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Affaere in Washington

Affaere in Washington

Titel: Affaere in Washington
Autoren: Nora Roberts
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steht für liberale Gesinnung.«
    Alan bemerkte erstaunt den kritischen Unterton in Shelbys Stimme. An mehr oder weniger unsachliche Urteile über seinen Beruf war er gewöhnt. Meistens überhörte er solche Bemerkungen. Von ihr mochte er dergleichen nicht hören, ihre Worte ärgerten ihn. »Sie vereinfachen gern, nicht wahr?«
    »Nur dann, wenn mir etwas nicht wichtig genug ist, Geduld dafür aufzubringen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Die Politik ist ein ärgerliches Nebenprodukt der gesellschaftlichen Ordnung, seitdem Moses sich auf Debatten mit Ramses eingelassen hat.«
    Um Alans Mund spielte wieder das besondere Lächeln. Shelby kannte ihn nicht, sonst hätte sie es deuten können. Diese Unterhaltung amüsierte ihn nun doch, und er wollte sie herausfordern. »Sie scheinen Politiker nicht besonders zu mögen«, stellte er fest.
    »Was diese Leute betrifft, so kann ich nur verallgemeinern, was ich sonst nicht so leicht tue«, erwiderte Shelby. »Es gibt sie in verschiedenen Spielarten. Sie sind entweder Pedanten oder Fanatiker, manche sind machthungrig, andere schwach. Es hat mich immer bedrückt, dass unsere komische Welt von einer Hand voll Männer allein regiert wird. Deshalb«, sie schob den Teller energisch zurück, »versuche ich mir vorzumachen, ich hätte absolute Kontrolle über mein eigenes Schicksal.« Die Schatten der Bäume malten eigenartige Linien auf Alans Gesicht, und Shelby hätte sie gern mit ihren Fingerspitzen nachgezogen. »Möchten Sie wieder hineingehen?«
    »Nein.« Alan strich mit dem Daumen über die Innenhaut ihres Handgelenks. Erstaunt fühlte er, wie ihr Puls sich beschleunigte. »Wie sehr ich mich dort drinnen gelangweilt hatte, merkte ich erst, als wir beide uns hier niedergelassen haben.«
    Spontan leuchtete Shelbys Lächeln auf. »Das ist ein sehr nettes Kompliment, und so unterkühlt gebracht. Sind Sie etwa irischer Abstammung?«
    Er schüttelte den Kopf, weil er sich gerade vorstellte, wie diese frischen, mädchenhaften Lippen schmecken würden. »Ich bin Schotte«, sagte er dann.
    »Gütiger Himmel, ich auch!« Shelby runzelte die Stirn, als gefiele ihr diese Tatsache gar nicht. »Allmählich glaube ich, hier ist die Vorsehung am Werk. Aber die war mir immer schon unheimlich.«
    »Warum eigentlich? Da Sie doch Ihr Schicksal so souverän lenken.« Alan führte ihre Hand zum Mund und küsste die schlanken Finger.
    »Allerdings«, gab sie zu. »Ich nehme das Steuer lieber selbst in die Hand, das gehört zur Campbell’schen Lebensweisheit.«
    Erstaunt sah sie auf, denn Alan brach jäh seine höchst angenehmen Zärtlichkeiten ab und lachte laut und herzlich. »Auf die alte Familienfehde!«, rief er und hob sein Glas. »Ich gehöre nämlich zum Clan der MacGregors. Ihre und meine Vorfahren haben sich unter den Klängen von Dudelsackmusik gegenseitig umgebracht.«
    Shelby stimmte in sein Gelächter ein. »Mein Großvater würde mich bei Wasser und Brot einsperren, wenn ich Ihnen auch nur Auskunft darüber gäbe, wie spät es ist. Ein verrückter, verflixter MacGregor also!« Alan freute sich, aber Shelbys Gesicht wurde ernst. »Sie sind demnach Alan MacGregor«, stellte sie leise fest. »Der Senator von Massachusetts.«
    »Getroffen.«
    Seufzend erhob sich Shelby. »Das ist sehr, sehr schade. Ich muss jetzt leider gehen.«
    Alan hielt ihre Hand fest und stand auch auf. Sie waren jetzt einander so nahe, dass sich ihre Körper berührten, nahe genug, um sich der gegenseitigen Attraktion bewusst zu werden.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Vielleicht hätte ich dem Zorn meines Großvaters getrotzt«, sagte Shelby und wunderte sich, wie heftig ihr Herz klopfte. »Ja, ich glaube, das hätte ich gewagt.« Nachdenklich blickte sie in Alans Augen. »Aber ich verabrede mich nie mit einem Politiker.«
    »Tatsächlich?« Alan konnte sich nicht an ihrem Mund sattsehen. Eigentlich hatte er doch noch gar nicht um ein Wiedersehen gebeten, und Frauen, die so direkt waren, lagen ihm sonst in keiner Weise. Aber Shelby gehörte zu einer besonderen Art, und es passte zu ihr. »Ist das eine von Shelbys Regeln?«
    »Ja, eine der wenigen.«
    Sie benutzte keinen Lippenstift, sicher wäre sie einem Kuss nicht ausgewichen. Aber statt sein Glück zu versuchen, zog Alan nur wieder ihre Hand an seinen Mund. Forschend schaute er sie an. »Das Beste an den Gesetzen«, zitierte er, »sind die unzähligen Möglichkeiten, sich drum herum zu schlängeln.«
    »Gefangen in der eigenen Schlinge«, gab Shelby zögernd zu
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