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Abdruecker (Splattergeschichten)

Abdruecker (Splattergeschichten)

Titel: Abdruecker (Splattergeschichten)
Autoren: Ella Bach
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empfand.
    „ Davon bin ich überzeugt“, sagte der Herr, blickte dabei aber auf die Tischplatte. Seine Hand zitterte leicht.
    „ Ich habe Befehl gegeben, das Tier zu töten“, fuhr Zek fort, „wir werden den Mageninhalt untersuchen und sehen, was wir finden. Sie muss das Tier mit einem Köder angelockt haben. Wenn wir wissen, was der Köder war und wann er gefressen wurde, wissen wir auch, wie lange sie schon weg ist.“
    Der Herr hob den Blick. Es war da ein Hauch von Hoffnung.
    Zek fuhr fort. „Ich bitte um Genehmigung, den Hubschrauber benutzen zu dürfen. Wenn sie zu Fuß davon ist, kann sie noch nicht weit gekommen sein.“
    Der Herr nickte. „Ich habe den Bericht von der Radarstation bekommen“, sagte er, und schob Zek ein Stück Papier hin. „Seit drei Tagen hat kein Flugzeug den Luftraum betreten oder verlassen. Vielleicht ist es unter dem Radar durchgekommen.“
    „ Und der Bodenverkehr?“
    „ Seit heute Morgen haben siebzehn Fahrzeuge die Schranke passiert. Davon acht Lastwagen mit Gütern, und der Rest waren wir selbst.“
    „ Welche Lastwagen?“
    „ Die üblichen Materialtransporte.“
    Zek studierte die Durchfahrtszeiten, wurde aber vom Signal seines Funkgerätes unterbrochen. Der Hubschrauber war bereit. Er salutierte und verließ im Laufschritt den Raum.
     
    Die Straße, auf der man den Landsitz verließ, ging beinahe auf der gegenüberliegenden Seite des Geländes ab. Sie führte zur großen Straße, auf der man mit dem Wagen von Westen nach Osten fuhr. Wenn man Richtung Osten lange genug auf ihr blieb, würde man einmal in Moskau landen. In den Westen dauerte es hier einen Tag. Kaum hatte sich der Hubschrauber in die Luft erhoben, hieß den Piloten zur Überlandstrasse hinaus schwenken, die sich von einem Ende des Horizonts zum anderen erstreckte. Sie war in beiden Richtungen leer, soweit der Blick reichte, und ebenso die Verbindungsstraße von dem Landsitz bis dorthin. Der Hubschrauber umkreiste in einem großen Umkreis den Absperrzaun, um dann nach einer halben Stunde, in der Zek die Landschaft in Sektoren mit dem Fernglas vergeblich aus der Luft nach der Geliebten Nr. 73 abgesucht hatte, wieder vor der Abflughalle zu landen. Mittlerweile war es dunkel geworden.
    Als er in das Wachgebäude zurückkam, lag bereits der Bericht des Arztes bereit, der das Tier obduziert hatte. Es war der Leibarzt seiner Ehren, ein Amerikaner. Zek fand ihn im Waschraum, wo man den Schneefuchs getötet und auf eine Pritsche gelegt hatte. Das Tier hatte die rote Mütze, die ihm die Ninja umgebunden hatte, nicht abstreifen können. Wahrscheinlich gehörte sie der Geliebten Nr. 73 selbst. Zek konnte sich nicht zurückhalten, zu grinsen. Geliebte Nr. 73 hatte sich offenbar mit einer Rasierklinge vom Peilsender befreit, der ihr vor drei Jahren unter die Bauchhaut eingepflanzt worden war in der Hoffnung, man werde sie dadurch daran hindern können, vom Landsitz wegzulaufen. Mit der gleichen Klinge hatte sie dem Tier ein Loch ins Fell geschnitten, und ihm den Peilsender eingepflanzt. Der Sender musste warm bleiben, um funktionstüchtig zu sein. Die Ninja wusste das offensichtlich.
    Zek hätte ihr das alles gar nicht zugetraut. Geliebte Nr. 73 war eine junge Frau, mit der man Spaß haben konnte. Sie war anmutig und allgemein beliebt, da sie immer das machte, was man von ihr erwartete. Stille Wasser sind tief, dachte Zek, als ihm der Arzt den aufgeschnittenen Magen des Tieres hinhielt und den Inhalt mit einer Schöpfkelle auf ein Tuch löffelte. „Halbverdautes Schweinefleisch, Major“, sagte er.
    „ Wie lange ist das her, dass er es gefressen hat?“
    Der etwas dickliche, vorzeitig kahl gewordene Mann mit der Kaugummiaussprache, dessen Russisch gleichwohl ausgezeichnet war, zuckte mit den Schultern. „Das kann ich nicht sagen. Ich habe keine Ausbildung als Pathologe. Normalerweise dauert es beim Menschen drei Stunden, bis sich der Magen entleert hat, aber Schwerverdauliches kann länger liegen bleiben. Ich nehme an, Schneefüchse sind da nicht viel anders.“
    „ Was gab es heute in der Kantine?“ fragte Zek.
    Der Arzt verstand sofort, was er meinte.
    „ Es sieht so aus“, sagte er, „es war ein Ragout mit Pilzen.“
    „ Danke.“ Zek drehte sich grußlos um und stürzte aus dem Raum, strebte die Treppe in das erste Stockwerk hoch und drang in die Privatgemächer des Herrn ein. Dieser hatte sich in der Stunde, die seit dem letzten Gespräch vergangen war, nicht vom Platz gerührt, war eher noch grauer
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