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Abraham Lincoln - Vampirjäger

Abraham Lincoln - Vampirjäger

Titel: Abraham Lincoln - Vampirjäger
Autoren: Seth Grahame-Smith
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Kreatur, die mir nichts Böses wollte und die keine Gefahr für mich oder meinen Besitz darstellte, so verletzt hatte. Als sich das Tier schließlich nicht mehr bewegte, nahm ich all meinen Mut zusammen, schleifte es eine Meile durch den Wald und legte es meiner Mutter vor die Füße. Ich ließ den Kopf hängen, um meine Tränen zu verbergen.
    Abraham Lincoln würde nie wieder ein Leben auslöschen. Und doch sollte er zu einem der größten Jäger des neunzehnten Jahrhunderts werden.
    In jener Nacht tat der bekümmerte Junge kein Auge zu. »Ich konnte an nichts anderes denken als an das Unrecht, das ich einem anderen Lebewesen getan hatte, und an die Angst in seinen Augen, als das Versprechen des Lebens ihm entglitt.« Abe weigerte sich, auch nur ein Stück seiner Beute zu verzehren, und lebte von nicht viel mehr als trockenem Brot, während seine Eltern und seine ältere Schwester die nächsten zwei Wochen lang die Knochen abnagten. Zu ihrer Reaktion auf diesen Hungerstreik gibt es keinerlei Aufzeichnungen, aber höchstwahrscheinlich musste es ihnen ziemlich verschroben vorgekommen sein. Immerhin war ein willentlicher Nahrungsverzicht aus Prinzip zu jener Zeit eine recht erstaunliche Entscheidung – besonders für einen Jungen, der in Amerikas Grenzland geboren worden und aufgewachsen war.
    Andererseits war Abe Lincoln schon immer anders gewesen.
    Amerika steckte noch in den Kinderschuhen, als der zukünftige Präsident am 12. Februar 1809 geboren wurde, gerade einmal dreiunddreißig Jahre nach der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung. Viele der tragenden Figuren der Amerikanischen Revolution, wie Robert Treat Paine, Benjamin Rush und Samuel Chase, waren noch am Leben. John Adams und Thomas Jefferson würden ihre turbulente Freundschaft erst drei Jahre später wieder aufnehmen und erst siebzehn Jahre später – erstaunlicherweise an ein und demselben Tag – sterben. Am 4. Juli.
    Diese ersten Jahrzehnte Amerikas waren scheinbar von beständigem Wachstum und unbegrenzten Möglichkeiten geprägt. Zu der Zeit, als Abe Lincoln geboren wurde, waren die Bewohner von Boston oder Philadelphia Zeugen geworden, wie ihre Städte in weniger als zwanzig Jahren auf ihre doppelte Größe anschwollen. In derselben Zeit verdreifachte sich die Einwohnerzahl von New York. Die Städte wurden lebendiger, und die Geschäfte florierten. »Für jeden Bauern gibt es zwei Herrenausstatter und für jeden Hufschmied ein Opernhaus«, spottete Washington Irving in seiner New Yorker Zeitschrift Salmagundi .
    Aber im gleichen Maße, wie die Städte wuchsen, nahmen auch die Gefahren zu. Wie die Menschen in London, Paris und Rom hatten sich auch Amerikas Städter an eine gewisse Kriminalitätsrate gewöhnt. Am häufigsten kam es zu Diebstählen. Ohne Datenbanken mit Fingerabdrücken oder Kameras, die abschreckend wirken konnten, wurden Diebe einzig von ihrem Gewissen und dem Grad ihrer Gerissenheit gebremst. Überfälle auf offener Straße waren kaum eine Erwähnung in der Lokalzeitung wert, es sei denn, das Opfer war eine Persönlichkeit von Rang und Namen.
    Noch immer kursiert die Geschichte von einer alten Witwe namens Agnes Pendel Brown, die mit ihrem langjährigen Butler, der fast genauso alt war wie sie selbst und darüber hinaus auch noch taub wie ein Stein, in einer dreistöckigen Stadtvilla in der Amsterdam Avenue lebte. Am 2. Dezember 1799 zogen sich Agnes und ihr Butler in ihre Schlafgemächer zurück – er im Erdgeschoss und sie im dritten Stock – , und als sie am nächsten Morgen wieder erwachten, war jedes einzelne Möbelstück, jedes Kunstwerk, jedes Gewand, das gesamte Geschirr und alle Kerzenständer (inklusive der Kerzen) verschwunden. Das Einzige, was die leichtfüßigen Einbrecher zurückgelassen hatten, waren die beiden Betten, in denen die Dame des Hauses und ihr Butler schliefen.
    Dann waren da noch die Gelegenheitsmorde. Vor dem Unabhängigkeitskrieg war die Mordrate in Amerikas Städten ausgesprochen niedrig gewesen. Zwar gibt es keine exakten Zahlen dazu, aber eine Auswertung von drei Bostoner Tageszeitungen aus den Jahren 1775 bis 1780 hat die Erwähnung von nur elf Mordfällen ergeben, von denen zehn unverzüglich aufgeklärt werden konnten. Die meisten davon waren sogenannte Ehrenmorde, wie Duelle oder Familienfehden. In den seltensten Fällen ist es dabei überhaupt zu einer strafrechtlichen Verfolgung gekommen. Die Gesetze im frühen neunzehnten Jahrhundert waren noch recht vage formuliert, und ohne
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