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Abgetaucht

Abgetaucht

Titel: Abgetaucht
Autoren: Andreas Schlueter , Irene Margil
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beruhigend auf Thuys Vater einzuwirken. Vergeblich. Selbst ihr, die großes Talent
     zum Schlichten hatte, gelang es nicht, die Schimpftiraden zu stoppen.
    Sein Kopf war inzwischen knallrot angelaufen. Nun brüllte er auch Linh an.
    Obwohl sie kein einziges Wort verstand, begriff Ilka, weshalb Thuy es hatte vermeiden wollen, ihrem Vater von dem Unfall zu
     erzählen.
    Endlich ergriff der Sanitäter die Initiative, stellte sich zwischen Thuy und ihren Vater, hob schützend die Hände und brüllte
     den Vater seinerseits an: »Na, hören Sie mal. Ihre Tochter wäre beinahe ertrunken und Sie stauchen sie hier zusammen!«
    Der Sanitäter wusste nicht, ob der Vater ihn verstand. Deshalb benutzte er ein Wort, das man auf der ganzen Welt versteht.
    »Pssssst!« Er stellte sich vor Thuys Vater, legte beide Hände sachte auf seine Brust und wiederholte immer wieder in ruhigem
     Ton: »Pssssst!« Wie eine Maschine, die endlos die gleichen Töne wiedergibt. Thuys Vater begriff nicht, was da vor sich ging,
     unterbrach aber seinen Redeschwall.
    Ilka dagegen durchschaute sofort, was der Sanitäter tat. Sie wusste von ihren Rettungskursen, warum er auf diese Art versuchte,
     Thuys Vater zu besänftigen.
    Vermutlich war er in eine Art Schockzustand geraten, als ihm klar wurde, in welcher Gefahr seine Tochter gewesen war. Er verschaffte
     sich mit seinen endlosen Beschuldigungen Luft, nachdem ihm der Atem aus Angst um seine Tochter gestockt hatte.
    »Psssssst!«, wiederholte der Sanitäter immer noch. Sein Eingreifen zeigte Wirkung.
    Thuys Vater stand still, als der Sanitäter seine Hände wieder löste. »Ihre Tochter ist gerettet. Es ist nichts passiert!«,
     stellte der noch mal klar. »Nichts passiert!«
    Linh übersetzte.
    Der Vater senkte den Kopf.
    »Haben Sie das verstanden?«, hakte der Sanitäter nach.
    Linh übersetzte.
    Der Vater nickte.
    Thuy stellte sich dicht neben ihren Vater und griff seine Hand. Sie flüsterte ihm etwas ins Ohr und der Vater beruhigte sich
     endlich. Von einem Moment zum anderen schien er wie verwandelt. Still und demütig bedankte er sich mit einer tiefen Verbeugung
     erst beim Sanitäter, danach gab er Ilka, Linh und Michael nacheinander die Hand. Anschließend legte er seinen Arm auf Thuys
     Schulter und verneigte sich vor allen. Dabei kullerte eine Träne über sein Gesicht.
    »Schon gut«, murmelte der Sanitäter. »Ich brauche jetzt noch ein paar Daten.«
    Als mit Linhs Hilfe alles geklärt war, drückten Linh, Ilka und Michael Thuy herzlich, wünschten ihr alles Gute und Linh flüsterte
     ihr noch eine Einladung ins Ohr, doch mal bei ihrem Camp vorbeizukommen. Zum Beispiel zur Party am selben Abend.
    Thuy nickte dankbar und flüsterte: »Wir zeltenauch auf dem Platz, am oberen Ende. Aber heute lässt mich mein Vater bestimmt nicht noch mal aus den Augen.«
     
    Nach dieser großen Aufregung genoss Ilka es, einfach im Gras zu liegen und an nichts zu denken. Es blieb noch genügend Zeit
     bis zum Abend, sodass Ilka wirklich in Ruhe abschalten konnte. Sie hatte den Blick in den Himmel gerichtet und betrachtete
     die Wolken. Ilka liebte es, Figuren in den Wolken zu erkennen.
    Jabali wusste das. Er sah Ilka, legte sich neben sie und schon erzählte Ilka ihm, was sie sah: »Ein Kamel mit Hut!« Sie zeigte
     auf das weiße Gebilde direkt über ihnen.
    Jabali lachte auf, betrachtete sich die Wolke dann aber ganz genau und kam zu dem Schluss: »Wenn schon, dann umgekehrt! Ein
     Hut mit Kamel!«
    »Schau mal, das Kamel verliert den Hut!«, blieb Ilka bei ihrer Darstellung, die Jabali wiederum umkehrte: »Nein, der Hut verliert
     das Kamel.«
    »So ein Blödsinn«, fand Ilka, unterbrach sich dann aber und warnte: »Achtung! Kamel auf zwei Beinen!«
    Vor ihnen stand Frauke, breitbeinig mit den Händen in der Hüfte, und sagte: »Ich dachte, wir wiederholen unseren kleinen Wettkampf
     heute noch. Oder willst du dich drücken?«
    »Kamel ohne Augen und Ohren!«, teilte Ilka Jabali beiläufig mit, bevor sie sich langsam zu Frauke umdrehte. »Oder wie sonst
     willst du mir erklären, dass du von dem Unfall weder etwas gesehen noch gehört hast? Ich habe mir die Kehle rausgeschrien,
     aber du bist einfach weitergeschwommen!«
    »Ich hab dir schon gesagt, dass ich nichts gehört habe«, beteuerte Frauke. »Aber ich glaube, du willst dich nur drücken, weil
     du weißt, dass ich gewinnen würde. Du lagst ja ganz schön weit zurück.«
    »Und Kamel ohne Hirn«, sagte Ilka zu Jabali.
    »Da stimmt was nicht!«,
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