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AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

Titel: AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN
Autoren: Gerhard Jelinek
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einer weltumspannenden Öffentlichkeitsindustrie ausgeliefert. Jeder Kuss wird von gewerbsmäßigen Paparazzi dokumentiert und vermarktet, Liebes-E-Mails und vertrauliche SMS von kriminellen „Aufdecker“-Medien geknackt. „Die da oben“ genießen im krassen Gegensatz zu früheren Zeiten keine Immunität für ihre Privat- oder Intimsphäre – im Gegenteil. Konnten sich Kaiser und Könige, Fürsten und Grafen, Päpste und Ketzer mit Geld und Gewalt Freiheit von Moral und gesellschaftlichen Zwängen erwirken, schlägt eine egalitäre Gesellschaft heute gnadenlos zurück: Des Kaisers neue Kleider sind gefallen, darunter sind alle nackt, bloßgestellt.
    Das ist ein Buch über Liebesbeziehungen, die Geschichte gemacht haben. Es sind Erzählungen über Affären und ihre gesellschaftlichen, moralischen und politischen Bezüge. In den Geschichtsbüchern werden der Charakter und das Privatleben der Herrschenden völlig ausgeblendet, als ob Mätressen und Geliebte keinen Einfluss auf den Lauf der Welt genommen hätten. Ist die Affäre Cäsars mit der ägyptischen Königin Kleopatra nur eine sexuell aufgeladene Episode mit orientalischen Räucherstäbchen oder war die (sexuelle) Unterwerfung einer griechischen Aristokratin nicht eine große Versuchung, das Gravitationszentrum des römischen Weltreichs in den Osten zu verlagern, von der schmutzigen Provinz-Hauptstadt Rom in die glitzernde Millionen-Metropole Alexandria? Hätte die „jungfräuliche“ Königin Elizabeth I. nicht das Bett mit ihrem Geliebten Robert Dudley geteilt, wäre sie dann ohne Ehemann, ohne europäischen Bündnispartner geblieben? Wäre die Affäre von Kaiser Karl V. mit der Regensburger Bürgerstochter Barbara Blomberg folgenlos geblieben, hätte dann ein anderer Feldherr als Don Juan de Austria die Türken in offener Seeschlacht besiegt? Hätte der britische Monarch Edward VIII. nicht auf den Thron verzichtet, weil er die geschiedene Amerikanerin Wallis Simpson heiraten wollte, wäre die Geschichte des Zweiten Weltkriegs gleich verlaufen? Wäre der Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels mit seiner tschechischen Geliebten Lída Baarová als Botschafter nach Japan gegangen, hätte dann ein anderer Hitler-Paladin den „totalen Krieg“ ausgerufen? „Wäre-wenn“-Fragen sind unter Historikern verpönt, Autoren und Leser dürfen in ihrer Fantasie Antworten geben. Ein Seitensprung durch die Geschichte.

Adam und Eva
Die Sünde macht den Menschen
    Adam und Eva. Der erste Mann und die erste Frau. Falsch.
    Die Geschichte der Menschheit beginnt in einem Dreiecksverhältnis. Gott erschafft Adam, den Menschen. Weil dieser sich einsam fühlt und das bunte Liebesleben der paarweise erschaffenen Tiere mit wachsendem Missvergnügen betrachtet, bittet er Gott, ihm ein Gegenstück zu schaffen. Gott zeigt sich verständnisvoll. In der Kabbala wird jener uralte Menschheitsmythos so überliefert: Als Gott den ersten Menschen erschaffen hatte, sagte er: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“, und schuf ihm eine Frau – gleich ihm – aus Erde und nannte sie Lilith (Zohar 1 148a).
    Der Herr des Himmels und der Welt geht also nach dem gleichen bewährten Rezept vor. Wie bei Adam nimmt er Erde, Staub, Lehm und formt ein Geschöpf „nach seinem Ebenbild“. Mit Haut und langen Haaren. Es wird Lilith heißen. „Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie einen Mann und ein Weib“ (1. Mose 1:27, Lutherbibel 1915). Dieser erste Schöpfungsbericht verleiht dem Mann und der Frau Gleichheit vor Gott.
    Adam hat eine Frau. Er kann nun die heißen sumerischen Nächte zu zweit verbringen. Aber der Ur-Mann Adam erweist sich als einfallsloser Liebhaber, seine Lilith ist eine selbstbewusste Partnerin. Sie pocht auf Gleichberechtigung in allen Lagen. Schließlich habe Gott sie aus dem gleichen Stoff geformt wie das männliche Pendant. Auch in ihrer Sexualität will Lilith gleichberechtigt sein, ihre Wünsche sind denen des Mannes nicht nachgeordnet. Wieder beschreibt die alte Überlieferung die Szene im Garten Eden klar und deutlich. Bald begannen die beiden zu streiten. Lilith sagte zu Adam: „Ich will nicht unter dir liegen.“ Und er sagte: „Ich will nicht unter dir liegen, sondern auf dir, weil du verdienst die Unterlegene zu sein und ich der Überlegene.“ Sie sagte zu ihm: „Wir sind beide gleich, weil wir beide aus Erde gemacht sind.“ Der Geschlechterkampf hat also schon im Paradies begonnen. Aber Lilith fackelt
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