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Achtung BABY!

Titel: Achtung BABY!
Autoren: Michael Mittermeier
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Brücke am River Kwai« erinnert fühlte – nur hatten wir keine Hilfe von englischen Kriegsgefangenen. Der Alec Guinness in mir leistete gute Arbeit. Das ist übrigens bei jedem Urlaub so. Ja, irgendwann ertönte dieses Wort wie ein fernes Kanonendonnern zum allerersten Mal … »Familienurlaub«. Ich hatte mich monatelang bei den Anonymen Vätern darauf vorbereitet, aber es trifft einen ohne Chance auf Verteidigung. Eine neue Zeitrechnung brach an. Jetzt musste ich den Deutschen in mir wecken. Ausrüsten. Das ist deutsch. Zum ersten Mal im Familienhotel. Die Ausmaße waren in der Art »der türkischen Großfamilie hat sich in Oberammergau die restliche Familie angeschlossen und beschlossen, für immer auszuwandern«. Wir hatten auf unserem ersten Urlaub mit Kind 82 (!) Kilo Gepäck dabei. Ein Tipp: Es wird auch beim vierten Familienurlaub nicht weniger. Als wir noch als Outsider-Pärchen in Urlaub fuhren, habe ich vorher oft noch im kleinen Romantikhotel angerufen, ob es Sauna, Wellness, Fernseher, Internet und Pool gibt. Der Anruf blieb, aber der Inhalt änderte sich geringfügig: »Haben Sie in den Zimmern auch Hochstuhl,Steckdosenschutz, rutschfeste Matte in der Badewanne, Kinderbademantel, Babybett, kann man den Föhn festklemmen?«
    Ich liebe unsere Familienurlaube (und dabei muss ich nicht mal lügen). Einmal ohne alles Drumherum nur mit Gudrun und Lilly, das ist immer etwas ganz Besonderes und Schönes. Viele Ausflüge machen und neue Dinge entdecken – wie Familienstrände. Aber wenn ich einen Wunsch frei hätte, wäre das zeitgleiches, warmes Abendessen für Mama und Papa. Aber man kann nicht alles haben. Wichtiger ist: Lilly ist ein kleines Reisekind, das sich schnell in neue Umgebungen eingewöhnt.
    Der größte Break für die Kleinen ist ja schon die Geburt. Aus dem warmen kuscheligen Mamabauch raus in eine kalte Welt voller Eltern und anderer komischer Lebewesen. Unseren Kater Neo mochte sie aber von Anfang an. Nur Neo war in den ersten Wochen sehr kritisch. Er beachtete die neue Mitbewohnerin gar nicht. Und die neue Mitbewohnerin lag dann ja auch für die nächsten sieben Monate nur rum und konnte sich so nicht um Neo kümmern. Was sich natürlich sehr schnell änderte, als Lilly anfing zu krabbeln. Ab Mitte August begann Lillys mobiles Leben. Und sie krabbelte wie alle Babys wie ein manisch getriebenes Vierbeinwesen auf Ecstasy. Ein Film nahm seinen Anfang: »Neo, der Gejagte«. Lilly robbte quietschend mit zunehmender Geschwindigkeit Neo hinterher. Und Neo flüchtete. Er ist nicht der Mutigste. Aber er wusste schon auch warum. Immer wenn Lilly ihn erwischte, hat sie ihm ihre Form von Liebkosung gezeigt, erst mal hingreifen und festhalten: Oh, guck mal, ein schöner haariger Schwanz, das macht doch Spaß. Die ganze Situation hat mich ein bisschen erinnert an den Film »Auf der Flucht« mit Harrison Ford. Aus der alten TV-Serie »Dr. Kimble«. Der Kimble wurde unschuldig zum Tode verurteilt, weil er angeblich seine Frau ermordet hatte. Aber keiner glaubte ihm, und so musste er fliehen. Neo war auch unschuldig, aber es nützte ihm nichts. Sein Häscher in Gestalt eines robbenden Babys war ihm unerbittlich auf den Fersen. Immer wenn er glaubte, er könnte ein bisschen ausruhen, kam der FBI-Marshall Lilly hinter der Couchhervor, und er hatte ein paar Büschel Haare weniger. Aber die Kleinen meinen es ja nur gut dabei. Hilft nur den Tieren nichts. Die Streichelzooabteilung im Zoo dürfte ja eigentlich nicht so genannt werden. Die Tiere da – alles arme Schweine. Da werden die Kinder hingebracht, die dann zärtlich wie kleine Tötungsmaschinen die Ziegen streicheln. Den Streichelzoo sollte man umbenennen in den »Club der kleinen Würger«. Mittlerweile hat sich das Verhältnis von Lilly zu Neo entscheidend gebessert. Lilly ist vorsichtiger und sanfter zu Neo. Aber obwohl Neo der Gejagte war, wurde in unserem Fall die Jägerin eingesperrt. Lilly kam hinter Gitter – zum ersten Mal.
    Der Nestbauzerstörungstrieb bei Eltern beginnt, wenn die Babys anfangen zu krabbeln. Unser Haus wurde zum Hochsicherheitstrakt ausgebaut. Nicht mal Clint Eastwood in seinem legendären Alcatraz-Film hätte eine Lücke gefunden. Es kam uns ein bisschen vor wie »Prison Nonbreak«, eine Serie in vielen Staffeln. Die ersten Absperrgitter wurden montiert. Warum gibt es so Absperrgitter eigentlich nur in einer Art und Farbe: hässlich. Wir haben viel rumgesucht, aber nichts Schönes gefunden. Dieses Zeug ist nicht mal
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