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Abendstern - Roman

Abendstern - Roman

Titel: Abendstern - Roman
Autoren: Nora Roberts
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Asche gelegt hätte. Sie war fast perfekt kreisförmig, umgeben von Eichen und dem Gestrüpp von Beerensträuchern. In der Mitte war ein einzelner Felsblock, der etwa einen halben Meter aus der Erde ragte und oben abgeflacht war wie ein kleiner Tisch.
    Manche sagten auch Altar dazu.
    Die Leute sagten aber auch, der Heidenstein sei einfach
nur ein Stein, der aus der Erde ragte, und der Boden hätte die Farbe, weil sich dort Mineralien oder ein unterirdischer Wasserlauf, vielleicht sogar Höhlen befänden.
    Andere jedoch wiesen auf die ursprüngliche Ansiedlung Hawkins Hollow hin und auf die Nacht, in der dreizehn Personen genau auf dieser Lichtung bei lebendigem Leib verbrannt waren.
    Hexerei, sagten einige, und andere sprachen von Teufelsanbetung.
    Eine weitere Theorie war, dass eine Bande unfreundlicher Indianer sie getötet und ihre Leichen anschließend verbrannt hatte.
    Auf jeden Fall ragte der hellgraue Stein wie ein Monument aus der dunklen Erde.
    »Wir haben es geschafft.« Fox ließ Rucksack und Tasche zu Boden sinken und vollführte einen kleinen Freudentanz um den Stein herum. »Ist das cool? Ist das cool? Niemand weiß, wo wir sind. Und wir haben die ganze Nacht Zeit, um alles zu tun, was wir wollen!«
    »Alles, was wir mitten im Wald tun wollen«, fügte Cal hinzu. Ohne Fernseher oder Kühlschrank.
    Fox warf den Kopf in den Nacken und stieß einen weithin hallenden Schrei aus. »Siehst du? Keiner kann uns hören. Wir könnten von Mutanten oder Ninjas angegriffen werden, und keiner könnte uns hören.«
    Das, stellte Cal fest, beruhigte ihn nicht gerade. »Wir müssen Holz für ein Lagerfeuer sammeln.«
    »Der Pfadfinder hat recht«, erklärte Gage. »Ihr zwei sammelt Holz, und ich lege das Bier und die Coke-Dosen in den Bach, damit sie kühler werden.«

    Auf seine ordentliche Art organisierte Cal zunächst den Lagerplatz. Das Essen in eine Ecke, Kleidung in eine andere und auch die Werkzeuge auf einen eigenen Platz. Mit seinem Pfadfindermesser und dem Kompass in der Tasche machte er sich dann auf, um Zweige und kleine Äste zu sammeln. Die Dornenranken zwickten und kratzten ihn, als er sich hindurchdrängte, aber da er die Arme voller Holz hatte, bemerkte er nicht, dass ein paar Tropfen Blut am Rand des Kreises zu Boden fielen.
    Er merkte auch nicht, dass das Blut leicht brodelte, rauchte und von der ausgetrockneten Erde aufgesogen wurde.
    Fox stellte den Ghettoblaster an, und zu den Klängen von Madonna, U2 und Bruce Springsteen bauten sie das Zelt auf. Dann errichteten sie nach Cals Anweisungen den Holzhaufen, den sie allerdings, solange die Sonne noch schien, nicht anzündeten.
    Verschwitzt und schmutzig setzten sie sich auf den Boden und plünderten den Picknickkorb. Es hatte sich gelohnt, den schweren Korb die ganze Strecke über zu schleppen, dachte Cal, als das vertraute Essen seinen Bauch füllte.
    Satt und zufrieden legten sie sich anschließend auf den Rücken und schauten in den Himmel.
    »Glaubt ihr wirklich, dass diese Leute genau hier gestorben sind?«, fragte Gage.
    »Darüber gibt es Bücher in der Bücherei«, erwiderte Cal. »Aus ›unbekannter Ursache‹ ist hier ein Feuer ausgebrochen. Und dabei sind die Leute verbrannt.«
    »Warum waren sie denn gerade hier, an so einem komischen Ort?«

    »Wir sind doch auch hier.«
    Gage grunzte nur.
    »Meine Mom hat gesagt, die ersten Weißen, die hier gesiedelt haben, waren Puritaner.« Fox blies eine riesige rosa Blase mit dem Kaugummi, den er im Supermarkt gekauft hatte. »So eine Art radikale Puritaner. Sie haben hier zwar religiöse Freiheit gesucht, aber eigentlich bedeutete für sie frei nur, wenn alles so war, wie sie es wollten. Mom sagt, in vielen Religionen sind die Menschen so. Ich kapiere das nicht.«
    Gage wollte es ihm erklären. »Viele Leute sind gemein, und selbst wenn sie es nicht sind, denken die meisten doch, sie sind besser als du.« Er merkte das jedenfalls ständig, so wie die Leute ihn ansahen.
    »Aber glaubst du, dass es Hexen und so waren, und die Leute haben sie damals auf dem Scheiterhaufen verbrannt?« Fox rollte sich auf den Bauch. »Meine Mom sagt, Hexe zu sein ist auch eine Religion.«
    »Deine Mom ist bescheuert.«
    Weil Gage es gesagt hatte und weil er es scherzhaft gemeint hatte, grinste Fox. »Wir sind alle bescheuert.«
    »Ich würde sagen, jetzt ist der richtige Zeitpunkt für ein Bier.« Gage stand auf. »Wir teilen uns eins, damit die anderen noch kälter werden.« Cal und Fox wechselten einen
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