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About Ruby

About Ruby

Titel: About Ruby
Autoren: S Dessen
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er. »Warte! Denk an die Hundeklappe!«
    Doch es war zu spät. Roscoe, der sich mittlerweile von seinem Lager aufgerappelt hatte, hob bereits sein Bein   – an der Spülmaschine. Bevor ich ihn mir genauer anschauen konnte, war Jamie quer durch den Raum zu ihm gehechtet, sodass ich lediglich einen flüchtigen Blick auf das Tier erhaschte. Jamie packte ihn mitten beim Pinkeln, trug den tröpfelnden Hund zu den großen Doppeltüren gegenüber der Essecke und schubste ihn durch die kleine Klappe unten in der einen Türhälfte. Als er anschließend einen Blick zu Cora herüberwarf und ihre versteinerte Miene bemerkte, ging er ebenfalls hinaus. Die Tür schloss sich mit einem vernehmlichen Geräusch hinter ihm.
    Cora legte eine Hand an ihre Stirn und schloss dieAugen. Kurz fragte ich mich, ob ich jetzt wohl irgendetwas sagen sollte. Doch sie schob bereits ihren Stuhl zurück, schnappte sich die Rolle Küchentücher, die Jamie auf der Arbeitsfläche liegen gelassen hatte, und verschwand, sich bückend, hinter der Küchentheke. Ich hörte, wie sie aufwischte, was Roscoe unter sich gelassen hatte.
    Mir war klar, dass ich ihr meine Hilfe hätte anbieten sollen. Aber wie ich da so allein am Tisch saß, war ich immer noch völlig geplättet angesichts der Vision von mir selbst an der Perkins Day Highschool. Als würde es reichen, mich in ein schickes Haus und an einer schicken Schule abzusetzen   – und schon wäre alles wieder okay mit mir, wäre ich quasi »repariert«. Genauso wie Cora sich selbst aus dem Sumpf gezogen hatte, als sie meine Mutter und mich vor Jahren im Stich ließ. Aber wir waren nicht ein und dieselbe Person, damals nicht und heute erst recht nicht.
    Ich spürte, wie sich mein Magen verkrampfte, hob die Hand und umschloss den Schlüssel an der Kette um meinen Hals mit den Fingern. Dabei fiel mein Blick zufällig auf meine Armbanduhr, auf deren Zifferblatt sich das Deckenlicht spiegelte. Und ich merkte, dass ich sofort ruhiger wurde. Mich entspannte.
Fünf Stunden, fünfzehn Minuten
, dachte ich. Nahm die Gabel wieder auf und aß meinen Teller leer.
    ***
    Fünfzig lange Minuten und sechs noch längere Stunden später begann ich mich zunehmend beunruhigt zu fragen, ob mein Schwager   – der Netteste-Kerl-auf-der-ganzen-Welt sowie Freund-aller-inkontinenten-Kreaturen   – zusätzlich zu allem anderen nie schlafen ging. Ich hatte sie eher als Frühschläfer eingeschätzt und war deshalb um halb zehnauf mein Zimmer, also »ins Bett« gegangen. Tatsächlich hörte ich vierzig Minuten später, wie Cora die Treppe heraufkam und an meinem Zimmer vorbei zu ihrem lief, das am entgegengesetzten Ende des Flurs lag. Um Punkt elf machte sie das Licht aus; von da an rechnete ich jede Minute damit, dass Jamie sich im Schlafzimmer zu ihr gesellte. Doch nichts dergleichen. Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, im unteren Stockwerk brannten inzwischen sogar noch mehr Lampen als vorher; ihr Schein fiel schräg durch die Fenster auf den Rasen. Und dabei gingen in den Häusern um uns herum allmählich alle anderen Lichter aus.
    Mittlerweile wartete ich bereits seit fast vier Stunden. Ich wollte kein Licht machen, da ich mich ja angeblich schon Stunden zuvor schlafen gelegt hatte, deshalb lag ich im Dunkeln auf dem Bett, die Hände über dem Bauch zusammengefaltet, und fragte mich, was Jamie verflucht noch mal da unten eigentlich trieb. Ehrlich gesagt, unterschied sich meine Situation in dem Moment nicht sonderlich von jener Nacht vor ein paar Wochen, als in dem gelben Haus vorübergehend der Strom ausgefallen war. Allerdings hatte ich dort wenigstens eine kleine Shisha rauchen oder ein paar Bier trinken können, um die Sache etwas spannender zu gestalten. Hier dagegen umgaben mich bloß die Dunkelheit sowie das Geräusch der Heizung, die sich in unregelmäßigen Abständen aus- und wieder anschaltete (zu dem Schluss, dass die Abstände unregelmäßig waren, gelangte ich nach ausführlicher empirischer Beobachtung, indem ich ihre Länge stoppte); außerdem konnte ich mir die Zeit dadurch vertreiben, Erklärungen für das seltsame, flimmernde Leuchten zu finden, das vom anderen Ende des Gartens her durch die Fenster zu mir drang. Nach Erwägung aller Möglichkeiten pendelte ich schließlich nur noch zwischen zweien hin undher: Entweder handelte es sich um Aliens oder um irgendein abgefahrenes neo-vorstädtisches Himmelsphänomen. Mitten in diese Überlegungen hinein passierte allerdings plötzlich etwas: Die Lichter im
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