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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin
Autoren: Manfred Böckl
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treffen!“
    Seine Faust hieb der Graf nach dem letzten Wort auf den Richtertisch, sodann wandte er seinen Blick beifallheischend gegen den Wittelsbacher hin; nachdem Herzog Ernst ihm scharf zugenickt hatte, stärkte der Wernberger sich erneut unmäßig aus seinem Pokal.
    Ein zweites kurzes Kopfsenken des Münchners bewirkte, dass nunmehr der Heinrich das Wort nahm; was der judenhasserische Pfaffe vorbrachte, sollte Agnes in ihrer stummen, ohnmächtigen Qual noch ärger treffen als das Vorangegangene.
    „Eine Lamie bist du“, fauchte der Kleriker die Blonde an, „eine Stryge, eine Sortiaria, eine Hexe, eine Alraune, eine Fee, eine Drutte, eine Säge, ein böses Weib, eine Zäubersche, eine Nachtfrau, eine Nebelhexe, ein Galsterweib, eine Feldfrau, eine Menschendiebin, eine Milchdiebin, eine Gabelreiterin, ein Schnürvogel, eine Besenreiterin, ein Schmalzflügel, eine Bockreiterin, eine Teufelsbuhlin, eine Teufelsbraut und allgemein eine Unholde, denn du bist niemandem hold, sondern Gottes, der Menschen und aller Geschöpfe Gottes abhold und ihre geschworene Feindin! 81 – Mithilfe aller nur denkbaren satanischen und hexerischen Künste hast du die Gottesgnadenschaft des hohen herzoglichen Hauses besudelt! Hast dazu, was fast noch schlimmer ist, unablässig ins Antlitz der Heiligen Mutter Kirche gespuckt durch deine offensichtlich gewordenen und mehr noch durch deine verborgenen Taten! Wenn es je eine Hexe und Satansbuhlin gegeben hat, so bist du ihre siebenfach abscheuliche Ausgeburt; dich hat der Leibhaftige gefickt von deinem ersten Säuglingskrächzen an, und besessen wirst du von ihm bleiben bis zu deinem allerletzten Röcheln! Jegliche kirchliche Gnade, Milde und Barmherzigkeit ist verschwendet an dich; selbst Christus, so er es versuchen wollte, könnte eine wie dich in Ewigkeit nicht erlösen! Dies beschwöre ich bei meiner eigenen Seligkeit und dazu als Theologe und Priester! Denn wäre deine belialische Verworfenheit nicht so höllentief, wie ich gesagt habe, dann müsstest du dich reuig im Staub winden vor dieser Richterschranke, du aber verharrst verstockt im Erzbösen, wovon sich jedermann hier mit eigenen Augen überzeugen kann, und dies wiederum ist der unumstößliche Beweis für deinen Bund mit dem Teufel! Verbrannt oder ersäuft werden musst du deswegen, so schreibt die Heilige Mutter Kirche es in ihrer unendlichen Weisheit vor, und ich fordere im Namen Gottes, dass das Urteil unnachsichtig an dir vollstreckt werden soll!“
    „Du hast die Anklagen gehört! Ich bin dein Richter! Du wirst meinen Spruch noch in dieser Stunde vernehmen!“ Zum ersten Mal, seit er den Kerkerraum betreten hatte, blickte Herzog Ernst seine Schwiegertochter direkt an.
    Agnes Bernauer, immer noch im brutalen Griff des Henkers hängend, warf den Kopf zurück. Sie hätte nicht sagen können, woher ihr die Kraft dazu gekommen war, aber sie wusste, dass sie sich nicht beugen wollte; weniger um ihrer selbst willen als wegen ihres Kindes und ihres Gatten. So trafen ihre Augen und die des Wittelsbachers sich; ein stummer Zweikampf war es, in dem eine nackte und geschändete Seele gegen eine verstockte und mörderische stand. Sehr lange – eine Ewigkeit, wie es der Blonden schien – währte das mentale Duell; der Herzog war es zuletzt, der die Lider wie unter einem Zwang senkte. Doch die Vierundzwanzigjährige fühlte deswegen keinen Triumph, erspürte vielmehr so etwas wie das Heranwehen einer höheren Gerechtigkeit trotz allem, und auch der Glotzäugige schien irgendwo davon berührt zu werden, denn als er sie nun erneut ansprach, schwang in seinem Grollen kaum merklich ein bittender Unterton mit.
    „Ich kann dich zum Tod verurteilen – aber es gibt einen Ausweg“, sagte er. „Wenn du vor den hier anwesenden Zeugen erklärst, dass es nie zu einer Eheschließung mit meinem Sohn gekommen ist; wenn du außerdem schwörst, dass du von heute an nie wieder mit ihm sprechen und ihn nie wiedersehen wirst, will ich dich begnadigen!“
    Diesmal war es die Blonde, die den Blick abwandte. Sie tat es nicht aus Trotz gegenüber dem Wittelsbacher und auch nicht deswegen, weil die Todesangst und gleichzeitig die Verheißung des Lebens sie über jedes Menschenmaß hinaus lähmen wollten. Es geschah, weil sie es nicht ertragen konnte, dass der Vater ihres Gatten ihr zumutete, die Liebe zu seinem Sohn zu verraten. Es geschah aber auch, weil sie – aus ihrem Selbsterhaltungstrieb heraus – versucht war, genau das zu tun; der innere
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