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Affaere in Washington

Affaere in Washington

Titel: Affaere in Washington
Autoren: Nora Roberts
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Haube bringen«, fuhr ihre Mutter fort. »Ich möchte nur, dass du glücklich bist.«
    »Bist du denn selbst glücklich?«, konterte Shelby lächelnd.
    »Natürlich, warum nicht?« Gedankenverloren drehte Mrs. Campbell an dem Brillantclip in ihrem linken Ohr. »Weshalb fragst du?«
    »Weil es mich wundert, dass du noch nicht wieder vor dem Traualtar warst.«
    »Aber Shelby! Schließlich bin ich lange Jahre verheiratet gewesen, habe einen Sohn und eine Tochter …«
    »… die dich anbeten«, unterbrach Shelby die Mutter. Dann wechselte sie das Thema. »Für den Ballettabend im Kennedy Center habe ich zwei Karten. Hast du Lust, mitzukommen?«
    Die Wolke des Unmuts verflog aus Deborah Campbells Gesicht. Sie konnte Shelby einfach nicht böse sein. »Gut, dass du ablenkst. Selbstverständlich, mit dem größten Vergnügen komme ich mit.«
    »Gibt’s vorher bei dir was zu essen?«, erkundigte sich Shelby und nickte im nächsten Moment einem jungen Mann zu. »Hi, Steve! Du schaust gut aus. Wo hast du gesteckt?«
    Amüsiert beobachtete Deborah Campbell, wie ihre Tochter sich gleichzeitig unterhielt und den Obstsalat entdeckte. Der sportliche Pressesekretär und ein neuer Direktor von EPA traten hinzu. Freigiebig versprühte Shelby ihren Charme, die jungen Männer fühlten sich in ihrer Gesellschaft sichtbar wohl.
    Warum wehrt sich meine hübsche Tochter so gegen jede festere Bindung? überlegte Deborah. Dabei hat sie offensichtlich im Prinzip nichts gegen eine Eheschließung einzuwenden. Aber sie zieht eine hohe Mauer um ihre Privatsphäre.
    Mit Freuden hätte sie Shelby tröstend oder beratend zur Seite gestanden, doch dafür ergab sich keine Gelegenheit. Es war Mrs. Campbell nicht entgangen, dass ihre Tochter seit fünfzehn Jahren um tiefe Gemütsbewegung und jedweden Seelenschmerz bewusst und mit großem Erfolg einen Bogen machte. Aber ohne Schmerz gab es kein Glücklichsein, keine Erfüllung. Ohne Schatten kein Licht …
    Deborah Campbell seufzte. Wie oft hatte sie versucht, mit der Tochter darüber zu sprechen. Es war zwecklos. Und wenn sie Shelby betrachtete, wie sie sorglos lachte und mühelos plauderte, strahlend, jung und hübsch – dann erschienen ihr alle Befürchtungen unsinnig. Vielleicht sehe ich Gespenster, tröstete sie sich. Glück ist eine sehr persönliche Sache. Wer kann in einen anderen Menschen hineinsehen?
    Alan MacGregor beobachtete die junge Frau mit dem Flammenhaar, die wie eine wohlhabende Zigeunerin gekleidet war. Er hörte, wie ihr Lachen klang – sinnlich und unschuldig zugleich. Ein interessantes Gesicht, stellte er fest. Es ist außergewöhnlich, nicht unbedingt schön. Wie alt mag sie sein? Achtzehn oder dreißig? Sie war kein Partytyp. Alan hatte, seit er in Washington war, schon genug solcher Gesellschaften besucht, um das beurteilen zu können. Sie gab sich weder geziert noch scheu, sie war einfach natürlich. Diesen bunten Rock hatte sie bestimmt nicht in einem der üblichen Modegeschäfte gekauft, wohin alle Politikerfrauen liefen. Und ihre Frisur entsprach weder der augenblicklichen Geschmacksrichtung, noch schien sie einen teuren Salon dafür bemüht zu haben. Aber es stimmt alles, dachte Alan. Das Flair von Los Angeles und etwas New Yorker Paprika, und trotzdem passte eins zum anderen. Wer, zum Teufel, ist …
    »Wie geht’s, Senator?« Der Hausherr legte Alan freundschaftlich seine Hand auf die Schulter. »Freut mich, Sie auch außerhalb der Arena zu treffen. Wir sollten öfter mal ausbrechen.«
    »Der Scotch ist hervorragend, Charlie.« Alan hob sein Glas zum Nachschenken. »Er bringt einen immer in Stimmung.«
    »Nach allem, was man hört, werden Sie ja langsam Experte auf diesem Gebiet.« Der Ältere winkte gut gelaunt einen Kellner herbei und wies auf Alan.
    Der lächelte. »In Washington bleibt nichts verborgen. Ja, augenblicklich tut sich so allerhand.«
    Charlie Write nickte zustimmend. »Mich würde Ihre Meinung über das Breiderman’sche Papier interessieren, das nächste Woche besprochen werden soll.«
    Alan blickte den Abgeordneten ruhig an. Write unterstützte diese Sache, das wusste er. »Ich bin dagegen«, sagte er einfach. »Wir können auf dem Bildungssektor keine Abstriche mehr verkraften.«
    »Na, na, Alan! Wir beide wissen doch, dass man solche Dinge nicht schwarz und weiß sehen kann.«
    »Manchmal wird die Grauzone zu groß, dann sollte man besser zum Grundsätzlichen zurückkehren.« Alan merkte erstaunt, dass ihm an einer politischen Unterhaltung
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