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Aeternus - Eisiger Kuss: Roman (German Edition)

Aeternus - Eisiger Kuss: Roman (German Edition)

Titel: Aeternus - Eisiger Kuss: Roman (German Edition)
Autoren: Tracey O´Hara
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erstarrte zu Stein; er war blass geworden und verhielt sich totenstill. Mit dieser einfachen Bemerkung hatte Lucian ihm gegenüber gestanden, dass er für Viktors Tod verantwortlich war, und er hatte ihm gleichzeitig die Identität des Schützen verraten.
    Lucian war böse – er war das reine, vollkommene und abgrundtiefe Böse. In all den Jahren, die Antoinette nun schon Drenier jagte, war ihr noch nie solche Niedertracht begegnet. Und trotz seines Alters und der Abhängigkeitvom Blut seiner Schwester war Lucian im Grunde noch ein Mensch.
    »Was haben Sie mit meinem Vater gemacht?«, wollte sie wissen.
    Er tat ihre Frage mit einer knappen Handbewegung ab. »Darüber müssen Sie nicht mehr nachdenken. Sie sollten sich eher um sich selbst sorgen.«
    »Ich werde Sie töten, Moretti«, knurrte Oberon.
    »Das hast du schon einmal gesagt, Bärenmann.« Lucian lachte. »Aber du steckst noch immer in diesem Käfig.«
    Hector stieß den Servierwagen um – ob absichtlich oder nicht, konnte Antoinette nicht sagen. Zumindest ergoss sich alles, was darauf gelegen hatte, über den Boden. Oberon brüllte vor Lachen, und Lucians Gesicht wurde dunkel.
    »Du unbeholfener Idiot!«, schrie er Hector an. »Räum das auf und füttere die Tiere!« Er sah sich kurz um und konzentrierte sich dann auf Antoinette, die er böse anlächelte. »Aber diese drei hier bekommen nichts. Wir wollen einmal sehen, wie fröhlich sie nach ein paar Tagen ohne Nahrung noch sind.«
    Sofort wurde Oberon wieder ernst. Lucian stürmte in rasender Wut aus dem Raum, während sich Hector daran machte, die Unordnung zu beseitigen.
    Aber Antoinette hatte etwas ganz anderes im Kopf. »Hector, hast du meinen Vater gesehen?«
    Der große Butler nickte langsam.
    »Lebt er noch?«
    Wieder war ein knappes Nicken die einzige Antwort.
    Vor Freude schlug ihr Herz schneller. Gott sei Dank. Sie schloss die Augen und stieß zitternd den Atem aus. »Kannst du mich zu ihm bringen?«
    Langsam bewegte er den Kopf nach links und rechts und sah sie wieder an.
    »Aber er ist hier?«
    Ein Nicken.
    »Kannst du mich zu ihm bringen?«, bettelte sie verzweifelt.
    Wieder schüttelte er den Kopf und verneigte sich kaum merklich, bevor er den Servierwagen aus dem Raum schob.
    Noch lange, nachdem er weg war, behielt Antoinette die Tür im Blick, weil sie hoffte, er würde mit ihrem Vater wiederkommen. Aber das tat er nicht.

32    UMARMEN UND VERSCHLINGEN
    Lucian kehrte weder am nächsten noch am übernächsten Tag zurück. Auch Lisbet zeigte sich nicht. Während der dritten Nacht in der Zelle lag Antoinette auf dem Rücken und starrte die weiß gekachelte Decke an. Zumindest glaubte sie, dass es die dritte Nacht war, denn sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
    In den letzten Stunden war Oberon immer aufgeregter geworden und lief andauernd in seinem Käfig auf und ab. Christian schien sich in seinen Gedanken verloren zu haben; er saß in der Ecke und hatte die Augen geschlossen. Antoinette fragte sich, ob der Hunger der beiden Männer ebenfalls mit jeder Minute zunahm, wie es bei ihr der Fall war. Der Durst überlagerte alle anderen Gedanken – Blut, der Geschmack davon, das Gefühl, wie es ihr die Kehle hinunterrann, und das Gefühl der Macht, das es ihr verlieh. Ein leises Knurren drang über ihre Lippen.
    »Denk nicht daran«, sagte Christian.
    Sie fuhr zusammen. »Was?«
    Er hatte seit Stunden geschwiegen. »An den Hunger. Ich spüre, wie er in dir immer stärker wird.« Er öffnete die Augen und sah sie an. »Denk nicht daran, sonst wird es nur noch schlimmer.«
    »Ich kann nichts dagegen tun. Ich versuche es, und dabei schiebt er sich bloß immer stärker in den Vordergrund.« Der Hunger hatte alles andere verdrängt, sogar die Sorgen um ihren Vater, was sie entsetzte. Sie konntean nichts anderes mehr denken als an das knurrende Hungertier, das durch ihre Gedanken schlich. Und die Erinnerung daran, wie nahe Christian dem Dunklen Schlaf gewesen war, suchte sie andauernd heim.
    »Du musst lernen, ihn zu beherrschen, denn sonst beherrscht er dich. Die meisten Drenier erwischt es kurz nach der Umschlingung, weil sie den Blutdurst noch nicht kontrollieren können.« Christian beugte sich vor. »Meditation ist der beste Weg, das Ziel zu erreichen. Setz dich in die Mitte der Zelle, wende dich mir zu und schließ die Augen.«
    Das ist doch Wahnsinn. Wie soll er mir aus dieser Entfernung helfen?
    »Vertraue mir«, sagte er mit leiser Stimme.
    Sie tat, was er gesagt hatte, und fühlte
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