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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven
Autoren: Horst Biernath
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noch einmal«, sagte Herold aufgebracht, »weshalb legt er dann das Herzchen nicht an die kurze Kette?«
    »Das täte er liebend gern, wenn er könnte. Kann er aber nicht. Denn so ziemlich alles, was an Masse vorhanden ist, gehört ihr. Hat sie in die Ehe mitgebracht. Gemüsehandel scheint ein lukratives Geschäft zu sein. Das Haus, die üppige Wohnungseinrichtung... Waren Sie schon mal oben?«
    Herold schüttelte den Kopf.
    »Sogar der Mercedes kommt auf ihr Konto. Er selber hat nach dem Krieg mit einem schäbigen, zusammengebastelten Schlitten angefangen. Der große Schwung nach oben kam erst, als er ein Fräulein Charlotte Siebenlist heiratete, nachdem sie bei ihm fahren gelernt hatte. Unsere Lollo , jawohl!«
    »Und nun erzählen Sie mir nur noch, daß sie sich in unseren Dicken Hals über Kopf verknallt hat!«
    »Hat sie. Und wenn Sie es nicht glauben wollen, dann sehen Sie mal die Bilder von ihm aus jener Zeit an. Und die Preise, die er auf schweren Solomaschinen gewonnen hat. Er war nämlich einmal ein Rennsportas . Im Krieg war er Spieß in einem Panzerverein. Ein Kerl wie Samt und Seide...«
    »Nur schade, daß er soff.«
    »Damit hat er erst später angefangen — oder wieder angefangen. Den Krieg über war er wohl ziemlich trockengelegt. Aber dann hat er kurzfristig alles nachgeholt, was er versäumt hat.«
    Rothe blinzelte Herold an: »Na, mein Kleiner, werden Sie sich nun an die Warnungen vom Dicken halten?«
    »Darauf können Sie Gift nehmen!« antwortete Herold forsch, »aber nicht wegen der Warnungen, sondern aus Prinzip. Ich steige nicht über fremde Zäune. Und außerdem ist die Dame nicht mein Typ.«
    »Das Prinzip nehme ich Ihnen mit Vorbehalt ab. Den Quatsch vom Typ nie. So was gibt es nämlich nicht. Das hat es nur einmal gegeben, als der alte Herr Adam mit seiner Frau Gemahlin im Garten Eden lebte. Aber da war das Evchen nur deshalb Adams Typ, weil er keine anderen Gelegenheiten hatte und außerdem von oben her ziemlich scharf überwacht wurde. Ich finde unsere Lollo fabelhaft«, fuhr er fort. »Ein fürstliches Weib. Ein bißchen ordinär. Leider habe ich bei der Dame nicht die geringsten Chancen. Sie bevorzugt junges Gemüse.« Er nahm sein Glas, stürzte den Rest des 63er Pfülben in die Kehle und grinste Herold an: »Falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten — ich saufe aus Liebeskummer.«
    »Diese Ausrede habe ich schon öfters gehört«, sagte Heinz Herold und griff nach seinem Hut.

    Pünktlich um zwei Uhr fuhr er mit seinem VW an der Villa Jossa vor und läutete an dem schmiedeeisernen Tor, das zwischen zwei mächtigen Granitsäulen hing. Die Leute waren so vornehm, daß sie nicht einmal ein Namensschild unter dem Briefkastenschlitz hatten. In der Sprechanlage knackte es, und das Mädchen fragte, wer er sei und was er wünsche.
    »Fahrschule Bauersfeld — Herold...«
    »Einen Moment, bitte, Herr Herold, die gnädige Frau telefoniert gerade. Wollen Sie solange hereinkommen?«
    »Danke, Fräulein, ich warte draußen.«
    Das Haus lag auf dem Brüderberg und war genau das, wovon Herold träumte, wenn er am Freitag zwei Mark im Lotto einzahlte.
    Das Telefonat dauerte nun schon mehr als zehn Minuten. Ihm war es gleich, wann Frau Jossa erschien. Die nächste Stunde war auf drei Uhr angesetzt, und er hatte nicht die Absicht, sich die Tageseinteilung durcheinanderbringen zu lassen. Außerdem war er auf jenes Fräulein Schütz aus Kirst neugierig, der er von einer Freundin so warm als Lehrer empfohlen worden war. Er hatte keine Ahnung, wer diese Freundin sein mochte. Als Frau Jossa endlich kam, lohnte es sich nicht mehr, sie durch den Stadtverkehr zu jagen.
    »Sie müssen entschuldigen, Herr Herold, es war meine Schneiderin.«
    »Ich verstehe, gnädige Frau«, murmelte er höflich. Schneiderin rangierte natürlich vor Fahrkurs. Sie war eine kleine, zierliche Frau mit winzigen Händchen und Füßchen. Man sah ihr an, daß sie vor zwanzig Jahren bildhübsch gewesen war. Ein Püppchen für die Vitrine. An der rauhen Luft hatte sie sich nicht besonders gut gehalten. Das Püppchen wirkte ein wenig mumifiziert.
    »Wenn Sie nichts dagegen haben, Herr Herold, möchte ich heute gern in meinem eigenen Wagen fahren. Die Schaltung ist ja die gleiche...«
    »Wie Sie wünschen, gnädige Frau. Dann üben wir heute zur Abwechslung wieder einmal das Anfahren am Berg«, schlug er vor. »Sie haben sich dazu die ideale Wohnlage ausgesucht.«
    »Werden Sie nur nicht ironisch!« sagte Frau Jossa mit ihrem
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