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Aethermagie

Titel: Aethermagie
Autoren: Susanne Gerdom
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Lächeln, das etwas gezwungen wirkte, umspielte ihren Mund. »Liebes, schau nicht so erschreckt drein. Manchmal vergisst dein Vater … Es ist nichts Schlimmes, hörst du? Er ist überarbeitet. Der Krieg, all diese leidigen Sitzungen und Ausschüsse …« Sie beugte sich vor und legte ihre Hand auf Katos. »Der Doktor wird ihm Ruhe verordnen. Und vielleicht kann ich deinen Vater dazu überreden, mit mir in die Sommerfrische zu fahren. Es wäre doch schön, wenn wir dich ins Pensionat bringen und noch ein paar Tage bei dir bleiben, was denkst du?«
    Kato nickte unbehaglich. Es war schon früher vorgekommen, dass er Ada mit dem Namen ihrer Mutter ansprach. Dr. Rados, ihr Hausarzt, der sich ausgezeichnet auf Nervenkrankheiten verstand, hatte ihren Vater untersucht und nichts gefunden, was zur Besorgnis Anlass gegeben hätte. Allerdings hatte er ihm herzlich empfohlen, seinen Konsum an alkoholischen Getränken auf die Abendzeit zu beschränken und insgesamt ein wenig besser auf sich zu achten.
    Ada faltete ihre Serviette zusammen und stand auf. »Frühstücke nur in Ruhe fertig«, sagte sie. »Und dann kleide dich bitte für eine Ausfahrt an, ich möchte mit dir heute zur Schneiderin.«
    Kato griff nach der Zeitung, kaum, dass ihre Stiefmutter das Zimmer verlassen hatte. Sie überflog die Titelseite. Die Armee der Engel hatte die Kaiserlichen bei Kronstadt eingekesselt. Die Stadt wurde nun belagert und stand unter Beschuss.
    Kato betrachtete das Diagramm, das die Aufstellung der Kaiserlichen Truppen zeigte. Ferenc brannte darauf, endlich an die transleithanische Front versetzt zu werden, der dumme Junge. Sie vertrieb die ängstlichen Gedanken und suchte nach dem Artikel, der ihren Vater so verstört hatte.
    Schließlich fand sie ihn unter »Vermischtes«.
    »Kaiserlicher Wissenschaftler überwindet die Schwerkraft«, verkündete die Überschrift. Der Artikel darunter war kurz und nichtssagend. Anscheinend war es einem Mitglied der Kaiserlichen Akademie für Angewandte Ætherphysik gelungen, ein Fluggerät zu konstruieren, das beinahe einen halben Kilometer durch die Luft zurückgelegt hatte, bevor es auf einem Weinberg in Klosterneuburg zu Boden gegangen war. Der besagte Professor äußerte sich der Zeitung gegenüber dahingehend, dass es bald möglich sein werde, durch die Lüfte zu reisen wie über eine bequeme Landstraße. Zu der Frage, ob ein solches Flugwerk nicht auch für militärische Zwecke von Nutzen sein könne, hatte die Akademie sich nicht näher äußern wollen.
    Kato ließ die Zeitung sinken. Die Akademie war eine Versammlung von eitlen Schwätzern, intriganten Wichtigtuern und Nichtskönnern – jedenfalls waren das die Worte, die ihr Vater immer zu benutzen pflegte. Sie wusste nicht, warum ihr Vater so schlecht auf die Akademie zu sprechen war, die doch bei jedermann sonst das allerhöchste Ansehen zu genießen schien. Die Mitglieder der Akademie hatten hohe Staatsämter inne und saßen in allen wichtigen Gremien des Kaiserreiches.
    Kato legte die Zeitung beiseite, trank ihren inzwischen kalt gewordenen Tee aus und stand auf. Sie freute sich darauf, mit Ada in die Stadt zu fahren, auch wenn das in ein paar Tagen wieder das verhasste Stillstehen bei der Anprobe bedeutete, bei dem sie auch noch ständig mit Nadeln gepikt werden würde. Aber heute war der schöne Teil an der Reihe: Das Aussuchen eines Stoffes und der Bänder und vielleicht auch eines neuen Hutes.

    »Wir nehmen den Motorwagen«, empfing Adelaïde sie in der Halle. Die Freifrau trug ihren weiten Staubmantel und den breitkrempigen Hut, den sie sorgsam gegen den Fahrtwind mit einem Tuch festgebunden hatte.
    Der Motorwagen stand wartend im Hof und der Chauffeur hielt ihr den Schlag auf. Adelaïde hatte bereits Platz genommen und klopfte ungeduldig mit dem Knauf ihres Schirmes gegen die Trennscheibe zur Fahrerkabine. »Husch, husch, steig ein«, rief sie. »Wo bleibt nur unsere Eskorte?«
    Kato übersah die stützende Hand des Chauffeurs und kletterte in den Fond. Sie konnte von hier aus die lange Motorhaube erkennen, unter der die Hydor- und Plasmageister in ihrem Ætherkäfig saßen. Das kalte, durchdringend blaue Licht, das sie ausströmten, schmerzte ihr in den Augen, und die jammernden Stimmen der gefangenen Geister taten in den Ohren weh. Sie wünschte sich, ihre Stiefmutter hätte die Kutsche anspannen lassen, aber Adelaïde liebte es nun einmal, mit dem Motorwagen in die Stadt zu fahren.
    Im Laufschritt kam ein Fähnrich über den Hof
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