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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven
Autoren: Horst Biernath
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Marsraketen herumbasteln, sondern endlich ein Auto konstruieren, das sich mit einem Knopfdruck in Bewegung setzen läßt!«
    Heinz Herold ließ Frau Jossa die Übung achtmal wiederholen. Als sie ihn endlich vor der Villa absetzte, klebte ihm das Hemd am Rücken, und Frau Jossa war nicht mehr fähig, den Wagen selber in die Garage zu fahren. Herold stellte den Wagen ein, stieg in seinen VW und ließ ihn bergab rollen. Als er außer Sichtweite war, hielt er an und rauchte eine Zigarette. Er hatte sie dringend nötig.
    Kurz vor drei hielt er mit dem Wagen vor der Fahrschule. Er wollte ins Büro gehen, da er annahm, daß die neue Kursteilnehmerin, Fräulein Schütz, ihn dort erwarte. Vor dem Hause befand sich eine Telefonzelle, an deren Glastür eine junge Dame lehnte. Als er den Schlag seines Wagens öffnete, kam sie auf ihn zu.
    »Herr Herold...«, sie sah ihn an, als erwarte sie von ihm, daß er sich ihrer erinnern müsse. Sie war viel zu hübsch, als daß er sie aus dem Gedächtnis verloren hätte, wenn er ihr jemals begegnet wäre. »Mein Name ist Schütz«, sagte sie, »Marianne Schütz.« Und ein wenig enttäuscht fügte sie hinzu: »Sie scheinen eich nicht mehr an mich zu erinnern...«
    Ihre Stimme kam ihm irgendwie bekannt vor.
    »Entschuldigen Sie, Fräulein Schütz, ich bemühe mich, Sie unterzubringen, aber ich komme einfach nicht darauf, wo wir uns schon gesehen haben.«
    »In Kirst, vor etwa vier Wochen. Sie tankten bei uns, und wir unterhielten uns dann noch eine kleine Weile.«
    »Richtig!« rief er und schlug sich vor die Stirn. »Aber Sie trugen einen blauen Overall und ein Kopftuch. Ein Glück, daß ich Ihnen kein Trinkgeld gegeben habe.«
    »Ich hätte mich nicht geniert, es anzunehmen. Warum auch?«
    »Gehört die Tankstelle in Kirst Ihren Eltern?«
    »Der Mutter, mein Vater ist vor vier Jahren gestorben. Unser Tankwart hat sich im Frühjahr einiges gebrochen. Ein Motorradunfall. Er lag über drei Monate im Krankenhaus. Da mußte ich im Betrieb mithelfen.«
    »Und was machen Sie sonst?«
    »Ich habe die Handelsschule besucht und war dann längere Zeit in Frankfurt bei einem Rechtsanwalt beschäftigt. Bis mich meine Mutter vor einem halben Jahr heimholte. Sie ist nicht ganz gesund und kam auch mit der Buchführung nicht zurecht.«
    Sie hatte eine offene, muntere Art zu plaudern, die ihm gut gefiel. »Und jetzt wollen Sie also den Führerschein machen?«
    »Ja, ich brauche ihn fürs Geschäft...«
    »Gut, dann wollen wir gleich anfangen«, sagte er und lud sie mit einer Handbewegung ein, im Wagen Platz zu nehmen, aber nicht auf dem Steuersitz. »Für den Start suchen wir uns eine etwas ruhigere Gegend aus, Fräulein Schütz. Ich bin nicht lebensmüde, und Sie sind es wohl auch nicht.«
    Es schien ihr nicht ganz zu passen: »Ein bißchen fahren kann ich schon. Das bringt die Tankstelle mit sich. Ich fahre die Wagen manchmal zur Waschanlage oder in die Werkstatt, und zuweilen läßt mich auch die Mutter auf einsamen Feldwegen ans Steuer.«
    »Bestellen Sie Ihrer Frau Mama, daß sie damit den Führerschein ganz schnell loswerden kann«, sagte er nicht sehr liebenswürdig, »und wenn ein Polizist Sie dabei erwischt, dann können Sie sich die Fahrstunden sparen. Von dem, was Ihnen der Strafrichter aufbrummen würde, will ich gar nicht reden.«
    »Ach du liebe Güte...«, murmelte sie erschrocken.
    »Mehr darüber hören Sie im theoretischen Unterricht. Er findet dreimal wöchentlich am Abend statt, immer von acht bis zehn. Wie ist die Verbindung von Kirst zur Stadt?«
    »Es fahren einige Omnibusse, aber ich lasse mich von meiner Mutter oder von einer Freundin herbringen. Ich könnte auch mit dem Roller kommen, den Führerschein IV besitze ich schon seit vier Jahren.«
    »Wer war eigentlich die Freundin, die mich Ihnen so warm empfohlen hat?« fragte er.
    »Ach, wissen Sie«, murmelte sie ein wenig verlegen, »die habe ich vor Frau Bauersfeld erfunden, um zu Ihnen zu kommen — da ich Sie ja schon kannte.«
    Er grinste amüsiert. Während sie sich unterhielten, war er aus der Innenstadt hinausgefahren und hielt in einem ruhigen Villenviertel. Er stieg aus, um mit ihr den Platz zu wechseln. Vor dem Wagen begegneten sie sich. Er war etwas über einen Meter achtzig groß. Fräulein Schütz brauchte den Kopf nur wenig zu heben, um ihm in die Augen zu schauen. Er schätzte sie auf fünfundzwanzig Jahre und lag mit seiner Schätzung ziemlich richtig. Sie war keine hinreißende Schönheit, aber wenn ein
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