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Achtung BABY!

Titel: Achtung BABY!
Autoren: Michael Mittermeier
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und die Eltern das anscheinend nicht bemerken. Mittlerweile weiß ich aus eigener Erfahrung, Babys fangen nach ein paar Monaten an zu sabbern. Das hört sich niedlich an, es ist aber ein ewig währender Speichel-Spucke-Fluss, dessen sie sich natürlich nicht bewusst sind. Die lachen und brabbeln unentwegt, und in ihrem Rachen steht ein kleines Männchen mit einem Gartenschlauch, der die Mundschleimhäute bewässert.
    Das ist für Kinderlose ein nachdenkwürdiger Hingucker, diese Ausmaße sind nicht nachzuvollziehen. Und es ist auch nicht verständlich, dass Eltern diesem Phänomen, das selbst bei »Akte X« für Furore sorgen würde, keine Bedeutung beimessen. Als Freunde von uns damals mit ihrem mehrere Monate alten Baby bei uns zu Hause waren, blickte ich dauernd gebannt auf die Rinnsale, die sich aus dem Babymund ihren Weg nach unten suchten. Danndrückte mir die Mutter das Baby in die Arme: »Da, du kannst auch schon mal üben.«
    Ich dachte, was üben? Deichbau? Ich versuchte, das Baby so zu halten, dass es nicht meine Klamotten vollschlatzte. Sabber sabber blubber sabber … Man will dann ja nicht als überkorrekt gelten und sagen: »Ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, dass euer Kind sabbert wie ein Pawlow’scher Hund?«
    So versuchte ich ungelenk mit dem Freundesbaby ohne Sabberkollateralschäden zu hantieren. Mit einem vernichtenden Augenaufschlag wurde mir das Kind wieder entrissen: »Ich nehm den Kleinen wieder. So ungeschickt, wie du den hältst.«
    Ich wollte halt nichts kaputt machen. Obwohl ich mir dachte, wenn ich ihn fallen lasse, wird der Sabbersee ihn retten.
    An diesem Tag wurde ich erstmals in echte Elterngeheimnisse eingeführt. Mir wurde gezeigt, wie man ein Baby bestmöglich hält: »Du musst den Fliegergriff anwenden.«
    Ja, ja, Piloten dieser Welt, ihr seid nicht die Einzigen, die den Gegebenheiten der Schwerkraft zu trotzen suchen. Fliegergriff. Dabei dreht man seinen Unterarm nach oben, und darauf platziert man das Baby mit dem Gesicht in Richtung Armbeuge, so dass es dann quasi auf deinem Unterarm bäuchlings durch die Gegend schwebt. Ich dachte, das ist schon was für Poser: »Schaut her, Freunde, das ist meins, das hab ich gemacht! Und seht, wie mühelos ich den Fliegergriff praktiziere. Piloten der Lüfte und Väter der Kinder, dig this!«
    Früher haben wir Männer für so einen Effekt Muskelshirts angezogen. Das ist übrigens die nächste Stufe: Fliegergriff und Muskelshirt. Durch die Drehung des Unterarms nach oben und das Gewicht des Babys kommt der Bizeps sehr gut zur Geltung. Woher ich das weiß? Ich habe vor Kurzem auf einem Kinderspielplatz einen Vater in Muskelshirt gesehen, der seine kleine Tochter in jeder Situation so hielt, dass seine durchtrainierten Oberarme optimal rüberkamen. Zum Beispiel beim Schaukeln: kurz Kind mit Schaukel festhalten, ein bisschen nach oben ziehen, den Bizeps aufpumpen, schauen, ob Mütter schauen, und erst dannwieder anschubsen. Vielleicht war das ja auch gar kein Vater mit Tochter auf dem Spielplatz, sondern eine neue Art von Fitnesstraining aus den USA. Da werden ja inzwischen alle Bereiche kombiniert. Aerobic mit Boxing, Kung Fu mit Bauch-Beine-Po-Training. Und jetzt die neueste Trainingsmethode: Baby-Piloting. Ich weiß mittlerweile, dass Babys diese Fliegergriffposition wegen des einmaligen Blickfelds sehr lieben und diese bei Blähungen zusätzlich eine ideale Ausgangssituation für aeriale Exkursionen bietet. Aber warum heißt das dann Fliegergriff und nicht »Wiege-mit-guter-Pups-Möglichkeit-Griff«? Wahrscheinlich weil Männer eine coole Bezeichnung für eine vordergründig uncoole Handlung brauchen. Das ist wie beim Bungeejumping. Eine dämliche Aktion mit cooler Bezeichnung. Würde das jemand machen, wenn es »Beine-an-Gummiseil-dann-spring-und-in-die-Ausgangsposition-Zurückschnalzing« hieße?
    Der Fliegergriff ist auch die ideale Position für Babys, die sich ihrer Spucke entledigen wollen. Wenn einem als männlichem Erwachsenen unbemerkt der Speichel aus dem Mund läuft, ist man entweder in der Disco oder man war beim Zahnarzt, und die Spritze hat noch nicht aufgehört zu wirken. Das ist dann schon peinlich, wenn man am Tisch im Restaurant nicht merkt, dass Sabber über die noch betäubte rechte Unterlippe läuft. Da kommt dann kein Kellner vorbei und fragt: »Darf ich Ihnen zum Nachtisch einen Fliegergriff anbieten?«
    Es war schon eine schöne Zeit als Baby, als man sich über solche Kleinigkeiten noch keine Gedanken
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