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Abendfrieden

Abendfrieden

Titel: Abendfrieden
Autoren: Monika Buttler
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Putzfrau stieß etwas zu lange den Rauch aus. »Also, ich hab erst mal geklingelt, und als sich dann auch beim zweiten Klingeln nichts rührte, hab ich den Schlüssel genommen. Ich putze ja nur mittwochs –«
    »Das war gestern«, unterbrach sie Tügel. »Aber warum sind Sie dann heute hier?«
    »Will ich Ihnen sagen, junger Mann. Wenn Sie mich mal eben ausreden lassen. Heute bin ich noch mal gekommen, weil Frau Holthusen mir gestern mein Geld nicht geben konnte. Sie habe es grad nicht passend, sagte sie.«
    »Kam das öfter vor?«, schaltete sich Danzik ein. »Ja, schon.« Gunda Thalheim drückte ihre angerauchte Zigarette aus. »War sie geizig?«
    »Ja, kann man so sagen.«
    »Jedenfalls mussten Sie sich deswegen extra noch mal auf den Weg machen. Wo wohnen Sie denn?«
    »Am Poßmoorweg. Ich komme immer mit dem Fahrrad.«
    »Ganz schöne Strecke«, stellte Danzik fest. »Was haben Sie nun bei Ihrem Eintreten ins Haus bemerkt?«
    »Ich habe ziemlich genau das gesehen, was Sie jetzt auch sehen.« Die Thalheim nahm erneut eine Zigarette heraus, was Danzik zu einem leichten Aufseufzen brachte. »Natürlich war mir gleich klar, dass sie tot ist. Toter ging’s gar nicht.«
    »Woran haben Sie das erkannt?«, fragte Tügel. »Na ja, Augen, Puls und so.«
    »Und Sie haben nicht den Notarzt gerufen?«
    »Nein, eben weil sie mausetot war. Und dazu die kaputte Terrassentür. Deshalb hab ich gleich die 110 gewählt.«
    »Und wer wohnt hier noch?«
    »Herr Holthusen, also ihr Mann, der Sohn Thomas und die Schwiegertochter.«
    »Au ha«, Tügel grinste zu Danzik hinüber. »Das sieht nach Arbeit aus. Wie war denn so die Ehe?«
    Gunda Thalheim blickte ihn erstaunt an. »Was Sie alles wissen wollen. Nun ja, normal eben. Er war ja meist nicht hier und wenn, dann haben sie kaum miteinander geredet. Oder sie hat ihm irgendwelche Anweisungen gegeben.«
    Danzik musste innerlich lächeln. Wenn so etwas normal war, dann führten er und Laura sowieso keine Ehe, und das nicht nur, weil sie nicht miteinander verheiratet waren. Noch nicht … »Frau Thalheim«, fragte er. »Was war Frau Holthusen für ein Mensch? Mit welchen Eigenschaften würden Sie sie bezeichnen?«
    Die Putzfrau sah zur Tür, als könne die Tote jeden Moment hereinkommen. »Also, ich weiß nicht, ob man jetzt – ich meine, sie ist schließlich gestorben … Warum wollen Sie das überhaupt wissen?« Sie beugte sich vor, ihre Stimme wurde leiser. »War es etwa Mord?«
    »Das wird sich herausstellen. Bitte beantworten Sie meine Frage.«
    »Ja, also, sie war ziemlich arrogant –«
    »Wie hat sie Sie behandelt? Wie war das Arbeiten hier?«
    »Schlimm hat sie mich behandelt.« Gunda Thalheim zermalmte die Zigarette im Ascher. »Immer noch perfekter musste es sein. Von dem Perser hob sie einen Flusen auf und hielt ihn mir unter die Nase, mit dem Finger strich sie immer über alle Oberflächen, und jedes einzelne Glas hat sie gegen das Licht gehalten.«
    »Aber Sie sind geblieben.«
    »Ja, Herr Kommissar.« Gunda Thalheim blickte in ihren Schoß. »Wir brauchen das Geld.«
    »Sie haben Familie?«
    »Ja, einen Sohn.«
    Allein erziehend, vermutete Danzik, aber er fragte nicht nach. »Ist Ihnen sonst noch was aufgefallen? Hatte sie besondere Eigenarten?«
    »Hmm. Das heißt – ja, sie war extrem abergläubisch. Einmal hatte ich im Esszimmer den Salzstreuer umgestoßen, und da hat sie mich angeschrieen, ob ich sie etwa vernichten wolle, nun käme als Strafe für das verschüttete Salz der Tod ins Haus …«
    Danzik und Tügel sahen sich an. »Frau Thalheim, Sie können dann gehen«, sagte Danzik.
    Die Putzfrau erhob sich, vor dem Badezimmer blieb sie stehen und begann, umständlich in ihrer Handtasche zu wühlen. »Sie können gehen!«, wiederholte Tügel.
    Gunda Thalheim warf ihm einen zischenden Blick zu, dann schob sie ab.
    Kurz darauf kamen die Kriminaltechniker aus dem Bad, um sich die anderen Räume vorzunehmen, so dass Doktor Urban mit seiner Arbeit an der Toten beginnen konnte. »Lass dich nicht stören«, sagte Danzik. »Tust du aber.« Urban griente freundlich. »Danke, wir überlassen dir gern das Feld«, erwiderte Danzik. Mit seinem jungen Kollegen zog er sich an die Treppe zurück.
    Endlich trat der Gerichtsmediziner, den Koffer in der Hand, auf die Diele. Seine Arbeit war getan: nach Lebenszeichen forschen, die Todeszeichen erkennen, in sämtliche Körperöffnungen schauen, die Temperatur messen, jeden Quadratzentimeter der Toten untersuchen. »Keinerlei
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