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Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen

Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen

Titel: Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen
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Welt.
    Kurz blieb ich in der Tür stehen und ließ die Ruhe des Raumes auf mich wirken. Sie war so wohltuend wie eine kalte Dusche an einem heißen Tag. Noch ein kleiner Seufzer, dann zündete ich die Kerzen und Räucherstäbchen an, nahm eine unbespielte Kassette vom Sideboard und legte sie in den Rekorder. Danach setzte ich mich in einen der weißen Sessel und schloss die Augen, um mich innerlich auf die erste Sitzung vorzubereiten.
    Also, ich habe eine Menge Bücher über Hellseher gelesen, die sagen, dass sie vorher stundenlang meditieren. Ich bin Steinbock und Steinböcke haben nicht so viel Geduld. Ich brauche zwei Minuten, um meinen Kopf von Ballast zu befreien und mich auf die kommende Aufgabe einzustellen. Das ist wie vor einer Prüfung. Man hat gelernt, gebüffelt, es sich eingetrichtert, und in den letzten Augenblicken, bevor man das Aufgabenblatt umdrehen darf, sagt man sich: Du schaffst das ... ein Kinderspiel... du weißt die Antworten! Man ist quasi sein eigener Cheerleader.
    Um Punkt ein Uhr klopfte es an der Tür und ich eilte hin, um meine Klientin in Empfang zu nehmen. Sie war neu und hieß Cathy Schultz, hübsch, schätzungsweise Ende zwanzig mit schulterlangen blonden Haaren und hellrosa Lippenstift. Wir gaben uns die Hand und ich führte sie ins Sitzungszimmer. Nachdem wir Platz genommen hatten, schaltete ich den Rekorder ein, schloss die Augen und konzentrierte mich auf ihre Energie.
    »Cathy, als Erstes möchte ich Ihnen gratulieren. Sie haben gerade am College eine Prüfung bestanden?«
    »Ja, diesen August«, sagte sie.
    »Klasse. Aber das war keine Zwischen-, sondern eine Abschlussprüfung. Sie haben den Masterabschluss gemacht, ja?«
    Cathy strahlte und sagte: »Ja, das ist richtig.«
    »Und haben Sie auch gerade einen Job gefunden?«
    »Heute um drei gehe ich zu meinem dritten Vorstellungsgespräch bei einer Werbeagentur.«
    »Super! Ich habe den Eindruck, dass Sie die Stelle bekommen werden, oder zumindest, dass man Sie dort nehmen will, aber Sie werden vielleicht um einen Aufschub bitten, bevor Sie dort anfangen.«
    »Äh ... das hatte ich eigentlich nicht vor.«
    Daraufhin machte ich die Augen auf und blickte sie fragend an. »Wirklich? Meinem Gefühl nach werden Sie vorher Zeit brauchen, um sich um etwas Bestimmtes zu kümmern.«
    Das kommt ständig vor. Ich spreche einen Eindruck aus, der zu dem Zeitpunkt unpassend erscheint und wenig später vollkommen zutrifft. Ich dachte, das wäre wieder so ein Moment, und ging nicht weiter darauf ein.
    »Also gut, dann nur für den Fall, dass Sie sich vorher um etwas kümmern müssen, sage ich Ihnen, dass das in Ordnung ist. Und wie ist das mit Ihren Kopfschmerzen?«
    »Was für Kopfschmerzen?«, fragte sie.
    Ich griff mir an die Schläfen und sagte stirnrunzelnd: »Na, Ihre Kopfschmerzen. Sind Sie deswegen schon beim Arzt gewesen?«
    »Ich habe keine Kopfschmerzen«, sagte sie und guckte mich an, als käme ich vom Mars.
    Ich fragte bei meiner Crew nach. Aber die bestand darauf, dass die Information korrekt war, also sagte ich: »Tja, das ist wirklich seltsam, denn ich spüre ganz deutlich, dass Sie wegen Kopfschmerzen zum Arzt gehen werden, der aber feststellen wird, dass alles in Ordnung ist.«
    Cathy schüttelte den Kopf und sah mich nur verständnislos an. Ich ließ das Thema fallen und bat meine Crew um ein neues. »Wer ist der Skifahrer?«, fragte ich.
    »Der Skifahrer?«
    »Ja. Haben Sie gerade einen Mann kennengelernt, der gern Ski fährt? Ich glaube, er ist dunkelhaarig.«
    »Mein Freund hat braune Haare«, bot sie an.
    »Fährt er gern Ski?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    Ich konzentrierte mich stärker und fragte: »Ist Ihr Freund gemein zu Ihnen?«
    »Nein, im Gegenteil, er ist richtig lieb.«
    »Sind Sie erst seit Kurzem zusammen?«
    »Nein, seit drei Jahren.« Cathy bekam allmählich einen ungeduldigen Unterton.
    »Ach so. Meinem Eindruck nach gibt es einen Mann mit dunklen Haaren, der gern Ski fährt. Er ist ein ziemlich unangenehmer Typ. Könnte sein, dass er Sie anbaggert und mit Ihnen flirten will, aber Sie sollten sich nicht auf ihn einlassen. Er ist gefährlich.«
    »Ist das jemand, den ich kenne?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Mir kommt er neu vor, und wenn Sie ihn anhand meiner Beschreibung nicht erkennen, hat er sich Ihnen wohl noch nicht genähert. Möglich, dass er anfangs nett wirkt, aber er ist ein Wolf im Schafspelz. Also seien Sie vorsichtig.«
    Cathy starrte mich bloß verwirrt an. Ich ließ das Thema fallen.
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