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Achtung BABY!

Titel: Achtung BABY!
Autoren: Michael Mittermeier
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Nahrungsverhalten sehr entgegenkommen. Und der Wahnsinn ist auch noch: Schwangere machen sich’s gerne selbst: Ich erinnere mich an einen Anruf bei meiner Frau, als sie im sechsten Monat war: »Schatz, was machst du gerade?«
    »Ich bin im Olympia-Einkaufszentrum und esse einen Döner.«
    Tränen formierten sich in meinen Augen, und ich hauchte ihr hoffnungslos verliebt zu: »Baby, ich bin so stolz auf dich.«
    Nicht, dass hier der Eindruck entsteht, dass ich Schwangerschaften nur wegen der Ernährungsumstellung gut finde. Ich finde schwangere Frauen sexy. Es ist jetzt nicht so, dass ich durch die Straßen laufe und dickbauchige Frauen anquatsche: »Na, wie wär’s mit uns dreien?« Aber meine Frau sah wunderschön aus in ihrem schwangeren Zustand, und zusammen mit dem Glücksgefühl des herannahenden neuen Lebens war es eine der schönsten Zeiten in unserer Beziehung. Ich weiß natürlich, dass schwangere Frauen ihre Optik meist anders bewerten. Das ist ja auch die einzige Zeit im Leben einer Frau, wo der Satz »ich hab nixanzuziehen« tatsächlich ein Körnchen Wahrheit enthält. Frauen kaufen sonst für alle Anlässe Klamotten, in verschiedensten Farben, Formen, Webarten – aber keine Frau kommt jemals heim und sagt: »Dieses Kleid habe ich gekauft für den Fall, dass wir auf eine Greenpeace-Wal-Solidaritätsveranstaltung gehen. Und wenn eine von meinen Freundinnen schwanger wird, kann ich es ihr leihen.«
    Eine schwangere Frau hat was von einer Göttin. Gut, eines ist schon klar, eine Strunzhässliche wird auch als Schwangere kein Schneewittchen. Oder anders gesagt, die schwangere Hexe aus dem Knusperhäuschen würde beim Baywatch-Casting nicht in die Endrunde kommen.
    Die Ernährungsgewohnheiten einer Schwangeren unterscheiden sich meist diametral von denen der Frau, die vorher in diesem Körper gewohnt hat. Schwangere Frauen mutieren ab dem ersten Monat zu Zwischenwesen, bestimmt von hormonellen Eingebungen, die sich sehr auf das Essverhalten auswirken – aber nicht nur in Richtung einseitige Ernährung, wie es in Zombiekreisen üblich ist. Es gibt die Fleischphasen, aber auch das Süßigkeitenmonster und das Sauerungeheuer schlummern tief in ihnen. Zucker auf dem Tisch, »rachmachhammhamm!« Und weg. Ich weiß mittlerweile, wer für das Krümelmonster in der Sesamstraße Modell gestanden hat.
    Daheim ist es natürlich einfach, mit diesen Fressanfällen umzugehen. Ich erinnere mich an eine denkwürdige Szene: Ich wache nachts auf, Gudrun liegt nicht neben mir. Ich gehe runter in die Küche … irgendwas plündert den Kühlschrank.
    »Rachmachhammhamm!«
    »Baby, was machst du da?«
    »Ich? Nichts!«
    »Was ist das da an deinen Händen, im Gesicht und auf deinem T-Shirt?«
    »Nichts.«
    »Ist das Thunfisch und Schokolade?«
    »Nö.«
    Guter Tipp: einfach dabei belassen. Nicht weiter nachfragen, passt scho. Das Einzige, was ich damals gemacht habe, war meine m&m-Vorräte vor dem runden Wesen in Sicherheit zu bringen und im Garten zu vergraben. Na ja, Vergraben hilft ab dem vierten Monat leider auch nicht mehr. Was kein Vorhängeschloss hat, ist nicht sicher. Gut, auch das Vorhängeschloss erledigt sich mit dem sechsten Monat. Was kann man machen? Ein Tresorraum, der den Zugang nur mit Codewort und Fingerabdruck möglich macht? Selbst ich habe gedacht, das ist ein bisschen übertrieben, aber meine Frau hatte offenbar den Louis-de-Funès-Film »Balduin, der Geldschrankknacker« gesehen: Wir können daheim den Tunnel nun wunderbar als Weinkeller benutzen. Okay, immer noch besser als in dem Film »The 6th Day« mit Arnold Schwarzenegger – da haben sie einem den Finger abgeschnitten, um mit dem Finger an einem Hochsicherheitstrakt die Fingerabdruckschranke zu überwinden. Ich muss zugeben, dass ich ein klein wenig Angst hatte.
    Ich hatte mich damals schnell an die essenstechnischen Veränderungen im Alltag gewöhnt, aber in der Außenwelt ist nicht sofort jedem klar, was los ist. Zum Beispiel waren wir mal zusammen im Supermarkt, als ich mich plötzlich fragte: Wo ist meine Frau? Ich ging um das Regal herum, und die Szene wirkte in etwa wie in dem Film »Ghostbusters I«: Das dicke grüne Krümelmonster aus der Zwischenwelt schaufelt in sich rein: »Rachmachhammhamm!«
    »Schatz, was machst du da mit dem Nutellaglas?«
    Meine Frau schaute unschuldig hoch, als ob gar nichts wäre.
    »Nichts.«
    Sie wischte sich den Mund ab, stellte das halbleere Nutellaglas wieder zurück und lächelte. Ich meinte noch: »Ich
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