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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie
Autoren: Helmut Barz
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»Würden Sie den Computer bitte kurz anschalten?«
    Ach ja, richtig: Notebooks galten als gute Verstecke für Sprengstoff. Also nahm Katharina das Gerät aus seiner Hülle, klappte es auf und drückte eine Taste. Der Rechner erwachte zum Leben. »Auch einloggen?«, fragte Katharina.
    »Nicht nötig.«
    Katharina schaltete den Computer ab und klappte ihn zu. Die Beamtin warf unterdessen noch einen kritischen Blick auf das Röntgenbild. Katharina beugte sich vor, um selbst zu sehen, was die Beamtin betrachtete: Einen dunklen Fleck am Boden der Handtasche. Hilfe, das hatte sie ja völlig vergessen.
    »Warten Sie, ich kann das erklären.« Katharina griff in die Handtasche und öffnete zwei Sicherheitsnadeln; dann zog sie den eingelegten Boden der Handtasche hervor: Zwei dünne Stoffbahnen, in die mehrere Reihen von Bleigewichten eingenäht waren. Sie reichte den Boden der Beamtin, die ihn misstrauisch zwischen den Fingern drehte: »Was ist das denn?«
    Ja, was? Am besten die Wahrheit. Na ja, die halbe Wahrheit. »Ein Bleiboden. – Wissen Sie, äh …?« Mit einer kalkulierten Geste, die hoffentlich trotzdem zufällig aussah, wischte sich Katharina über das Gesicht. Sie hoffte, den eben aufgetragenen Puder abzuwischen und ihre Blessuren wieder zum Vorschein kommen zu lassen.
    »Das ist so. Ich … mein Ex-Freund …«
    Die Beamtin hob wissend die Hand: »Ich verstehe. – Ich hoffe, Sie haben dem Kerl mit der Handtasche ordentlich eins übergezogen.«
    »Nein, ich …«
    »Häusliche Gewalt ist kein Kavaliersdelikt, wissen Sie? Haben Sie Anzeige erstattet?«, fragte die Beamtin fürsorglich-streng.
    »Nein, ich …« Katharina schämte sich. Genau diese Frage würde sie auch stellen.
    »Das sollten Sie aber. – Warten Sie.« Die Beamtin zog ihre Brieftasche hervor und nahm eine Visitenkarte heraus. »Die hier können Ihnen weiterhelfen.«
    Eine Karte vom »Weißen Ring«. Katharina hatte solche Karten selbst schon oft weitergegeben.
    »Aber Sie verstehen, dass Sie das hier …«, die Beamtin hielt den Boden in die Höhe, »nicht mit ins Flugzeug nehmen dürfen?«
    »Klar. Ich habe auch nur vergessen, ihn herauszunehmen. Könnten Sie …?«
    »Natürlich.« Die Beamtin warf den Boden in einen bereitstehenden Container und wandte sich dem nächsten Fluggast zu.
    »Meine Damen und Herren, eine Durchsage für den Flug Emirates Airlines 2804 nach Dubai und Dar es Salam: Leider verzögert sich das Boarding um etwa zwanzig Minuten. Wir bitten Sie um etwas Geduld und danken für Ihr Verständnis. – Ladies and Gentlemen, the boarding of flight 2804 …«
    Verdammt! Noch eine Verzögerung! Katharina zwang sich zur Ruhe. Sie war im Sicherheitsbereich des Flughafens. Und die Dichte von mittelgroßen Südländern um sie herum hatte deutlich abgenommen. Sie nahm die unbequeme Brille ab und verbannte sie in die Handtasche. Vor einem spiegelnden Schaufenster zog sie die beiden Essstäbchen heraus, die ihren Haarknoten zusammenhielten. Sie schüttelte ihre Haare aus, dann band sie sich einen Pferdeschwanz. Das war doch gleich sehr viel bequemer. Sie stutzte kurz: War es leichtsinnig, jetzt schon so viel von ihrer Verkleidung abzulegen? Andererseits: Wer sollte sie hier noch erkennen?
    »Guck mal, das ist ja Katharina!« Die so Angesprochene erschrak, als sie hinter sich eine vertraute Stimme hörte. Das war …
    Laura! Tatsächlich! Das kleine Mädchen, das sie die letzten zehn Tage beherbergt hatte, nachdem ihre Mutter getötet worden war, kam freudestrahlend auf sie zugesprungen, ihren Vater, Tom Wahrig, an der Hand hinter sich her zerrend. Was machten die denn hier?
    Katharina konnte trotzdem nicht anders. Sie ging in die Hocke und ließ zu, dass das Mädchen ihr um den Hals fiel. Schließlich hatten sie eine Menge miteinander erlebt. Und … wann hatten sie sich verabschiedet? Das war erst am Vormittag dieses Tages gewesen. Es kam Katharina wie eine Ewigkeit vor.
    Katharina löste sich behutsam aus der Umarmung. »Kommst du doch mit nach Brasilien?«, fragte Laura begeistert.
    »Ach nein, Laura. Ich fliege woanders hin.«
    »Echt? Schade!« Laura schob traurig die Unterlippe vor. Katharina konnte es ihr nachfühlen. Sie würde das kleine Mädchen vermissen. Ihr Vater würde mit Laura nach Brasilien gehen, weg aus Frankfurt. Weg von den Erinnerungen an ihre ermordete Mutter. Es war sicher besser so. Aber Katharina hätte nie gedacht, dass sie sich so an ein Kind gewöhnen konnte.
    »Wo fliegst du denn hin?«,
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