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Abgebrezelt

Abgebrezelt

Titel: Abgebrezelt
Autoren: Nina Schmidt
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und wir gehen in die Küche, wo wir uns an meinen kleinen Tisch setzen.
    »Jessi, versprechen kann ich dir nichts, aber ich dachte, dass es vielleicht einen Versuch wert ist.«
    Ich schaue ihm direkt in die Augen, was er wahrscheinlich nicht bemerkt, weil ich die riesige Sonnenbrille auf habe. Dann frage ich ihn:
    »Woher der Sinneswandel? Das letzte Mal, als wir uns gesehen haben, wolltest du mich noch anzeigen.«
    »Und zwar nicht zu Unrecht, Jessica!« Es ist interessant, wie er meinen Vornamen variiert, mal bin ich »Jessi«, mal »Jessica«. Das erinnert mich an meinen Vater, der immer »Mäuschen« gesagt hat, wenn alles in Ordnung war, und »Fräulein!«, wenn er was zu meckern hatte.
    »Es war echt blöd von dir, meine Garage zu beschmieren und meine Patienten zu verschrecken.«
    »Bist du jetzt gekommen, um mir Vorwürfe zu machen, oder willst du mir helfen?«
    »Ich will dir helfen, und zwar weil ich einsehe, dass ich eine gewisse Mitschuld trage.«
    »Das heißt, du gibst zu, einen Fehler gemacht zu haben?«
    »Nun ja, Fehler … «
    »Gibst du zu, einen Fehler gemacht zu haben?«
    Ich glaube, ich bewerbe mich demnächst bei Staranwalt Rolf Bossi.
    »Also … «
    »Gibst du es zu?«
    »Mein Gott, wenn du darauf bestehst, gebe ich zu, auch einen Fehler gemacht zu haben. Zufrieden?«
    »Und, tut es dir leid?«
    »Natürlich tut es mir leid! Aber das rechtfertigt trotzdem nicht, dass du –«
    »Ha! Na also!«, rufe ich begeistert.
    »Können wir anfangen?« Er fühlt sich sichtlich unwohl in seiner Haut und meiner Küche.
    »Von mir aus!«
    Er holt ein kleines Fläschchen aus seiner Tasche, steht auf, kommt um den Tisch rum, beugt sich zu mir runter und nimmt mir die Sonnenbrille vorsichtig ab. Ich nehme gleichzeitig die Baseballkappe vom Kopf und ziehe das Halstuch runter.
    »Aber … « Er guckt wie ein Eichhörnchen, dem man gerade die letzte Nuss vor einem harten Winter geklaut hat, » … warum lässt du mich hier antanzen, obwohl es dir wieder gutgeht?«
    Seine Halsschlagader schwillt bedenklich an.
    »Weil ich einmal im Leben von dir hören wollte, dass du einen Fehler gemacht hast und es dir leidtut. Und jetzt noch einen schönen Tag, ich hab zu tun!«
    Er schaut mich an, und ich kann überhaupt nicht einschätzen, was als Nächstes passiert. Die Spannung zwischen uns ist unfassbar groß und wenn man eine Glühbirne zwischen uns hielte, würde diese sofort anfangen zu leuchten. Der Zustand dauert ein paar Sekunden an, dann entspannt sich Rolands Gesichtsausdruck wieder, und die Halsschlagader schwillt wieder ab. Er steht auf und nimmt seine Arzttasche: »Gut. Dann … ich bin wirklich froh, dass es dir wieder bessergeht!«
    Er zieht langsam seine Jacke an, und wie er da so steht in meiner Küche mit seiner Arzttasche und ohne diesen blöden distanzieren Arztton, glaube ich ihm das auch. Ganz kurz sehe ich wieder den Mann, in den ich mich vor Jahren mal verliebt habe. Aus einem Reflex heraus nehme ich ihn in den Arm und drücke ihn. Er steht zunächst da wie ein toter Fisch, den man zum Grillen auf einen Stock gezogen hat, entspannt sich aber nach wenigen Sekunden und erwidert meine Umarmung ein kleines bisschen, indem er mit seiner Hand minimalen Druck auf mein rechtes Schulterblatt ausübt. Plötzlich und unerwartet ist mein Hass auf diesen Mann verflogen, und ich habe das Gefühl, dass ich die ganze Geschichte hinter mir lassen muss.
    »Roland, ich verzeihe dir!«, sage ich großmütig.
    »Du verzeihst mir? Ich denke, ich müsste, wenn, dir verzeihen.«
    »Dass du aber auch immer so stur sein musst!«
    »Wieso, wer hat mich denn betrogen, mit diesem … diesem Jens?«
    »Ha! Wusst’ ich’s doch! Doch noch die alte Geschichte!«
    Roland grinst frech.
    »War nur Spaß! Von mir aus können wir gerne Frieden schließen. Aber nur wenn du mir versprichst, nie wieder eine Sprühdose in die Hand zu nehmen.«
    »Nur wenn du mir versprichst, kein Botox mehr zu spritzen.«
    »Das mach ich sowieso nicht mehr! Die Geschichte mit dir hat mir echt gereicht! Noch so eine Patientin überleb ich nicht.«
    »Gut! Dann sind wir uns ja einig.«
    Dann bringe ich ihn zur Tür, und wir verabschieden uns. Als er schon auf der Treppe ist, rufe ich ihm hinterher: »Ach, äh … Roland?«
    Er dreht sich noch mal um und schaut mich an.
    »Ja?«
    »Sag mal, kannst du eigentlich auch Fett absaugen?«

DREIUNDDREISSIG  Paaaaaaaty!
    Es ist Samstag, 19:00 Uhr. Der Partyservice ist gerade gegangen, nachdem er das sündhaftteure
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