etwas zu verbessern.“
    Aidan blieb stehen und sah seinen Bruder verständnislos an. „Wovon sprichst du?“
    Zach zuckte die Achseln. „Ich habe so viel schlimmen Scheißda draußen gesehen – herrje, wir alle haben das –, und ich kann mir nicht helfen, aber ich habe das Gefühl, dass das hier etwas Wichtiges ist, etwas, das uns bestimmt ist.“
    „Was, wenn die Historische Gesellschaft die Plantage kaufen will?“, wollte Aidan wissen.
    Zach starrte ihn an. „Der Sturm ist zwar inzwischen Jahre her, doch du und ich wissen, dass es noch Jahre dauern wird, bis wieder richtiges Geld in die Region fließt. Ich bin mir sicher, dass die Historische Gesellschaft alles Mögliche getan hat, um die Gebäude zu restaurieren, die sie schon besitzt. Aber wir könnten etwas Wichtiges tun, indem wir diesen Ort wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückverwandeln. Hier könnten Vorträge und Konzerte stattfinden, vielleicht sogar Festspiele, um das Publikum daran zu erinnern, wie man ein Land aufbaut.“ Zach errötete und war von seiner kleinen Rede offenbar selbst überrascht, doch er machte keinen Rückzieher.
    Als Jeremy sein „Ich bin dabei“ murmelte, hob Aidan resigniert die Hände. „Tatsächlich habe ich eine Idee“, übernahm nun Jeremy das Ruder.
    „Ach ja?“, sagte Aidan.
    „Warum setzen wir uns nicht ein zeitliches Ziel? Wie Halloween. Wir könnten zu einem Event für Children’s House einladen.“
    Aidan sah Jeremy an. Sein Bruder meinte es ernst. Und warum auch nicht? Als ihn der Beruf mit dem Schlimmsten konfrontiert hatte, was er sich vorstellen konnte, war er nicht verbittert, hatte nicht aufgegeben. Er hatte sich einer Aufgabe verschrieben, damit nicht noch mehr Kinder tot in einem Fluss landeten.
    Sicher, Jeremy versteifte sich manchmal auf etwas, aber was sollte es? Vielleicht lag es im Blut. Hatte er nicht selbst vor weniger als einer Stunde am Ufer gestanden und darauf bestanden, dass ein einzelner Knochen, den jeder für eine Folgeerscheinung der Naturkatastrophe hielt, ernst genommen und eingehenduntersucht werden musste?
    Zachary hatte Jeremys Sache von Beginn an aus vollem Herzen unterstützt, aber was hatte er, der Älteste, getan?
    Nichts, das war es. Er hatte seine Seele sterben lassen.
    Nun, genug davon. Er schuldete seinem Bruder etwas.
    „Ein Event?“, fragte er und bemühte sich noch immer, die Stimme der Vernunft zu spielen.
    „Eine Halloween-Party.“ Jeremy lächelte, als die Idee in seinem Kopf Gestalt annahm. „Wir dekorieren die Plantage, heuern ein paar Leute
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