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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie
Autoren: Helmut Barz
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In den Regalen stapelten sich die Reiseprospekte bis zur Decke. Hinter einem verkramten Schreibtisch saß ein blondes Mädchen, vielleicht Anfang zwanzig. Sie strahlte, als sie Katharina hereinkommen sah und deutete mit einer Hand auf den Stuhl vor dem Schreibtisch.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich, ich … brauche eine Reise.«
    Das Mädchen war wohl an solch vage Angaben gewöhnt: »Hm, ich verstehe. Einfach mal raus, wie? Haben Sie ein bestimmtes Ziel im Kopf?«
    Was sollte sie sagen? Irgendwohin, wo mich kein Profikiller findet? Katharina antwortete zögernd: »Vielleicht irgendwohin, wo schönes Wetter ist. Sonne. Und Meer.«
    Das Mädchen nickte verständig: »Das lässt sich machen. Und wann?« Dann sah sie auf Katharinas Gepäck. »Möglichst bald, oder? – Na, dann wollen wir mal schauen!« Sie tippte auf der Tastatur ihres Computers. »Hm, Kenia. Aber erst in drei Tagen. Seychellen übermorgen. Kolumbien ginge heute noch.«
    In die Höhle des Löwen? Direkt in das Land des Menschen, der ihr Rache geschworen hatte? Keine gute Idee. »Nein, nicht Südamerika.«
    »Gut. Also nicht Südamerika … was haben wir denn noch?« Sie schaute wieder auf den Schirm. Plötzlich rief sie begeistert: »Mafia!«
    Katharinas Gesicht wurde eiskalt. Zitternd tastete sie nach der Pistole in ihrer Manteltasche.
    Doch das Mädchen fuhr fröhlich fort: »Mafia Island! Absoluter Geheimtipp. Ein richtiges Tropenparadies!«
    Katharina zwang sich zum Durchatmen. Echt? So einen Ort gab es? »Wo ist das denn?«
    »Vor der Küste von Tansania. Eine knappe Flugstunde von Dar es Salam. Traumhaft schön. Und das Resort ist ganz neu. Hat erst im März aufgemacht. Fünf Sterne. Und dafür supergünstig.«
    »Das klingt doch gut.«
    »Und wie lange wollen Sie bleiben?«
    Ja, wie lange? Wie lange würde der Mann mit den Eukalyptuspastillen brauchen, Felipe de Vega davon zu überzeugen, Ministro zurückzupfeifen? Eine Woche? Drei? Sicher war sicher.
    »Am liebsten sechs Wochen!«
    »Sechs Wochen!« Dem Mädchen blieb der Mund offen stehen.
    »Ja, ich habe schon seit einer Ewigkeit keinen Urlaub mehr gehabt«, erklärte Katharina schnell.
    »Und Sie wollen eine Weile von der Bildfläche verschwinden, oder?« Das Mädchen musterte sie kritisch. »Beziehungsstress?«
    »Wie kommen Sie da drauf?«
    »Na ja, mir ist aufgefallen, dass Sie … da am Auge …«
    Oh Hilfe, daran hatte Katharina gar nicht mehr gedacht. Sie hatte ja bei ihrem letzten Fall ein paar Blessuren davongetragen. Nachdenklich betrachtete sie ihre verbundene Hand: eine Schnittwunde. Selbst zugefügt, als sie eine große Scheibe eingeschlagen hatte. Und das Veilchen hatte sie sich eingefangen, als der Mörder, gegen den sie ermittelte, sie überwältigt hatte. Beinahe hätten er und sein Partner sie umgebracht. Wenn Andreas Amendt nicht rechtzeitig zu Hilfe gekommen wäre. War das wirklich erst gestern gewesen?
    »Na ja, es geht mich ja auch nichts an«, entschuldigte sich das Mädchen eilig.
    Doch Katharina hatte eine Idee, für die sie sich gleich darauf schämte: Wie oft hatte sie schon in irgendwelchen Küchen, Schlafzimmern oder Wohnungsfluren gestanden, über eine Leiche gebeugt, der Mann oder der Freund der Toten in Handschellen im Streifenwagen, immer noch fassungslos von seiner eigenen Tat? Dennoch war das der einzige Weg, das Mädchen zum Schweigen zu überreden. »Ja. Ich habe mich getrennt. Carlos hat das nicht so gut verkraftet und …« Sie deutete auf ihre Wange.
    »Das kenne ich leider auch. Trennung ist da wirklich das Beste«, sagte das Mädchen mitleidig.
    »Stimmt. Und deswegen will ich jetzt auch ein paar Wochen weg. Untertauchen, bis er sich beruhigt hat.«
    Das Mädchen wandte sich dem Computer zu: »Dann wollen wir mal – Doch, sechs Wochen sind kein Problem. Und Sie können auch vor Ort bequem verlängern, wenn Sie das wollen. Vollpension?«
    Katharina bejahte.
    »Also, der Flug mit der Lufthansa geht morgen früh um sieben Uhr fünfunddreißig und –«
    »Gibt es keinen früheren?«, fragte Katharina drängend.
    »Oh je. Mal schauen.« Das Mädchen befragte wieder ihren Computer. »Also direkt nach Dar es Salam nicht … oder, warten Sie, doch. Emirates Airlines mit einem Zwischenstopp in Dubai. Der Weiterflug ist aber dieselbe Maschine. Der geht um zehn nach neun, also in einer knappen Stunde. Das sollten Sie schaffen. Aber, Moment …«
    »Ja?«
    »Der Flieger ist fast ausgebucht. Da ist nur noch ein Platz in der ersten
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