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Abendfrieden

Abendfrieden

Titel: Abendfrieden
Autoren: Monika Buttler
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Verletzungen, abgesehen von zwei kleinen Hämatomen an den Oberarmen«, sagte Doktor Urban. »Der Tod ist erst ein paar Stunden her. Die Totenflecken sind noch wegdrückbar, die Starre ist bereits eingetreten. Offenbar ist es, begleitet von Erbrechen und Übelkeit, zu einem Herz-Kreislaufversagen gekommen.«
    »Das bedeutet?«, fragte Danzik. »Dass die Tote obduziert werden muss. Zumal die eng gestellten Pupillen auf Vergiftung deuten. Es kann sowohl Fremdeinwirkung als auch Selbstmord sein.« Doktor Urban haute dem Kommissar auf die Schulter. »Das wär’s erst mal, alter Junge.«
    Danzik nickte. »Ciao, Hajo.«
    * * *
    »Die beiden Holthusens sind benachrichtigt und auf dem Weg hierher. Wo sich die Schwiegertochter aufhält, konnte mir die Putzfrau nicht sagen.« Tügel ging ins Wohnzimmer voran. »Da bin ich mal gespannt. Der Hauptanteil unserer Arbeit liegt in diesen ersten Stunden.« Danzik sagte das, was er immer sagte, als könne er sich und seinen Kollegen noch stärker motivieren. Er setzte sich auf eins der cremefarbenen Sofas. »Wenn sie hier eintreffen, wissen sie es also noch nicht.«
    »Nein, die Putzfrau sollte nur sagen, dass mit Frau Holthusen etwas passiert ist.«
    »Machen wir es uns nicht etwas zu leicht?«
    »Im Gegenteil, Chef. Denen das Aug in Auge mitzuteilen – au ha, also ich möchte das nicht übernehmen.«
    »Musst du aber. Wozu hast du schließlich die Psychologie-Seminare mitgemacht?«
    »Ja, schon, aber –« Tügel zupfte an seinem Ohrring. »Ist ja gut, Torsten.«
    In dem Moment hörten sie ein Geräusch an der Tür und eilten auf den Flur. Der Ältere der beiden Männer, die eben eingetreten waren, trug einen dunkelgrauen Zweireiher mit weißlila gestreiftem Hemd und lila Krawatte, die grauen Haare akkurat gescheitelt, der Jüngere, ein sportlich trainierter Typ, ein helles Jackett und Jeans. Henri und Thomas Holthusen schauten sichtlich verwirrt.
    Der Hauptkommissar zog seinen Dienstausweis hervor. »Kripo Hamburg, mein Name ist Danzik. – Mein Kollege, Herr Tügel.«
    »Was ist hier los?« Henri Holthusen straffte sich. »Meine Herren«, sagte Danzik, »wir müssen Ihnen eine schlechte Nachricht mitteilen: Wir haben Ihre Gattin beziehungsweise Ihre Mutter tot aufgefunden. Wir möchten Ihnen unser Beileid aussprechen.«
    Die Holthusens starrten die Kommissare an, in ihren Gesichtern fing langsam etwas an zu arbeiten, man konnte jedoch nicht herauslesen, was es war. »Tot?«, sagte der Senior ausdruckslos. »Das müssen Sie uns erklären.« Um den Mund des Sohnes zuckte es nur, dann wandte er sich zur Seite. »Ihre Putzfrau war heute hier, um sich ihr Geld abzuholen«, erläuterte Danzik, »und fand Frau Holthusen tot im Badezimmer. Bitte kommen Sie mit.«
    Danzik öffnete die Tür und gab den Blick auf die Tote frei, die man inzwischen auf den Rücken gebettet und halb mit einem Laken bedeckt hatte. Die Augen waren nun geschlossen. »Mutter!« Thomas Holthusen blickte entsetzt und erschüttert auf die Tote hinunter, während sein Vater nur den Kopf schüttelte und schnell wieder auf den Flur trat. »Bitte kommen Sie.« Jetzt versuchte auch Torsten Tügel seinen Part zu spielen und fasste den alten Herrn am Arm. Doch der schüttelte ihn ab. Alle vier gingen ins Wohnzimmer. »Darf ich Ihnen etwas anbieten?« Henri Holthusen stand neben einer Mahagoni-Konsole und schenkte sich einen Whisky ein, während sein Sohn auf einen Sessel gesunken war. Mit einer Hand vor Augen blickte er stumm vor sich hin. »Nein, danke«, sagten die Kommissare gleichzeitig. »Wir fragen uns, was hier geschehen ist«, sagte Danzik. »Und Sie fragen sich das vermutlich auch.« Er machte eine Pause und sah zu Henri Holthusen, der sich inzwischen aufs Sofa gesetzt und einen Schluck Whisky genommen hatte. Aber der hielt seinen Blick auf das Glas gesenkt. »Frau Holthusen hat offensichtlich schwere Krämpfe erlitten, die zu einem Kollaps geführt haben. Hatte sie irgendeine chronische Krankheit?«
    »Nein.« Henri Holthusen umklammerte das Glas.
    »Nein.« Thomas Holthusen schaute auf, in seinen Augen schimmerte es feucht. »Nein, im Gegenteil. Meine Mutter war so vital. Jeden Tag ist sie mit ihrem Cabrio herumgefahren, hat Freunde besucht, war stundenlang zum Shoppen in den Passagen unterwegs. Und sie hat – hatte auch so viele Interessen. Vor allem das Malen. Hier – diese Bilder hat sie alle selbst gemalt.« Er wies mit einer traurig-stolzen Geste auf drei Blumengemälde in Öl, die über dem einen der
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