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Abschied von Chautauqua

Titel: Abschied von Chautauqua
Autoren: Stewart O'Nan
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abfallenden Feld, auf die braun verfärbte Karosserie eines Pickups.
      Näher am See sahen sie noch mehr neue Häuser, alles Fertigbau, alles von derselben Firma. Eins hatte eine Satellitenschüssel von der Größe eines kleinen Flugzeugs, bei einem anderen hing eine Bills-Fahne im Erkerfenster.
      «Man fragt sich, ob sie die das ganze Jahr hängen lassen», sagte Arlene.
      Schließlich erreichten sie die Kreuzung an der 394, direkt oberhalb vom Institut. Das Andriaccio's war noch da, der Parkplatz voll wegen des Mittagsandrangs. Die plötzliche Betriebsamkeit - ein Junge, der an zwei Krücken über den Parkplatz humpelte, ein großer Mann in Shorts, der einem älteren Paar zum Abschied die Tür aufhielt - schien sie zum Mitmachen aufzufordern. Oder reizte Emily das Institut selbst, die Vorstellung von einem erholsamen, erlesenen Sommer? Während sie auf eine Lücke im Verkehr warteten, betrachtete Emily über die Spitzen des Eisenzauns hinweg die winzigen Übungshütten, schlicht wie Toilettenhäuschen, ordentlich aufgereiht wie Gräber, und sie malte sich aus, wie ein aufgeweckter Teenager sich voller Hingabe seinem Instrument und den berühmten Komponisten widmete. Als sie vorbeifuhren, kurbelte Emily das Fenster herunter und hoffte, den geschmeidigen Klang einer Oboe oder das tiefe Seufzen eines Cellos zu hören. Aber da war nichts.
      «Emily, sieh doch», rief Arlene ungläubig. «Das Putt-Putt.»
      Der orangeweiße Zaun stand noch, aber bis zu den Betonblocktoiletten war alles abgerissen, und vorn stand ein Schild mit der Aufschrift ZU VERPACHTEN.
      «Kenneth wird ziemlich enttäuscht sein.»
      «Man sollte meinen, mit dem Institut direkt daneben könnten sie genug Geld verdienen.»
      «Offensichtlich nicht», sagte Emily.
      Sie kannte hier alles: den Weihnachtsladen, den stickigen Waschsalon, wo sie immer noch ihre Bettlaken und Handtücher wuschen, die Grundschule, die jetzt als Lagerhalle genutzt wurde. Am Fußgängerüberweg vor dem Eingang des Instituts, wo als Warnung neben der Hausmeisterhütte ein leerer Streifenwagen stand, fuhren sie langsamer, dann rollten sie an den saftig grünen Fairways des Clubs vorbei (dort gab es anscheinend genügend Wasser). Henry hatte gern auf diesem Golfplatz gespielt. Am sechsten Grün war ein Teich, und Henry hatte seinen Abschlag immer nach rechts verzogen und war durch das Schilf neben dem Fahrweg gestapft. Einmal hatte er eine Schlange entdeckt und kam mit seinem Neuner-Eisen herausgerannt. Sie hatte das ganze letzte Jahr keinen Schläger angerührt. Sie musste mit Kenneth herfahren und ihre traditionelle Runde spielen. Das würde das einzige Mal sein, dass sie allein wären.
      Und da war das Wagon Wheel mit seinen verrosteten Schildern:
      DELIKATESSEN ZEITUNGEN EIS FILME
      Und der We Wan Chu-Campingplatz mit Hüttenvermietung, inzwischen mit eigener Website.
      «Jetzt hab ich alles gesehen», sagte Emily.
      «Das hing letztes Jahr schon.»
      Am Manor Drive fuhr Arlene langsamer, und Rufus stand auf und verschmierte mit der Nase die Fensterscheibe. Die Kurve überzeugte ihn, dass er sich besser wieder hinlegte. Er lag jetzt eindeutig neben dem Handtuch, aber Emily kümmerte sich nicht darum.
      Der Zufahrtsweg lag völlig im Schatten, war gerade mal breit genug für ein Auto. Die Vereinigung hatte ein Schild mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 25 Stundenkilometern aufgestellt. Der Polizist mit dem Trampolin und dem Irish Setter war zu Hause, aber nicht die Leute mit dem hässlichen Kinderschwimmbecken. Die Nevilles waren in großer Zahl da, die Einfahrt gesäumt von Kleinbussen und Geländewagen, ihr altes Volkswagen-Cabrio in der offenen Garage. Zwei kleine Mädchen, die Emily nicht kannte, fuhren in Badeanzügen und Tennisschuhen auf ihren Fahrrädern durch den Garten.
      Zwischen den Häusern konnte Emily den See erkennen, ein Laserboot, das in der Nähe des Ufers krängte.
      «Scheint windig zu sein da draußen», sagte sie, doch Arlene hatte wegen ein paar älteren Rindern auf Fahrrädern gebremst - sie sahen aus, als gehörten sie zu den Craigs, und hielten Tennisschläger in den Händen. Ein blondes Mädchen winkte ihnen zu, und sie winkten unwillkürlich zurück, wie man es unter Nachbarn tat.
      Etwas weiter hinten stand in einer schattigen Einfahrt ein roter Cadillac mit einem Kennzeichen aus Florida. «Die Wisemans sind da», sagte Emily froh, denn letztes Jahr hatte Herb Wiseman einen Herzinfarkt
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