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Abraham Lincoln - Vampirjäger

Abraham Lincoln - Vampirjäger

Titel: Abraham Lincoln - Vampirjäger
Autoren: Seth Grahame-Smith
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aufhört, Gott zu lieben und zu preisen. »Er hätte Priester werden können«, schrieb ein Freund aus Kindertagen Jahre später in einem Wahlflugblatt, »wenn das Leben es besser mit ihm gemeint hätte.«
    Knob Creek Farm war selbst für das frühe neunzehnte Jahrhundert ein unwirtlicher Ort. Im Frühjahr gab es oft heftige Gewitter, durch die die Bucht überspült wurde und die die Ernte in ein einziges Schlammfeld verwandelten. Im Winter verschwand alle Farbe aus der Landschaft, und die Bäume wurden zu knorrigen Fingern, die im Wind knarzend aneinanderstießen. Von dort rührten viele von Abes frühen Kindheitserinnerungen: Fangenspielen mit seiner älteren Schwester Sarah zwischen Blaueschen und Hickorybäumen, sommerliche Ausritte auf dem Rücken eines Ponys, Holzhacken an der Seite seines Vaters. Aber dort erlebte er auch den ersten von vielen Verlusten in seinem Leben.
    Als Abe drei Jahre alt war, gebar Nancy einen Jungen, der Thomas getauft wurde wie sein Vater. Dieser freute sich zweifelsohne bereits auf den Tag, an dem er die tägliche Arbeit mit zwei kräftigen Söhnen würde teilen können. Aber dieser Traum war nur von kurzer Dauer, denn das Kind starb, noch bevor es einen Monat alt war. Darüber schrieb Abe zwanzig Jahre später, ehe er zwei seiner eigenen Söhne zu Grabe tragen musste:
    An meinen eigenen Kummer erinnere ich mich nicht mehr. Wahrscheinlich war ich noch zu jung, um die Bedeutung und die Unwiderruflichkeit des Ereignisses zu begreifen. Aber niemals werde ich die Qualen meiner Eltern vergessen. Es wäre vergeblich, auch nur zu versuchen, sie zu beschreiben. Es war eine Form des Leidens, dem Worte nicht gerecht werden können. Ich kann nur sagen, ich vermute, dass es sich um jene Form von Schmerz handelte, von der man sich nie wieder ganz erholt. Eine Art schleichender Tod.
    Woran genau Thomas Lincoln junior starb, ist heute nicht mehr feststellbar. Weit verbreitete Todesursachen waren damals Flüssigkeitsmangel, Lungenentzündung oder Unterernährung. Erbkrankheiten konnten erst über ein Jahrhundert später erkannt und diagnostiziert werden. Selbst bei besseren Lebensbedingungen lag die Säuglingssterberate im frühen neunzehnten Jahrhundert bei über zehn Prozent.
    Thomas senior zimmerte einen kleinen Sarg und begrub seinen Sohn gleich neben der Wohnhütte der Familie. Ein Grabstein ist nicht erhalten. Nancy nahm sich zusammen und widmete sich liebevoll ihren übrigen Kindern – und ganz besonders Abe. Sie bestärkte ihn in seiner unstillbaren Neugier, in seiner angeborenen Wissbegierde, was Geschichten, Namen und Fakten betraf, und in seiner unermüdlichen Freude daran, das Gelernte immer und immer wieder aufzusagen. Die Einwände seines Vaters missachtend, begann sie, Abe noch vor seinem fünften Lebensjahr Lesen und Schreiben beizubringen. »Vater sah keinerlei Nutzen in Büchern«, erinnerte er sich Jahre später, »außer darin, sie zu verbrennen, wenn das Feuerholz knapp wurde.« Obwohl davon nichts überliefert ist, ist doch anzunehmen, dass Nancy die besondere Begabung ihres Sohnes spürte. Sicher war sie entschlossen, ihm den Weg in ein besseres Leben zu weisen, als es für sie selbst und ihren Mann bestimmt war.
    Der Cumberland Trail, eine der ersten befestigten Landstraßen der Vereinigten Staaten, führte direkt an der Knob Creek Farm vorbei. Er stellte die Hauptverbindung zwischen Louisville und Nashville dar, und die unterschiedlichsten Menschen passierten sie täglich in beide Richtungen. Der fünfjährige Abe saß oft stundenlang auf dem Zaun und lachte über den Fahrer des Zuckerrübenwagens, der immer lauthals sein Maultier verfluchte, oder er winkte dem Postreiter zu, der hoch zu Ross an ihm vorbeigaloppierte. Manchmal sah er auch Sklaven, die zur nächsten Auktion gebracht wurden:
    Ich erinnere mich, einen Pferdewagen voll mit Negern gesehen zu haben. Es waren etliche. Alles Frauen jeden Alters. Sie waren … an den Handgelenken gefesselt und am Karren festgebunden, ohne dass auch nur eine Handvoll loses Heu ihnen die holprige Fahrt bequemer gemacht oder eine Decke sie vor der kalten Winterluft geschützt hätte. Die Fahrer dagegen saßen auf der gepolsterten Kutschbank und hatten sich in Wollumhänge eingewickelt. Mein Blick traf den des jüngsten Negermädchens, das in etwa so alt war wie ich selbst. Vielleicht fünf oder sechs. Ich muss gestehen, dass ich ihr nicht länger als einen Moment in die Augen sehen konnte, bevor ich mich abwenden musste – so
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