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Abraham Lincoln - Vampirjäger

Abraham Lincoln - Vampirjäger

Titel: Abraham Lincoln - Vampirjäger
Autoren: Seth Grahame-Smith
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nennenswerte Staatsmacht wurden sie nur lax durchgesetzt. Erwähnenswert ist, dass die Tötung eines Sklaven ungeachtet der Umstände nicht als Mord, sondern als »Zerstörung fremden Eigentums« galt.
    Doch unmittelbar nach Amerikas Unabhängigkeit kam es zu einer seltsamen Entwicklung. Die Mordrate in den Städten stieg beinahe über Nacht dramatisch an. Anders als die Ehrenmorde zuvor geschahen die neuen Verbrechen scheinbar willkürlich. Sie erschienen völlig sinnlos. Zwischen 1802 und 1807 gab es allein in New York unglaubliche zweihundertvier ungeklärte Mordfälle. Morde ohne Zeugen, ohne Motiv und oftmals sogar ohne erkennbare Todesursache. Da die Ermittler, meist Freiwillige ohne jegliche Qualifikation, keine Protokolle führten, stammen die einzigen überlieferten Anhaltspunkte aus einer Handvoll verblichener Zeitungsartikel. Insbesondere einer dieser Berichte aus dem New York Spectator beschreibt die Panik, die sich bis Juli 1806 in der Stadt breitgemacht hatte:
    Während seines Morgenspaziergangs stieß ein Mr. Stokes aus der Tenth Street zufällig auf das arme Opfer, eine Mulattin. Der Finder der Leiche bemerkte, dass sie die Augen weit aufgerissen hatte und ihr Körper ganz steif, wie von der Sonne ausgedörrt, wirkte. Ein Polizist namens McLeay berichtete, dass kein Tropfen Blut bei der armen Seele gefunden wurde, auch nicht auf ihrer Kleidung, und dass ihre einzige Verletzung eine kleine Wunde am Handgelenk darstellte. Sie ist das vierundvierzigste Opfer in diesem Jahr, das ein solches Ende findet. Der ehrenwerte Bürgermeister Dewitt Clinton rät allen anständigen Bürgern respektvoll zu erhöhter Wachsamkeit, bis der Schurke gefasst ist. Frauen und Kinder werden dringend gebeten, sich nur in Begleitung eines Herrn auf offener Straße zu bewegen, und Herren sind aufgefordert, sich nach Einbruch der Dunkelheit mindestens in Zweiergruppen zusammenzuschließen.
    Die Szene gleicht auf unheimliche Weise Dutzenden anderen Berichten aus jenem Sommer. Keine erkennbare Gewalteinwirkung. Kein Blut. Nur weit aufgerissene Augen und ein steifer, fast wie ausgedörrter Körper. Das Gesicht zu einer Maske des Entsetzens verzerrt. Und noch ein Muster ergab sich: Die Opfer waren entlassene Sklaven, Landstreicher, Prostituierte, Reisende und Geisteskranke – alles Menschen, die wenig oder nichts mit der Stadt verband, die keine Familien hatten und deren Ermordung keinen wütenden Mob auf den Plan rufen würde, der nach Vergeltung lechzte. Und nicht nur New York war betroffen. In jenem Sommer erschienen ganz ähnliche Artikel auch in den Zeitungen von Boston und Philadelphia, und ähnliche Gerüchte machten auch dort unter der verängstigten Bevölkerung die Runde. Es war die Rede von geheimnisvollen Geisteskranken und ausländischen Spionen.
    Und es war sogar die Rede von Vampiren.
    II
    Die Sinking Spring Farm, Abraham Lincolns Geburtsort, war so weit von New York entfernt, wie man im frühen neunzehnten Jahrhundert in Amerika nur gelangen konnte. Trotz ihres Namens bestanden die dreihundert Morgen Land hauptsächlich aus einem Waldgebiet, und der steinige Boden in Kentucky machte die Aussicht auf eine Rekordernte unwahrscheinlich. Der einunddreißigjährige Thomas Lincoln hatte das Land gegen einen Schuldschein erworben, kurz bevor Abe geboren worden war. Als gelernter Zimmermann hatte er schnell eine einfache Hütte auf seinem neu erworbenen Land errichtet. Sie maß insgesamt achtzehn auf zwanzig Fuß und hatte einen harten Fußboden aus gestampfter Erde, der sich das ganze Jahr über kalt anfühlte. Wenn es regnete, tropfte das Wasser eimerweise durchs Dach herein. Wenn der Wind heulte, zog es durch die Ritzen in den Wänden. In diesen bescheidenen Verhältnissen an einem milden Sonntagmorgen kam der künftige, sechzehnte Präsident der Vereinigten Staaten zur Welt. Es heißt, er habe nicht geweint, als er geboren wurde, er soll seine Mutter nur fragend angesehen und sie dann angelächelt haben.
    Abe sollte später keinerlei Erinnerung an Sinking Spring haben. Als er zwei Jahre alt war, kam es zu einem Streit über das Land, auf dem die Lincolns lebten, also zog Thomas mit seiner Familie auf die zehn Meilen nördlich gelegene und kleinere, aber fruchtbarere Knob Creek Farm. Trotz des viel besseren Bodens bestellte Thomas, der ein gutes Leben hätte haben können, wenn er Getreide an die umliegenden Siedler verkauft hätte, nur weniger als einen Morgen Land.
    Er war ein ungebildeter und träger Mann, des Lesens
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