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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin
Autoren: Manfred Böckl
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Erniedrigung ballte sich scheinbar dort zusammen und fand dort ihren vom Verstand her nicht fassbaren Widerpart. Eine aus der fast obszönen Leere herausschwerternde Ahnung war es, welche die Mooräugige mental lähmte, welche sie die feindlichen Adligen, Kleriker und selbst die Henker vergessen ließ – und dann wurde diese grauenhafte Ahnung wahr: Die Kerkerpforte spie den aus, den sie wie den Teufel zu fürchten gelernt hatte; Herzog Ernst von Bayern-München!
    Der Glotzäugige bestieg den erhöhten Sessel, den blasphemischen Thron; in seiner Gestalt vollendete sich die Siebenzahl der Verneiner, der Widersacher, der Todfeinde all dessen, wofür Agnes Bernauer gelebt hatte.
    Der gekreuzigte Jude schien sich plötzlich zu winden an seinen Balken, während gleichzeitig die Glut im Kohlebecken aufsprotzelte. Der Wittelsbacher, als er den blanken Stahl aus der Scheide zog und ihn quer vor sich auf die Balustrade legte, wirkte dabei wie ein Metzler, wie ein Schlächter. Unabdingbar begriff die Delinquentin im selben Moment, was geschehen würde; mit dem gleichen Herzschlag aber schoss ihr ein anderer Gedanke durchs Gehirn: Er kann es nicht tun! Er ist der Vater meines Gatten und der Großvater unseres Kindes! Er würde in mir sein eigenes Fleisch meucheln, denn ein Fleisch war ich mit Albrecht, und ein Fleisch sind wir mit Sibylla!
    „Der Prozess gegen die Metze, Zauberin und Hexe ist eröffnet!“, zischelte im nämlichen Augenblick der Herzog; er starrte dabei an der Angeklagten vorbei, starrte auf das Kruzifix. Setzte sodann hinzu: „Die Vertreter von Adel und Kirche mögen vorbringen, welcher Verbrechen sich das Kebsweib schuldig gemacht hat!“
    Die Blonde wankte, jedes einzelne Wort hatte sie getroffen wie ein Hieb. Etwas in ihr schrie danach, die ungeheuerlichen Gemeinheiten nicht hinzunehmen; sich zu verteidigen, auf der Stelle, mit aller Kraft und mit aller Wut, die ihr noch verblieben waren. Doch sie brachte keinen artikulierten Ton heraus, nur ein Keuchen, und dann spürte sie wiederum den Griff des Henkers. Der Scharfrichter fing sie auf, ehe sie hinschlagen konnte; in der Klammer seiner Fäuste zusammengekrümmt, musste sie sich hilflos anhören, was nunmehr der Nothafft, der grobschlächtige Graf, ihr vorwarf.
    „Eine Ehrlose warst und bist du“, raunzte er sie an, „hast die Tücke und Boshaftigkeit des Hurenstandes schon mit der Muttermilch in dich eingesogen! In einem Saustall bist du aufgewachsen zu Augsburg, in einem Sündenbabel sondergleichen! Nichts anderes hast du dort gelernt, als unschuldige Christenmenschen in deine Falle zu locken! Wie eine Spinne hast du sie in deinem Netz gefangen; dein verworfenes Meisterstück aber hast du geliefert, als es dir vor sieben Jahren gelang, den Münchner Thronfolger gänzlich willenlos und pflichtvergessen zu machen, sodass er dir mit Haut und Haaren verfiel! Durch teuflische Zauberkünste, daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben, hast du ihn blind gegenüber deinen Ränken gemacht! Als Succuba oder Incuba 80 hast du ihm beigewohnt, bis er dir völlig und vollständig hörig geworden war und du die abscheuliche Krönung deines satanischen Anschlages ins Werk zu setzen vermochtest!“
    An dieser Stelle überschlug sich die Stimme des Wernbergers; erst nachdem er einen Sturztrunk getan hatte, konnte er fortfahren: „In den Erbgang des erlauchten Hauses Wittelsbach hast du dich eingeschlichen und hast versucht, die Dynastie abzuwürgen, indem du den jungen Herzog daran gehindert hast, mit einer Gattin von hohem Stand in rechtmäßiger Ehe legale Nachfahren zu zeugen! Seinen Samen hat er vielmehr in deinem Hurenschoß verschwendet, weil du es so wolltest und ihn durch weibliche Bösartigkeit dazu brachtest; ja, du hast dich sogar dazu verstiegen, ihm eine Tochter zu werfen, um ihn durch die Geburt dieses Wechselbalges noch enger und verderblicher an dich zu ketten! Damit noch immer nicht zufrieden, hast du ihn offensichtlich durch Zauberkünste, die sich jeglichem christlichen Begreifen entziehen, schließlich sogar dazu getrieben, eine widernatürliche Ehe mit dir einzugehen! Da eine solche Kopulation jedoch niemals gottgewollt sein kann, muss der Leibhaftige bei ihrem Zustandekommen seine Klaue im Spiel gehabt haben! Dies bringe ich als Beweis dafür vor, dass du in seinem höllenschwarzen Auftrag und aus allervermaledeitestem Antrieb heraus gehandelt hast, und die Strafe dafür kann dich nirgendwo anders als an deinem malefizischen Leben
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