Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Achtung BABY!

Titel: Achtung BABY!
Autoren: Michael Mittermeier
Vom Netzwerk:
Der Erste war der Erste. Welche Frau erinnert sich denn wirklich noch an den Zweiten oder den Fünften? Da hätte man im Bett damals eine lilagelbe Ganzkörperbemalung haben können, und die Frau würde sich heute fragen, »wer war das?« Aber Nummer 5 lebt! Wir Männer verdrängen gerne unser erstes Mal beim Sex, weil wir da, sagen wir mal, meistens nicht gerade unser Meisterstück abgeliefert haben. Damals wussten wir noch nichts vom zerschlagenen Mythos des vaginalen Orgasmus. Damals dachten wir noch, wenn man es schafft reinzukommen, dann – passt scho – und dann hat auch sie halt dann Orgasmus, mei so … Auch die mündliche Gesellenprüfung war von uns Männern damals meist ungenügend. So legte sich der Schleier der Verklärung über die damaligen Vorgänge. Ich habe drei erste Male beim Sex, die in Betracht kommen könnten, aber ich möchte keines davon an eine erste Stelle setzen.
    Aber das erste Mal ist immer etwas Besonderes, nicht nur beim Sex. Das erste Mal aller kleinen Dinge des Lebens. Das Geheimnis dieses ersten Augenblicks, in dem man etwas ganz Neues für sich entdeckt. Ich erinnere mich gerne an so Dinge wie die erste Pizza, das erste Kettcar, die erste Pumuckl-Platte, das erste Mal Urlaub ohne Eltern, der erste richtige Kuss, das erste Mal Hören einesSongs deiner zukünftigen Lieblingsband, das erste Mal Springen vom Zehnmeterbrett, und so weiter und so fort. Da gibt es Dutzende und Hunderte erste Male. Und das Schöne ist, es hört ja auch nicht auf. Es gibt immer wieder Neues zu entdecken. Ich durfte auch als Künstler ganz tolle Momente erleben, die sich in meiner »Ersten-Mal-Liste« weit vorne einordnen: Der erste Auftritt vor Publikum; ich entdecke, dass ich die Leute zum Lachen bringen kann; das erste Mal ausverkauft auf einer Kleinkunstbühne; das erste Programm, bei dem ich ganz bei mir war und auch Jahre danach daran nichts zu bemängeln hatte; das erste E-Gitarren-Solo auf einer Bühne; die erste eigene Platte; das erste Zusammentreffen mit den Helden meiner Jugend, wie Otto, Leonard »Mr. Spock« Nimoy, Jerry Lewis, Bono und und und …
    Die Magie hält an, und seit der Geburt von Lilly kommt da noch eine andere Dimension hinzu. Als Papa habe ich nun auch die Chance, erste Male meiner kleinen Tochter mitzuerleben, an die ich mich bei mir nicht mehr erinnern kann, weil ich noch zu klein war. Ich weiß zum Beispiel nicht mehr, wann ich selbst das erste Mal gelächelt habe. Und zwar das echte Lächeln, nicht dieses Engelslächeln der ersten Wochen, wo ein Baby nur die grinsenden Eltern imitiert. Das war ja mehr so ein Mimiktraining. Wenn ich damals Lilly anblickte, fühlte ich mich an frühere Auftritte von mir erinnert. Damals hatte ich mein Gesicht auch noch nicht so im Griff. Ein Kritiker schrieb das mal im Herbst 1988 nach einem Auftritt im Theatercafé in Graz. Meine Grimassen seien zu übertrieben und unkontrolliert. Ich war am Boden zerstört, aber ich habe daraus gelernt.
    Ich habe auch gelernt, dass Babys nicht deswegen blöd gucken, weil sie blöd gucken. Mir hatte jemand erzählt, dass Babys verkehrt herum sehen. Da kann man schon mal einen dämlichen Gesichtsausdruck kriegen. Deswegen stand ich oft am Kopfende von Lillys Bettchen über ihr Gesicht gebeugt, damit sie Papa mal normal sieht. Bin ich eigentlich der Einzige, der das je probiert hat? Ich weiß mittlerweile allerdings, dass das mit dem Verkehrtherumsehen nicht stimmt. Lilly wird sich da wohl zumallerersten Mal gedacht haben, der Alte hat einen Schaden. Aber was denken Babys eigentlich? Ich hätte oft viel drum gegeben, wenn ich gewusst hätte, was gerade in Lillys Köpfchen vor sich geht. Was träumen Babys? Von großen grasenden Milchkühen? Was denken Babys in diesen vielen Momenten, die sie das erste Mal in ihrem Leben erleben? Wir Eltern denken sehr viel dabei. Zum Beispiel der erste Ausflug mit Baby in die Stadt. Eine Aktion mit penibel durchdachter Vorbereitung. Eigentlich wollten wir nur mal eben in ein Café gehen, was essen und die Kleine mitnehmen, damit sie dann mal ein bisschen sieht, in welche Welt sie da reingekommen ist. Lilly war gerade zwei Wochen alt, als die Großoffensive begann. Eine Blaskapelle spielte den Radetzkymarsch dazu. Es war dann doch weniger ein Cafébesuch als »die türkische Großfamilie zieht zu den Schwiegereltern nach Oberammergau«. Man glaubt gar nicht, was man alles packen kann für drei Stunden. Die Vorbereitungen hatten solche Ausmaße, dass ich mich an den Film »Die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher