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Affaere in Washington

Affaere in Washington

Titel: Affaere in Washington
Autoren: Nora Roberts
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kam, war der Duft, der von ihr ausströmte. Nicht Blüten, Kräuter oder Moschus, sondern eine aufreizende, völlig unbekannte Mischung aus allen drei Substanzen. Seine Nase nahm diesen Geruch nicht als Parfum wahr, sondern als unvergessliches Signal.
    Shelby hatte sich vor eine Glasvitrine gekauert und presste beinahe ihre Nase an die Scheibe. »Porzellan aus dem achtzehnten Jahrhundert«, wisperte sie, als er hinter ihr stand. »Ist es nicht wunderschön?«
    Alan betrachtete die hauchdünne Schale und ließ dann seinen Blick zu Shelbys schimmernd rotem Haar wandern, das ihm bei Weitem besser gefiel. »Wirklich aufsehenerregend«, sagte er anerkennend.
    Shelby schaute über ihre Schulter zu ihm auf und lächelte. Das war so überraschend und bezaubernd wie ihr Duft. »Hallo!«
    »Guten Abend.« Alan ergriff die ausgestreckte Hand, die hart und kräftig war und absolut nicht zu ihrer Erscheinung passte, und half Shelby aufzustehen. Gegen seine sonstige Gewohnheit hielt er ihre Finger fest.
    »Ich wurde von meinem Ziel abgelenkt«, erklärte sie freundlich. »Würden Sie mir einen Gefallen tun?«
    Alan blickte sie erstaunt an. »Und was?«
    »Nur stehen bleiben und mir Rückendeckung geben.« Blitzschnell nahm sie einen Teller vom Büfett und belud ihn. »Immer ist mir jemand dazwischengekommen«, erklärte sie. »Ich hatte nämlich keine Zeit zum Abendessen und bin schrecklich hungrig. So, das genügt.« Zufrieden drehte sie sich zu Alan um. »Wir könnten auf die Terrasse gehen.« Schon war sie auf dem Weg. Alan folgte ihr verblüfft.
    Die Luft war lau und voller Fliederduft. Das Mondlicht fiel silbern auf frisch gemähten Rasen und verzauberte die herabhängenden Zweige einer knorrigen alten Weide.
    Mit einem tiefen zufriedenen Seufzer angelte sich Shelby eine frittierte Krabbe und steckte sie in den Mund. »Was das hier ist, weiß ich wirklich nicht«, meinte sie und betrachtete eine Pastete von allen Seiten. »Probieren Sie mal und sagen Sie’s mir.«
    Als handle es sich um die wichtigste Sache der Welt, nahm Alan ein Stückchen von Shelbys Teller, kostete mit prüfender Miene und erklärte dann: »Gänseleber in Blätterteig mit einem Hauch von Maronen.«
    »Hmm, könnte stimmen.« Shelby vertilgte den Rest der Speise. »Ich bin Shelby«, bemerkte sie kauend und stellte den halb leeren Teller auf einen Beistelltisch.
    »Und ich Alan.« Ein belustigtes Lächeln huschte über sein Gesicht, während sie sich beide auf eine Gartenbank setzten. Wie in aller Welt war dieses bemerkenswerte Geschöpf einzuordnen? Das musste er unbedingt herausfinden. Außerdem war die frische Frühlingsluft eine willkommene Abwechslung nach dem Tabakrauch und der Wärme im Haus. Einladend deutete er auf sein Glas. »Wie wäre es mit einem Schluck?«
    Shelby betrachtete ihren Begleiter aufmerksam. Er war ihr schon vorher aufgefallen, wahrscheinlich wegen seiner Größe und athletischen Figur. Sportler traf man nicht sehr oft auf diesen Washingtoner Partys. Die meisten Herren achteten auf ihre Figur, sie joggten und spielten Squash, aber dieser erinnerte mehr an einen Schwimmer. Ein Langstreckenschwimmer vielleicht? Sie konnte sich gut vorstellen, wie er mühelos durch die Wellen glitt.
    Sein Gesicht war hager und rassig, der Mund schmal unter einer Nase, die ein wenig schief stand. Das gefiel Shelby. Auch das Zwinkern in seinen Augen mochte sie leiden. Das dunkle Haar und die dunklen Augen erinnerten sie an einen Ritter in ihrem Kindermärchenbuch. Er wirkte verlässlich und beruhigend, andererseits auch wieder ein wenig aufregend. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
    »Was trinken Sie denn?«
    »Scotch – Whisky on the rocks.«
    »Ich freue mich, dass man Ihnen trauen kann.« Sie nahm ihm das Glas ab und nippte an dem Whisky. Ihre Augen blitzten Alan über den schimmernden Rand fröhlich an, das Mond- und Sternenlicht stand ihr vorzüglich. Sie sah aus wie eine kleine Waldelfe, die jeden Augenblick von einem Windhauch durch die Lüfte davongetragen werden konnte.
    »Weshalb sind Sie hier?«, fragte er neugierig.
    »Mütterlicher Druck. Kennen Sie das auch?«
    Er verstand sie sofort. »Väterlicher Druck trifft bei mir eher zu.«
    »Das dürfte kein großer Unterschied sein.« Shelby nahm noch einen Schluck Whisky. »Wohnen Sie auf dieser Flussseite?«
    »Nein, in Georgetown.«
    »Was Sie nicht sagen! Wo denn?«
    Das Mondlicht glitzerte jetzt in ihren Augen, die so leuchtend silbergrau waren, wie Alan noch nie welche gesehen
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