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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie
Autoren: Helmut Barz
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spreche auch kein Japanisch. Ich … ich bin in Deutschland aufgewachsen.«
    »Aha!«, sagte die Schönheit herablassend. »Also? Wo möchten Sie sitzen? Gang oder Fenster?«
    »Fenster bitte.«
    »Aber gerne«, kam es frostig zurück. »Stellen Sie bitte Ihr Gepäck auf das Band.«
    Katharina gehorchte. Endlich gab die Schönheit ihr den Boarding-Pass, die anderen Unterlagen und den Reisepass zurück. Aus den Augenwinkeln sah Katharina, wie ihre Reisetasche und der Kosmetikkoffer auf dem Laufband davonfuhren. Hoffentlich hatte die Schönheit nicht beides nach Wladiwostok geschickt.
    Passkontrolle, Sicherheitsschleuse, Gate, Boarding, Abflug – noch fünf Stationen bis zur Sicherheit!
    Katharinas Herz schlug plötzlich bis zum Hals, ihr Mund war trocken und ihre Hände feucht. Sie ging zielstrebig und schnell, ohne nach rechts und links zu schauen und …
    Sie prallte gegen etwas, stolperte, fiel hin. Der Inhalt ihrer Handtasche ergoss sich über den Fußboden. Ein starker Arm packte sie. Das war es jetzt! Ein Anschlag mitten auf dem Flughafen. Sie hatte nicht aufgepasst. Jetzt würde sie die Quittung bekommen: die Schärfe eines Messerstichs, der harte Schlag eines schallgedämpften Schusses, den Stich einer Spritze.
    Doch eine sanfte Stimme neben ihr sagte nur: »Um Himmels willen, das tut mir leid.«
    Der Mann, mit dem sie zusammengeprallt war, kniete neben ihr und fasste sie an der Schulter.
    »Haben Sie sich wehgetan?« Er blickte sie besorgt an. Fein geschnittenes Gesicht. Graue Haare, gepflegter Vollbart. Freundliche graue Augen. Einen kurzen Augenblick stutzte Katharina, von einem Déjà-vu gepackt. Sie meinte, die Augen zu kennen. Doch woher? Sie musste sich täuschen.
    Der Mann reichte ihr die Hand und half ihr aufzustehen: »Es tut mir wirklich entsetzlich leid. Wo habe ich heute nur meine Augen?«
    »Kein Problem. Ich war ja auch abgelenkt.« Katharina bückte sich nach ihrer Handtasche. Die Prospekte und der Umschlag mit ihren Reiseunterlagen waren herausgerutscht. Und sonst noch ein paar Kleinigkeiten. Sie wollte alles wieder in die Tasche stopfen.
    »Erlauben Sie?« Der Mann sammelte die Reiseprospekte auf, während Katharina hektisch die Kosmetikartikel und das leicht zerknüllte Bündel Unterwäsche verschwinden ließ. Beim Aufrichten stießen sie beinahe wieder gegeneinander. Katharina stolperte zurück, doch der Mann packte sie noch einmal am Arm und fing sie auf. Dafür, dass er nicht besonders groß war, war er ziemlich kräftig.
    Der Mann reichte ihr die Prospekte und den Umschlag: »Sie fliegen nach Tansania? Mafia Island? – Eine Trauminsel! Ich bin übrigens auch –«
    »Ja, ja, danke«, schnitt Katharina ihm das Wort ab. Sie nahm die Unterlagen und schob sie zurück in ihre Handtasche. Sie wollte endlich weitergehen.
    »Guten Flug. Und Gott sei mit Ihnen.«
    Erstaunt über diesen frommen Wunsch drehte sich Katharina noch einmal zu ihm um. Erst jetzt bemerkte sie, dass der Mann unter seinem Jackett ein schwarzes Hemd mit Priesterkragen trug. Er nickte ihr noch einmal zu: »Adeus!« Dann ging er in Richtung der Rolltreppen davon. Gute Figur, dachte Katharina unwillkürlich. Und plötzlich musste sie hysterisch kichern: Südländer. Mittelgroß. Und war »Ministro« nicht auch das spanische Wort für Priester? Katharina war sich sicher, dass der Mann nicht einmal Hölle, Feuer und Schwefel predigen konnte. Geschweige denn regnen lassen.
    Die Schlange vor der Passkontrolle war kurz. Gott sei Dank. Die Uniform des Beamten hinter dem Schalter ließ Katharinas Herz wieder bis zum Hals schlagen. Bundespolizei! Wenn er sie nun erkannte? Doch er blickte nicht mal auf. Er nahm ihren Pass, blätterte, ohne darin zu lesen und reichte ihn zurück. »Guten Flug«, murmelte er mürrisch. Katharina dankte knapp und ging weiter.
    Sie legte ihre Handtasche und den Mantel auf das Laufband der Sicherheitsschleuse. Dann ging sie durch den Metalldetektor, der nicht anschlug. Entsprechend behutsam wedelte sie der Mann hinter dem Detektor mit seinem Handprüfgerät ab und winkte sie weiter.
    Sie trat an das Laufband hinter dem Röntgengerät. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie eine rote Lampe neben dem Schirm blinkte. Was war denn?
    Eine Beamtin stoppte Katharinas Gepäck. »Tut mir leid, ich muss einen Blick in Ihre Handtasche werfen.«
    Katharina wusste, dass jede Widerrede die Prozedur nur verlängern würde. Außerdem hatte sie nichts Kompromittierendes dabei. Oder doch?
    Die Beamtin zog das Notebook hervor:
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