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Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime

Titel: Die besten Crime-Stories.: Meistererzählungen der Queen of Crime
Autoren: Agatha Christie
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Zeugin der Anklage

1

    «So war die Geschichte, Herr Rechtsanwalt», schloß der gutaussehende junge Mann im schabigen Tweedanzug seinen etwas aufgeregten Bericht «Was soll man da nur machen?»
    «Es ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, daß die Polizei Sie verhaften wird, Mr. Vole, und da brauchen Sie einen Barrister (Rechtsanwalt bei den höheren englischen Gerichten) der Sie vor Gericht verteidigt Ich werde mich gleich mal mit meinem Kollegen in Verbindung setzen.»
    Der Anwalt zog das Telefon zu sich heran und wählte eine Nummer.
    «Mayhew von der Firma Mayhew und Brinskill am Apparat. Ich möchte gern mit Sir Wilfrid Robarts sprechen Wilfrid...Hier ist John. Ich habe da einen Klienten, dessen Fall dich bestimmt interessieren wird... Ja, ich weiß, daß du viel zu tun hast, aber es ist sehr dringend... Schön, wann könnten wir zu einer Besprechung kommen?... Gut, wir werden pünktlich da sein.»
    Er legte den Hörer auf und wandte sich an den jungen Mann. «Also, Sir Wilfrid Robarts erwartet unsum fünf Uhr. Da sein Büro im Temple (Sitz zweier Rechtskollegien) ist, treffen wir uns am besten dort in der Halle.»
    Leonard Vole erhob sich, und der Rechtsanwalt begleitete ihn bis zur Tür.
    Eine müde Oktobersonne warf ihren wässerigen Schein auf die regennassen Straßen, als Leonard Vole in die Fleet Street das Reich der Presse und des Gesetzes – einbog. Sobald er in die Halle des Temple trat, fühlte er sich um ein paar Jahrhunderte zurückversetzt. Draußen der dröhnende Verkehr der Gegenwart – drinnen die mittelalterliche Atmosphäre der dämmerigen Halle, über deren riesige Steinquader Gestalten in schwarzen Roben, weißen Beifchen und grauen Perücken hin und her eilten. Lconard Vole wurde von einem leichten Schauer erfaßt bei dem Gedanken, daß vielleicht schon bald ein paar solcher schwarzer Gestalten um seinen Kopf miteinander debattieren würden. Er hatte jedoch nicht viel Zeit, sich diesen Betrachtungen hinzugeben, denn er sah die hagere Gestalt seines Rechtsanwaltes auf sich zukommen, und wenige Minuten später betraten sie gemeinsam das Vorzimmer zu Sir Wilfrids Büro.
    «Guten Morgen, Mr. Mayhew», begrüßte der Bürovorsteher Carter den Anwalt, während die Stenotypistin Greta den beiden die Hüte abnahm und an die Haken hängte. «Sir Wilfrid muß jeden Augenblick kommen. Ich werde aber sofort zum Garderobenraum hinübergehen und sagen, daß Sie hier sind mit...»
    «Mit Mr. Leonard Vole. Vielen Dank, Carter.»
    «Vielleicht nehmen Sie inzwischen in Sir Wilfrids Büro Platz?» Damit führte er die Besucher in das innere Zimmer.
    Mr. May.hew setzte sich, während Lconard Vole unruhig auf und ab ging. Die Tür öffnete sich wieder. Greta erschien und bot ihnen eine Tasse Tee an, wobei sie Leonard Vole fasziniert betrachtete. Vole lächelte ihr freundlich zu und meinte, er sei einer Erfrischung nicht abgeneigt. Aber Mr. Mayhew fiel ihm schnell ins Wort und lehnte etwas schroff für beide ab, woraufhin Greta das Zimmer verließ, aber nicht, ohne Voles Uicheln zu erwidern.

    «Wenn Sir Wilfrid kommt., wandte sich Mr. Mayhew an Vole, «möchte ich, daß Sie ihm die ganze Geschichte genau so erzählen, wie Sie sie mir erzählt haben»
    Der junge Mann versprach dies bereitwillig.
    «Im Augenblick», fuhr Mr. Mayhew fort, «sind Sie also arbeitslos, nicht wahr?»
    Vole wurde ziemlich verlegen «Allerdings. Aber ich habe ein paar Pfünd auf der Bank. Das ist ja nicht viel, doch vielleicht...»
    Mr. Mayhew wehrte ab. «Oh, ich habe dabei nicht an -hm – mein Honorar gedacht Es ist mir daran gelegen, ein klareres Bild von Ihren ganzen Verhältnissen zu bekommen. Wie lange sind Sie schon ohne Beschäftigung?.
    «Seit einigen Monaten..
    «Und was haben Sie vordem gemacht?»
    «Ich habe als Mechaniker in einer Autoreparaturwerkstatt gearbeitet» Geduldig ließ Vole diese Fragen über sich ergehen.
    «Wie lange waren Sie dort beschäftigt?» begann Mr. Mayhew von neuem.
    «Etwa drei Monate.»
    «Wurden Sie entlassen?» fragte Mr. Mayhew in etwas scharfem Ton.
    «Nein, ich habe die Stelle selbst aufgegeben. Hatte mich mit dem Werkmeister in der Wolle.
    Ein richtiger Schw. ich wollte sagen, ein ziemlich gemeiner Kerl, der immer auf einem herumackte.»
    «So, so. Und davor?»
    «Da arbeitete ich in einer Tankstelle. Aber die Situation wurde etwas heikel, und so ging ich eben.»
    «Heikel?» fragte Mr. Mayhew erstaunt. «Inwiefern?» Vole errötete leicht «Na, die Tochter meines Arbeitgebers war halt
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