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Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)

Titel: Adelheid von Lare: Historischer Roman um die Stifterin des Klosters Walkenried (German Edition)
Autoren: Simone Knodel
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und ohne Scheu zu der Reiterin hinauf. Für einen Moment fühlte Adelheid einen Bann, der von diesen Augen ausging und der sie in die Tiefe zog wie ein Strudel im Fluss während des Frühjahrshochwassers. Was war das? Der Rappe unter ihr schnaubte unruhig und warf den Kopf zurück. Adelheid schüttelte die seltsamen Empfindungen ab und drängte das Pferd herum. Sie hatte plötzlich kein Interesse mehr an den Klippen.
    „Was macht Ihr hier im Wald? Und wer seid Ihr?“ Ihre Stimme klang jetzt etwas freundlicher.
    „Wir sammeln Huflattichblüten gegen den trockenen Husten, hohes Fräulein. Ich bin Fortunata, das Kräuterweib. Sicher habt Ihr schon von mir gehört. Eure Amme war oft bei mir, auch für Euch holte sie Medizin und guten Rat.“
    Fortunata – richtig! Die alte Alwina hatte stets ehrfürchtig und geheimnisvoll von den Künsten des Kräuterweibes gesprochen. Nur hatte Adelheid sie sich als alte bucklige Greisin vorgestellt und nicht als glutäugige Frau in den besten Jahren.
    Sie straffte die Zügel und nickte Mutter und Tochter gnädig zu: „Nun denn – gehabt Euch wohl, Fortunata! Sei Gott mit Euch!“
    Dann schnalzte sie mit der Zunge, hob die Zügel und lenkte das Pferd zwischen den dicken Baumstämmen hindurch vorwärts.
    Das Mädchen blickte seine Mutter fragend an. Die strich ihr eine dicke Haarsträhne aus dem Gesicht. „Hast du sie dir gut angesehen, mein Kind? Sie wird einmal dein Schicksal sein!“ Ihre Stimme klang traurig, doch die stumme Frage in den Augen der Tochter beantwortete sie nicht.
    Auf dem großen Hof der Vorburg herrschte geschäftiges Treiben, als Adelheid zurückkam. Sie sah einige fremde Gesichter, derbe Männer, die aus Holzkrügen mit den Knechten sauren Wein tranken und den Mägden grobe Scherze nachgrölten. Als die junge Herrin von Lare vorbei ritt, verstummten sie und sahen erstaunt zu, wie gewandt sie von dem riesigen Rappen herunter glitt und ihn zum Stall führte. Ehrfurchtsvolles Gemurmel in ihrem Rücken erfüllte sie mit Stolz. Sie hatte bereits gelernt, dass es viele Männer beeindruckte, wenn eine Frau gut reiten konnte. Das edle Pferd tat sein Übriges dazu.
    Noch heute durchströmte sie ein Glücksgefühl, wenn sie an ihren zwölften Geburtstag zurückdachte. Ihr Vater, Graf Beringer, hatte sie an der Hand gefasst und über die Ziehbrücke zum Marstall der Vorburg geführt. Draußen am Tor stand das schönste und größte Pferd, das sie je gesehen hatte. Sein schwarzes Fell glänzte in der Morgensonne, als hätte es jemand mit Öl eingerieben. Seine Fesseln waren schlank, wirkten jedoch nicht zerbrechlich, enorme Muskeln zeichneten sich unter der festen Haut ab. Wegen seiner Größe und Stärke wirkte der Rappe wild und unbezähmbar, aber ein Blick in seine sanften Augen bewies das Gegenteil. Das kleine Mädchen und das große schwarze Pferd mochten sich vom ersten Moment an. Graf Beringer hob seine Tochter hinauf, sie griff in die weiche Mähne und lachte glücklich. Als der Pferdeknecht das Tier losgebunden hatte, ritt Adelheid im gemächlichen Schritt eine Ehrenrunde über den Burghof und das Gesinde klatschte begeistert Beifall. Was für ein mutiges kleines Fräulein!
    Adelheid kicherte leise vor sich hin, als sie an das Gezeter von Alwina dachte, die wegen ihrer Kurzatmigkeit erst später auf dem Hof ankam und mit Entsetzen ihren kleinen Liebling auf dem riesigen Ungeheuer sitzen sah. Die gute Alwina!
    „Was für ein Teufel, dieses Tier, ein echter Diabolus!“, hatte sie laut gekreischt und unter dem Gelächter des Gesindes die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Den Namen Diabolus hatte der Hengst seitdem behalten.
    Adelheid drückte dem Marschalk die Zügel in die Hand.
    „Reib ihn gut ab, er ist ins Schwitzen gekommen!“
    „Schon gut, wie immer, Fräulein Adelheid!“, grummelte er griesgrämig. Der alte Hannes war menschenscheu und wortkarg, niemand jedoch kannte sich so gut mit Pferden aus wie er. Erst vor einigen Wochen hatte er Vaters Lieblingspferd von einer schlimmen Darmerkrankung geheilt. Er mochte Adelheid, weil er wusste, dass sie gut mit Pferden umgehen konnte.
    „Was sind das da draußen für Leute?“, fragte sie ihn mit einem geringschätzigen Blick über die Schulter.
    „Der Ritter vom Straußberg ist zur Mittagszeit eingetroffen, die wilden Gesellen gehören zu seinem Gefolge. Sitzen schon die dritte Stunde und saufen! Halten unsere Knechte von der Arbeit ab.“
    Adelheid zog unmutig die Stirne kraus, wusste aber weiter
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