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Ach, wär ich nur zu Hause geblieben - Band 2

Ach, wär ich nur zu Hause geblieben - Band 2

Titel: Ach, wär ich nur zu Hause geblieben - Band 2
Autoren: Kerstin Gier
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nostalgischen Gründen eine Dose dieses Obstsalates gekauft, und alles darin schmeckte gleich widerlich.) Als Helena aber begriffen hatte, dass wiraus irgendeinem Grund scharf auf die Dinger waren, mussten Tante Hannelore und Onkel Hermann ihre Kirschen an ihre Tochter abtreten, was sie auch ohne Widerrede taten. Damit hatte Helena genau dreimal so viele Kirschen wie wir. Obwohl unsere Eltern es sonst immer sehr begrüßten, wenn wir uns freiwillig mit Rechenaufgaben beschäftigten, sagten sie nur, wir sollten gefälligst nicht so kleinlich sein, und aßen ihre Kirschen selber. Wir fanden, wenn schon, dann mussten Onkel Hermann und Tante Hannelore auch uns ein paar Kirschen abgeben. Aber das fand Helena nicht.
    »Das sind meine Eltern«, sagte sie. »Und ich bestimme, wem sie die Kirschen geben und wem nicht.«
    Wenn wir schon längst mit dem Essen fertig waren, saß Helena immer noch da und ließ sich jede einzelne Kaiserkirsche auf der Zunge zergehen.
    Als sie am nächsten Tag wieder die Kirschen ihrer Eltern zugeschustert bekam, stand meine Oma auf und öffnete feierlich eine ganze Dose Kaiserkirschen, die sie im Supermarkt entdeckt hatte. Sie verteilte sie auf den Tellern von meiner Schwester und mir und auf ihrem eigenen. So viele Kaiserkirschen auf einmal hatten wir noch nie gesehen.
    »Ich will auch noch welche«, sagte Helena, und meine Mutter sah meine Oma sehr böse an. Es war klar, dass sie sie an diesem Abend nicht beim Kanaster gewinnen lassen würde. Aber meine Oma störte sich nicht daran.
    »Die Kirschen habe ich von meinem eigenen Geld bezahlt«, sagte sie. »Und ich bestimme, wer davon essen darf und wer nicht.«
    Am nächsten Tag verlor meine Schwester ihre alte Bommelmütze und durfte mit meiner Mutter eine neue kaufen.Sie probierte jede einzelne Mütze an, die es in den fünf örtlichen Sportgeschäften zu kaufen gab. Am Ende hatte sie aus neuntausendneunhundertneunundneunzig Mützen genau die eine herausgesucht, die ihr am besten stand, die megatrendy und trotzdem etwas ganz Besonderes war. Stolz führte sie uns die Mütze zu Hause vor.
    »Das ist die schönste Mütze, die ich je gesehen habe«, sagte meine Schwester. »Die gab es auch nur in einem einzigen Geschäft.«
    »Ich will auch eine neue Mütze haben«, sagte Helena.
    »Aber du hast deine Mütze doch gar nicht verloren«, sagte meine Schwester, die sehr froh war, dass ihre alte Bommelmütze endlich weg war – ganz zufällig.
    Tante Hannelore zog sofort mit Helena los und kam mit haargenau der gleichen Mütze zurück, die meine Schwester sich ausgesucht hatte. Sie mussten stundenlang danach gesucht haben.
    »Eine andere Mütze wollte sie nicht«, sagte sie entschuldigend.
    »Dann hätte sie gleich meine haben können«, sagte meine Schwester, schmiss ihre Mütze in eine Ecke und sagte, sie wolle sie nie wieder anziehen.
    Ich guckte Helena so schlimm aus, wie ich nur konnte. Aber Helena sah nur ihr eigenes Spiegelbild an. »Die Verkäuferin hat gesagt, das Blau sieht toll aus zu meinen blonden Locken.«
    »Wenn Helena und du die gleichen Mützen anhabt, dann schauen euch alle hinterher und denken, ihr seid Schwestern«, sagte Tante Hannelore zu meiner Schwester.
    Diese Vorstellung gab meiner Schwester den Rest. BeimAbendessen sprach sie kein Wort. Helena aber plapperte fröhlich vor sich hin, aß und trank mit gutem Appetit. Meine Oma goss ihr wortlos Apfelsaft nach, zweimal.
    Eine halbe Stunde später musste Helena Pipi. Aber das Badezimmer war besetzt.
    »Ich muss ganz dringend«, sagte Helena.
    »Ich auch!«, sagte meine Oma von drinnen.
    Nach einer Viertelstunde klopfte meine Mutter an die Tür. »Mama! Was machst du denn da drinnen?«
    »Mein liebes Kind, was macht man wohl auf einer Toilette?«, fragte meine Oma zurück.
    »Ja, aber doch nicht so lang«, sagte meine Mutter. »Helena muss mal Pipi.«
    »Und ich habe Besuch vom flotten Otto«, sagte meine Oma.
    Ich wusste nicht, wer der flotte Otto war, aber meine Schwester sagte, der flotte Otto sei für Oma das, was Tigermaxe für mich sei.
    »Ein Fantasiefreund?«, fragte ich.
    »Genau«, sagte meine Schwester.
    Wir wollten die Zeit, die Oma mit ihrem Fantasiefreund auf dem Klo verbrachte, mit Kanasterspielen überbrücken, aber die Karten waren nirgendwo zu finden. Inzwischen musste Helena so dringend, dass Tante Hannelore wieder an das Mädchen dachte, dessen Blase geplatzt war.
    »Bitte – nur ganz kurz!«, sagte Tante Hannelore an der Badezimmertür.
    »Ich wünschte, ich
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