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Abendstern - Roman

Abendstern - Roman

Titel: Abendstern - Roman
Autoren: Nora Roberts
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ist. Gesabbert und geheult, als er mich mit dem Gürtel verprügelt hat. Warum sollte sich jemand so fühlen wollen?«

    Cal legte seinem Freund den Arm um die Schultern, wobei er aufpasste, dass er nicht die Striemen berührte. Er wünschte, er wüsste, was er sagen sollte.
    »Wenn ich alt genug bin, haue ich ab. Vielleicht gehe ich zur Army oder heuere auf einem Frachter an.«
    Gages Augen glänzten, als er den Kopf hob, und Cal blickte weg, weil er wusste, dass es Tränen waren. »Du kannst immer bei uns wohnen, wenn du willst.«
    »Wenn ich dann zurückginge, wäre es nur noch schlimmer. Aber in ein paar Stunden bin ich zehn. Und in ein paar Jahren bin ich genauso groß wie er, größer vielleicht. Dann lasse ich ihn nicht mehr an mich heran. Da kannst du Gift drauf nehmen.« Gage rieb sich übers Gesicht. »Komm, wir wecken Fox auf. Heute Nacht wird nicht geschlafen.«
    Fox stöhnte und grummelte, stand aber auf, um pinkeln zu gehen und sich eine Dose Coke aus dem Bach zu holen. Sie aßen noch ein paar kleine Muffins. Und schließlich sahen sie sich gemeinsam die Ausgabe von Penthouse an.
    Cal hatte schon nackte Brüste gesehen. Wenn man wusste, wo man nachgucken musste, konnte man sie sich in der Bücherei im National Geographic anschauen.
    Aber die hier waren anders.
    »Hey, Jungs, habt ihr schon mal daran gedacht, es zu machen?«, fragte er seine Freunde.
    »Ja, klar«, antworteten beide.
    »Wer es als Erster macht, muss den beiden anderen alles darüber erzählen. Auch, wie es sich anfühlt«, fuhr Cal fort. »Und wie es geht. Alles. Ihr müsst schwören.«

    Ein Schwur war heilig. Gage spuckte auf seinen Handrücken, die anderen beiden taten es ihm nach und legten nacheinander ihre Hände auf seine.
    »Wir schwören«, sagten sie gleichzeitig.
    Sie saßen am Feuer, während am Himmel die Sterne herauskamen und tief im Wald ein Käuzchen schrie.
    Der lange, anstrengende Marsch, Geistererscheinungen und das Bier waren vergessen.
    »Wir sollten das jedes Jahr an unserem Geburtstag machen«, erklärte Cal. »Auch wenn wir alt sind, dreißig oder so. Wir sollten uns immer hier treffen.«
    »Bier trinken und nackte Mädchen angucken«, fügte Fox hinzu. »Ihr müsst …«
    »Nicht«, unterbrach ihn Gage. »Ich kann nicht schwören. Ich weiß ja gar nicht, ob ich dann überhaupt noch hier bin. Oder ob ich jemals zurückkomme.«
    »Dann treffen wir uns da, wo du bist. Auf jeden Fall werden wir immer die besten Freunde sein.« Daran würde sich nie etwas ändern, dachte Cal und leistete im Stillen seinen eigenen, persönlichen Schwur darauf. Er blickte auf seine Armbanduhr. »Es ist bald Mitternacht. Ich habe eine Idee.«
    Er zog sein Pfadfindermesser heraus, ließ es aufspringen und hielt die Klinge ins Feuer.
    »Was hast du vor?«, fragte Fox.
    »Ich sterilisiere es. So was Ähnliches wie reinigen.« Es wurde so heiß, dass er es hastig zurückzog und auf seine Finger pustete. »Gage hat doch das mit dem Ritual gesagt. Zehn Jahre sind eine Dekade. Wir kennen uns fast schon die ganze Zeit. Wir sind am gleichen Tag geboren. Es macht uns … anders«, sagte er. »Irgendwie
besonders oder so. Wir sind die besten Freunde. Wir sind wie Brüder.«
    Gage blickte auf das Messer, dann sah er Cal an. »Blutsbrüder.«
    »Ja.«
    »Cool.« Fox streckte bereits die Hand aus.
    »Um Mitternacht«, sagte Cal. »Wir sollten es um Mitternacht machen und auch ein paar Worte dazu sagen.«
    »Wir legen einen Eid ab«, sagte Gage. »Dass wir unser Blut mischen, äh, drei für einen? So was in der Art. In Treue.«
    »Das ist gut. Schreib es auf, Cal.«
    Cal zog Papier und Bleistift aus seinem Rucksack. »Wir schreiben die Wörter auf und sagen sie gemeinsam. Dann schneiden wir in unsere Handgelenke und pressen sie zusammen. Ich habe sogar Pflaster dabei, wenn wir das brauchen.«
    Cal schrieb die Worte auf, für die sie sich entschieden, und Fox legte mehr Holz aufs Feuer, so dass die Flammen hochzüngelten.
    Kurz vor Mitternacht standen sie erwartungsvoll am Heidenstein, drei Jungen, deren Gesichter vom Feuer und von den Sternen beleuchtet wurden. Auf Gages Nicken hin begannen sie feierlich ihren Eid zu sprechen.
    »Wir sind vor zehn Jahren geboren, in derselben Nacht, zur selben Zeit, im selben Jahr. Wir sind Brüder. Am Heidenstein schwören wir uns ewige Treue, Aufrichtigkeit und Brüderlichkeit. Wir mischen unser Blut.«

    Cal hielt die Luft an, als er die Klinge über sein Handgelenk zog. »Aua.«
    »Wir mischen unser Blut.« Fox
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