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Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Titel: Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
Autoren: Simone Knodel
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hellblonde Haarsträhne aus dem sonnengebräunten Gesicht. Von der Baustelle drangen Eselsgeschrei und knappe Kommandos zu ihnen herüber.
    Helisende krampfte ihre Hände im Schoß ineinander.
    Warum redete er nicht endlich?
    „Ich habe den Abt des Klosters in Camp Altenfeld gebeten, mich von meinem Gelübde zu entbinden, damit ich um Eure Tochter Helisende werben kann. Noch weiß niemand davon. Es ist noch zu früh, denn …“ Weiter kam er nicht. Helisende fiel ihm um den Hals und weinte hemmungslos. Im ersten Moment war er sehr erschrocken, bis er erkannte, dass es Tränen der Erleichterung und der Freude waren.
    Adelheid lächelte still in sich hinein. Irgendwie entwirrt sich das Knäuel meines Lebens doch und alle Wege werden geradlinig, dachte sie.
    Bruder Bernhard lag noch etwas auf der Seele. „Ich habe das Versprechen nicht vergessen, welches ich Euch gab. Ich werde das Kloster für Euch fertigbauen, wenn Helisende so lange auf mich warten will!“
    Adelheid schüttelte den Kopf. „Unfug! Ich entbinde Euch natürlich von dem Teil des Eides, der Helisende betrifft. Ihr werdet am Bau des Klosters auch als weltlicher Baumeister weiterhin mitwirken, oder glaubt Ihr, alle Bauwerke wurden von Mönchen erschaffen?“
    Sie zwinkerte ihm zu und wurde gleich wieder ernst.
    „Wir müssen nur einen fähigen Abt für mein Kloster finden. Wen, meint Ihr, werden die Mönche wählen, wenn Ihr entlassen seid aus Eurer Pflicht?“
    Er zuckte mit den Schultern. „Vielleicht Bruder Basilus, er ist sehr beliebt. Bruder Gerhart ist auch vorstellbar.“
    „Nun gut, kommt Zeit, kommt Rat. Jetzt lasst uns hineingehen, hier zieht es unangenehm.“ Mühsam kam sie wieder auf die Beine. Während sie neben ihm her humpelte und seine Hilfe kategorisch ablehnte, versuchte Bernhard seine Erschütterung über ihre offensichtliche Hinfälligkeit zu verbergen.
    In dieser Nacht konnte Adelheid nicht schlafen. Mit einer seltsamen Unruhe im Herzen lag sie auf dem harten Lager im provisorischen Hospiz und starrte an die Decke aus rohen Holzbrettern. Sie hatte das verwirrende Gefühl, noch etwas Wichtiges tun zu müssen. Mitten in der Nacht hörte sie die Brüder zum Vigiliengebet aus ihrer Hütte zur Kapelle schlurfen. Sie lauschte mit klopfendem Herzen dem Gemurmel ihrer Psalmen, dann zog der Hymnus „ Te deum laudanus “ durch die Nacht.
    Nachdem die Mönche wieder auf ihren Pritschen lagen und die nächtliche Stille über der kleinen Siedlung nur vom unheilverkündenden Ruf eines Käuzchens unterbrochen wurde, hielt sie es nicht mehr aus. Vorsichtig richtete sie sich auf und griff nach ihrem Stock. Als der vertraute Schmerz im rechten Fuß beim ersten Auftreten durch ihr Bein schoss, atmete sie geräuschvoll ein. Leise setzte sie den Stock auf, um Helisende nicht zu wecken und hinkte zur Tür. Kühle Nachtluft schlug ihr entgegen, der intensive Duft nach reifem Obst erinnerte sie an ihre Reise nach Altenfeld. War erst ein Jahr seit damals vergangen?
    Ein noch nicht ganz voller Mond spendete ausreichend Licht. Der Kauz schrie ohne Unterlass in den Zweigen der Linde am Rande des Dorfes, doch sie beachtete den Vogel nicht. Langsam arbeitete sie sich bis zur Baustelle vor. Sie wusste nicht warum, aber sie wollte zum Zentrum des künftigen Altarraumes, zu der Stelle, an der einmal der Altar stehen würde. Die hölzerne Brücke fiel ihr ein, die über den Graben mit den Fundamentmauern zum Inneren der künftigen Kirche führte und die nur aus nebeneinandergelegten Bohlen bestand. Ungeachtet dessen humpelte Adelheid schnurstracks darauf zu. Sie spürte nicht mehr das scheußliche Brennen im rechten Fußgelenk, fühlte nicht die Kälte der Luft, die ihren Körper umgab. Mit hocherhobenem Kopf mühte sie sich über die wackligen Bretter und erreichte nach kurzer Zeit ihr Ziel. Ein großer heller Stein leuchtete im Mondlicht und markierte, wo der Tisch des Herrn errichtet werden würde.
    Plötzlich war ihr klar, warum sie hier draußen stand. Eine allerletzte Versicherung gab es, eine weitere Möglichkeit ihr Kloster vor Verderb zu schützen. Sie ließ den Stock achtlos fallen, als wüsste sie bereits, dass sie ihn nicht mehr benötigen würde. Dann kniete sie nieder, richtete den Oberkörper auf und erhob die Arme gen Himmel. Ihre Silhouette im Mondlicht ähnelte den im Nachtwind schwankenden Grashalmen rund um die aufgewühlten Gräben der Baustelle.
    Adelheids Stimme klang entschlossen und ruhig, und sie war noch einmal voller Kraft:
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