Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig

Titel: Abgründe der Macht - Roman über einen Sachsenkönig
Autoren: Robert Gordian
Vom Netzwerk:
nicht verwunden, Tammo? Wozu soll es gut sein, dass du dich quälst und weiter hinauf starrst zu den Früchten, die nun einmal für dich zu hoch hängen?“
    „Ich bin und bleibe der älteste Sohn König Heinrichs!“
    „Aber seit er vor sieben Jahren seine Hausordnung verkündete, wusstest du, dass du nicht mehr sein Nachfolger werden konntest. Ich dachte, du hättest dich damit abgefunden. Froh sein kannst du, meine ich, dass du nicht als illegitim giltst.“
    „Das wäre zum Himmel schreiendes Unrecht. Meine Mutter war rechtmäßige Gemahlin!“
    „Der Bischof von Halberstadt war anderer Meinung.“
    „Natürlich. Weil der Kirche ihr reiches Erbe entging.“
    „Sie war Witwe und hatte bereits den Schleier genommen. Ich selbst war Zeuge der Zeremonie.“
    „Aber sie hatte noch nicht alle Gelübde abgelegt. Die Ehe war gültig! Nur meine Stiefmutter wollte sich nicht damit abfinden, damit ihre eigenen Söhne bevorzugt wurden.“
    |23| „Wir wollen der hohen Frau Mathilde nicht Unrecht tun“, sagte der alte Markgraf tadelnd. „Sie konnte doch nichts dafür, dass damals dein Vater und vor allem dein Großvater nach einer noch reicheren Braut Ausschau hielten. Ich brachte, wie du weißt, deine Mutter ins Kloster zurück und erinnere mich, dass sie sehr gefasst war. Ihre Vorwürfe galten nur deinem Vater, nicht ihrer unschuldigen Nachfolgerin. Die war ja erst vierzehn Jahre alt, ein verschüchtertes kleines Mädchen, von Nonnen erzogen, vollkommen fremd in der Welt.“
    „Es dauerte aber nicht lange, bis sich das verschüchterte kleine Mädchen gut in der Welt zurechtfand“, sagte Thankmar mit bitterem Spott. „Und da missfiel es ihr sehr, dass es darin einen wie mich gab.“
    „Ich bitte dich, Tammo, Frau Mathilde, wenn sie das nächste Mal von Quedlinburg zu uns herüber kommt, nicht wieder durch Reden und Anspielungen zu reizen. Bedenke, sie hat als Königinmutter nach wie vor großen Einfluss. Ich verstehe, offen gesagt, noch immer nicht“, fuhr er nach kurzem Schweigen fort, „warum sie sich die Krönung entgehen ließ. Ihr Ältester erhielt die Krone des Reiches, alle Großen waren da und feierten ein Fest, aber sie kam hierher und besucht ihren Zweiten, den Heinrich.“
    „Das hat zwei Gründe, Onkel. Der eine: Sie steht nun im Schatten von Oddas Frau Edgith, der neuen Königin, der Angelsächsin. Als Mutter des Königs nur die Zweite zu sein ist ihr aber zuwider – so zieht sie sich lieber ganz zurück. Der andere Grund: Sie kam, um ihren Hätschelbengel zu trösten.“
    „Trost hatte er nötig, das ist wahr“, stimmte der alte Markgraf zu. „Dass sein Bruder ihn von der Krönung ausschloss und mir strengen Befehl gab, ihn nicht von hier fortzulassen, hatte ihn schwer getroffen. Mal wütete er und stieß Drohungen aus, dann wieder weinte er … es war nichts mit ihm anzufangen. Als seine Mutter kam, beruhigte er sich ein bisschen. Freilich beging sie wieder den Fehler, ihm einzureden, dass eigentlich er der Bessere sei und die Krone verdiente. Aber sie macht ja auch sonst kein Geheimnis daraus: Viel lieber hätte sie ihn auf dem Thron gesehen als Otto.“
    „So ist es, sie kann ihren ältesten Sohn fast ebenso wenig leiden wie mich, ihren Stiefsohn“, sagte Thankmar. „Wie hat sie sich mit meinem Vater gestritten und immer wieder verlangt, er solle den Herzögen den ‚Purpurgeborenen‘ empfehlen. Ihren Purpurgeborenen! |24| Das habe ich selber von ihr gehört, zuletzt noch in Erfurt, beim Hoftag. Der Alte lag im Bett, man hatte ihn gerade zur Ader gelassen. Die Schüssel mit Blut stand noch da. Odda und ich standen auch herum, weil wir dachten, er stürbe. Plötzlich rauscht sie herein mit einem Schwarm von Bischöfen und Äbten. Am Tag zuvor hatte er Odda der Reichsversammlung empfohlen und nun verlangte sie, er solle die Empfehlung zugunsten Heinrichs zurücknehmen. Rannte auf und ab, rang die Hände, behauptete, Gott würde ihn strafen. Odda packte sie schließlich am Arm und schob sie hinaus. Vater blieb unnachgiebig, aber glaub mir, Onkel, das hat ihn mehr Kraft gekostet als die Schlacht bei Riade gegen die Magyaren.“
    „Ich kann nicht finden, dass Heinrich geeigneter wäre“, bemerkte Markgraf Siegfried nachdenklich. „Er ist schlau, hat gute Anlagen, und – auch das muss man zugeben – er wäre der schönste König, der je regierte. Aber er ist gerade erst siebzehn Jahre alt. Ich erinnere mich nur mit Unbehagen an die Zeit, als das Kind regierte, Ludwig der Vierte, der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher