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Agrarwende jetzt

Titel: Agrarwende jetzt
Autoren: Franz Alt , Brigitte Alt
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nicht!
    Schwarting: »Das Schwein ist genauso reinlich wie der Mensch.« Er hat also Wohn- und Kotplätze für die Schweine getrennt. Die Schweine haben jetzt Ruheräume und können sich Wange an Wange zum Schmusen und Dösen zurückziehen, sich am Futterautomaten immer bedienen und nach Herzenslust duschen.
    Die Schweine von Gerhard Schwarting fühlen sich jetzt sauwohl. Der Mann ist kein Ökoromantiker, eher ein kühler Rechner. Sein Schweinefleisch von glücklichen Sauen ist nicht teurer als das aus der herkömmlichen Massenzucht. Aber es verkauft sich besser. Und Massenzucht betreibt auch der Agrarexperte Gerhard Schwarting. Sein »Fünfsternestall« (»Spiegel«) beherbergt 1000 Sauen.
    Schweine im Freien bekommen im Sommer oft einen Sonnenbrand. Das dänische Parlament hat im Mai 2001 beschlossen, dass Schweine ab sofort einen Anspruch auf ein schattiges Plätzchen haben.
    Die »Landesvereinigung der Milchwirtschaft Nordrhein-Westfalen« wollte noch genauer wissen, wie es um die Seelenlage des lieben Viehs bestellt ist, und hat 180 Rinder nach ihren Musikpräferenzen gefragt. Kühe haben offensichtlich Musikgeschmack. Bei Mozarts »Kleiner Nachtmusik« gaben sie 0,6 Prozent mehr Milch als ohne Musik. Volksmusik wie »Herzilein« von den Wildecker Herzbuben aber schlug den Kühen gewaltig aufs Euter: 2,5 Prozent weniger Milchleistung!
    Die Liebe Gottes zu allen seinen Geschöpfen und die Einheit allen Lebens mit Gott zeigt uns der ökologische Jesus unübertrefflich in seiner Geschichte vom 100. Schaf:
    »Was meint ihr? Wenn ein Mensch 100 Schafe hätte und eines unter ihnen sich verirrte: Lässt er nicht die 99 auf den Bergen, geht hin und sucht das verirrte? Und wenn es geschieht, dass er es findet, wahrlich, ich sage euch: Er freut sich darüber mehr als über die 99, die sich nicht verirrt haben. So ist’s auch nicht der Wille bei eurem Vater im Himmel, dass auch nur eines von diesen Kleinen verloren werde« (Matthäus 18,12-24 und Lukas 15,4-7).
    Alle Lebewesen eint das Band des Lebendigen. Aus dieser Erkenntnis sollten wir einen Bund der Lebendigen anstreben - eine Ehrfurcht vor allem Leben.

11. Tiere sind keine Autos
    Mystiker aller Religionen erkennen das Göttliche und Seelische in allem , auch in Tieren und Pflanzen. So wie es in den indischen Upanishaden steht:
    »Gott schläft in den Steinen,
duftet in Pflanzen,
träumt in Tieren
und will in uns Menschen erwachen.«
    Für Albert Einstein war Mystik die Fähigkeit, ehrfürchtig zu staunen. Und Mahatma Gandhi hat gesagt: »Göttlich zu werden bedeutet, mit der ganzen Schöpfung in Einklang zu sein.«
    Der christlichen Schultheologie war Mystik immer verdächtig. Die Verdrängung von Mystik und Ökologie, von Tieren und Pflanzen in den Männerkirchen, ist ein fortwährender Skandal. Weil wir nicht wissen, woher wir kommen, wissen wir auch nicht, wer wir sind, und weil wir nicht wissen, wer wir sind, tun wir auch nicht, was wir wissen. Um in diesem Zustand überleben zu können, müssen wir verdrängen - zum Beispiel, was wir Tieren antun -, weil wir aber verdrängen, können wir kaum überleben. Hier, im seelisch-religiösen Bereich, liegen die Wurzeln unserer heutigen Zivilisations- und Kulturkrise. Man kann nicht wirklich freundlich sein zu sich selbst und anderen Menschen, wenn man nicht freundlich ist zu Tieren.
    Um zu einer neuen Ethik der »Ehrfurcht vor allem Leben« zu kommen, bedarf es tiefer psychischer und politischer Veränderungen, eines völlig neuen Werte- und Weltbildes. Tierliebe ist gelebte Ethik und praktizierte Religion. Es reicht nicht, dass die Bratwurst schmeckt. Tiere sind unsere näheren und ferneren Verwandten. Die meisten Tierund Pflanzenarten sind älter als unsere eigene Spezies. In der Evolution sind wir Menschen Spätgeborene - wir stehen auf den Schultern unserer älteren Geschwister aus dem Tier- und Pflanzenreich. Es ist hohe Zeit, dass wir aus diesen Erkenntnissen Konsequenzen ziehen. In den Siebziger- und Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts hatte der Tierschutz in Deutschland große Erfolge: Schildkrötensuppe, Leopardenmäntel und Elfenbeinschnitzereien sind vom Markt verschwunden. Doch heute ist Tierschutz eher eine »ermüdete Wahrheit« (Horst Stern). Gleichgültigkeit wächst, wenn die Wahrheit ermüdet.
    Im Laufe des 20. Jahrhunderts haben wir Deutschen erkannt, dass Franzosen und Polen, Italiener und Türken, Russen und Ukrainer auch Menschen sind und wir uns nicht gegenseitig umbringen müssen.
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