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Abenteurer sucht Frau fürs Leben

Abenteurer sucht Frau fürs Leben

Titel: Abenteurer sucht Frau fürs Leben
Autoren: NINA HARRINGTON
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sind in dieser Nacht schon drei Mal umgezogen und haben Patienten und alles, was wir retten konnten, in höhere Lagen gebracht. Aber sie sind schneller als wir. Die Dorfbewohner sind in die Berge geflohen.
    Wir sind alle völlig erschöpft. Also sitzen wir einfach da und warten auf das Unausweichliche. Wir sind zu müde, um zu reden.
    Ich frage mich, was Du in Kingsmede wohl gerade tust. Vielleicht arbeitest Du im Garten mit Lili an deiner Seite? Oder füllst Du die Welt mit Licht und Farbe in dem glücklichen Zuhause, das ich zurückgelassen habe? Es muss sehr hübsch sein, jetzt im Sommer.
    Du hast einmal gesagt, dass unser Leben zu kostbar ist, um es an etwas zu verschwenden, das unser Herz nicht zu brechen vermag. Wie recht Du doch hast! Wie immer. Ich betrachte das Foto, das Du mir von der letzten Geburtstagsparty unseres kleinen Mädchens geschickt hast, und mir bricht das Herz. Es ist zu schmerzhaft. Das Team erwartet von mir, dass ich es heil hier herausbringe. Ich denke, Du bist der einzige Mensch auf dieser Welt, der weiß, dass ich gar nicht tun könnte, was ich hier tue, ohne Euch beide zu Hause in Sicherheit zu wissen.
    Du bist mein Ein und Alles. Mein Fels in der Brandung. Ohne meine Familie hätte ich nicht die Kraft, diesen Leuten hier zu helfen. Ihr seid diejenigen, die es mir ermöglichen. Und ich weiß, dass Ihr den Preis dafür zahlt.
    In der Klinik hat jemand einen Gedichtband vergessen. Darin steht: ‚Wenn Du jemanden liebst, lass ihn gehen. Kommt er zu Dir zurück, war er immer Dein. Tut er es nicht, war er es nie.‘
    Du bist stark genug, um mich gehen zu lassen. Immer und immer wieder.
    Ich lege diesen Brief in meine Arzttasche. Wenn mir etwas zustößt, schickt ihn vielleicht jemand ab. Küss unser kleines Mädchen von mir. Ich liebe Euch beide. Vergiss das nie.
    Ruth Taylor Hamilton hatte diese Zeilen in Todesangst geschrieben, um ihren Angehörigen mitzuteilen, was sie dachte und fühlte, während sie auf das Eintreffen der Miliz wartete. Der Brief war nicht unterzeichnet. Nur ein feiner Tintenstrich ließ vermuten, dass sie am Weiterschreiben gehindert worden war.
    Lili lehnte sich auf dem Stuhl zurück und ließ ihren Tränen freien Lauf.
    Am Rand des Zitats stand in der Handschrift ihres Vaters vermerkt: verfasst von Khalil Gibran . Warum hatte er diesen Brief zwischen die Seiten seines Skizzenblocks anstatt in die Schachtel zu den anderen gelegt? Um ihn stets bei sich zu tragen und sich an diese große Liebe zu erinnern, die ein leidendes Herz wert war?
    Sie schloss die Augen und atmete tief durch. Es war mehr als das. Ihr Vater hatte sein eigenes Glück geopfert, um seiner Frau eine stabile Basis zu bieten, zu der sie jederzeit zurückkehren konnte. Er hatte sie immer und immer wieder gehen lassen – in der Hoffnung, dass sie zu ihm zurückkehrte. In der Überzeugung, dass sie zusammengehörten, und im Wissen, dass ihre Liebe fähig war, ihnen beiden die Herzen zu brechen. Er war mit ihr verheiratet geblieben, weil sie ihn gebraucht hatte.
    „Lili? Was hast du denn?“ Emma war in das Atelier gekommen und starrte sie besorgt an. „Was ist passiert, mein Kind?“
    „Meine Mutter hat zu viel Zeit mit ihren Missionen verbracht, und Dad war so einsam. Ich habe immer geglaubt, dass er es bereut, mit einer Frau verheiratet zu sein, die nicht bei uns sein will, aber da habe ich mich geirrt.“ Lili starrte auf das Blatt Papier und blinzelte die Tränen fort, damit sie die blassblauen Worte erkennen konnte, die vor so vielen Jahren geschrieben worden waren. „Ich war so dumm! Dad hat Mum so sehr geliebt, dass er bereit war, sie gehen zu lassen. Selbst wenn sie ihm dadurch das Herz gebrochen hat. Ich verstehe jetzt erst, wie kostbar ihre Liebe war.“
    „Aber natürlich! Ruth und Tom ergänzten einander wie zwei Seiten einer Medaille.“ Emma drehte sich zu dem Porträt über dem Kamin um. „Du musst dir nur dieses Gemälde ansehen, um zu wissen, was er für sie gefühlt hat. Dein Vater war ein cleverer Mann. Er wusste, dass ein gewöhnlicher Job in Kingsmede sie niemals ausgefüllt hätte, und er war bereit, Opfer zu bringen, damit sie glücklich sein konnte. Jedes Mal, wenn sie das Haus verlassen hat, hat er unheimlich gelitten. Aber die Liebe zueinander hat ihn aufrecht erhalten – ja, eigentlich sie beide, denn sie hat für ihn ebenso empfunden. Sie haben einander wirklich angebetet.“ Sie wandte sich von dem Gemälde ab und neigte nachdenklich den Kopf zur Seite. „Aber ich
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