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Abdruecker (Splattergeschichten)

Abdruecker (Splattergeschichten)

Titel: Abdruecker (Splattergeschichten)
Autoren: Ella Bach
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73 hieß Ninja, weil sie klein und drahtig war und sich rasch bewegte. Sie konnte tanzen wie der Teufel, Zek hatte es gesehen.
    „ Gut. Keine Waffen“, sagte der Herr.
    „ Und wenn sie bewaffnet sein sollte?“
    „ Du nimmst drei Mann. Zu viert werdet ihr doch mit ihr fertig werden, oder?“
    „ Zu Befehl, Euer Ehren.“
    Zek legte auf und lächelte, während er weiter auf den Bildschirm starrte. Punkt 73 hatte den Absperrzaun überwunden und bewegte sich nun im zögerlichen Zickzack über den Schnee, als wüsste sie nicht, wohin sie fliehen wollte. Es war dies eine Jahreszeit, in der man ganz oben auf den weißen Schneemassen gehen konnte, weil sie mehrmals aufgetaut hatten und wieder zugefroren waren. Die Frage war nur, wie weit Punkt 73 zu Fuß kommen würde. In diese Richtung war nichts als Einöde. Es war möglich, dass Geliebte Nr. 73 ein Rendezvous mit jemandem hatte, der sich auf Schneefahrzeugen dem Landsitz genähert hatte. Auch ein Flugzeug mit Kufen war denkbar. Keine Waffen, dachte Zek zweifelnd.
    Und wenn es so war, dass die Ninja Hilfe von außen hatte? Er ging zum Schrank, öffnete ihn und holte seine Armeepistole heraus, lud sie und schob sie in die Tasche seines Mantels.
    Draußen vor dem Sicherheitstrakt wehte der Wind so scharf, dass er seine Schneebrille überstreifte, während er zur Garage ging. Das Tor war bereits offen, und zwei Männer, maskiert und vermummt, saßen bereits auf ihren Fahrzeugen bereit. Zek warf ein weiteres Einsatzfahrzeug an und sah, wie eine dritte Wache heran lief. Wenige Sekunden später dröhnten sie hinter und nebeneinander her zum Haupttor des Landsitzes, das sie in fünf Minuten erreicht hatten. Die Schranke stand bereits offen, und sie wandten sich nach rechts, da man in dieser Richtung am Zaun entlang schneller am Suchpunkt sein würde. Zek hatte das Peilgerät vor sich auf den Lenker gesteckt und konnte beobachten, wie sich der grüne Punkt, der er war, Punkt 73 näherte. Als sie am anderen Ende der Stadt außerhalb des Zauns angekommen waren, suchte er nach Fußspuren, doch der Wind hatte längst alles verwischt. Es war einer jener Tage, an denen man ohne Peilsender verloren war. Der Schnee war aufgewirbelt bis Hüfthöhe, man konnte kaum die Hand vor den Augen sehen. Und es wurde langsam dunkel.
    Es dauerte eine Viertelstunde, bis Punkt 73 in Griffweite war, zumindest, was die Peilung anging. Da erblickte er im Weiß einen roten Fleck, in der Nähe des Bodens. Der Fleck bewegte sich, floh. Aufgeregt winkte Zek den anderen, und da sie erfahren im Einkreisen flüchtiger Frauen waren, hatten sie den roten Fleck schnell umstellt, doch es gelang ihm, zwischen ihre Kufen hindurchzuschlüpfen. Einer der Männer rief etwas, aber der Wind trug seine Stimme davon. Zek war längst vorgeprescht, um Punkt 73 zu verfolgen. Er wusste längst, dass das nicht die Ninja sein konnte, und tatsächlich war es kein Mensch, den einer der Männer kurz darauf im Netz baumeln hatte. Das überdimensionale Netz, das man Flüchtigen wie bei der Schmetterlingsjagd überstreifen konnte, barg ein Tier. Einen Schneefuchs, nun sah man es. Er hatte sich in den Maschen des Netzes verbissen, und er trug eine rote Mütze. Sie saßen da auf ihren Schneemobilen um das Tier herum, schwitzten, keuchten und lachten. Zek war der erste, der ernst wurde, das Fahrzeug herumwarf und zum Stützpunkt zurückstrebte.
    Wenige Minuten später stand er vor dem Schreibtisch des Herrn. Dieser saß in der Halle, in der er sich tagsüber aufhielt. Sie war dicht mit Möbeln ausgefüllt und halb Kino, halb Sitzungsraum, halb Lounge. Der Herr saß an einem der Tische, nach vornüber gebeugt, und hatte eine Tasse Kaffee neben sich stehen. Hinter ihm stand der Butler wie eine Wachssäule.
    „ Es war ein Täuschungsmanöver, Euer Ehren. Es war ein Schneefuchs. Geliebte Nr. 73 hat ihn offenbar gefangen und ihm den Peilsender unter die Haut geschoben, weshalb er warm blieb. Es sieht so aus, als sei sie entkommen.“
    Der Herr war ein hagerer, grauhaariger Mann, der im Beruf, wo man ihn, den Milliardär, als Ikone verehrte, für sein raues, herzliches Lachen bekannt war. Zek hatte ihn noch nie so gesehen, wie er nun da saß. Sein Gesicht war bleich und feucht.
    „ Sie kann nicht entkommen", sagte er, „wenn sie entkommt, bin ich tot.“ Dann hob er den Blick: „Ich liebe sie, mein Junge. Ich liebe sie mehr als alle anderen.“
    „ Wir werden sie finden“, gab Zek mit einer Gewissheit zurück, die er selbst nicht
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