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Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen

Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen

Titel: Abby Cooper 02 - Moerderische Visionen
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mit geschlossenen Augen und heruntergezogenen Mundwinkeln.
    »Ja?«
    »Damit ist dann meine Schuld beglichen, okay?«
    »Kein Problem, Süße. Dann bis morgen.«
    Ohne Tschüss zu sagen, klappte ich das Handy zu. Ich war auf mich selbst sauer und fürchtete, es an ihm auszulassen. Ich wollte nicht zu dieser Hochzeit und war stinkig, weil ich nachgegeben hatte.
    Ich richtete mich auf, zog den Zündschlüssel heraus und griff nach meiner Handtasche auf dem Beifahrersitz. Wenn Kendal doch nur meinen Anrufbeantworter an die Strippe bekommen hätte, hätte ich ihm wahrscheinlich bis nach der blöden Hochzeit ausweichen können. Aber als das Telefon klingelte, hatte ich gehofft, es wäre Dutch, sodass ich gar nicht erst aufs Display geschaut, sondern gleich abgenommen hatte. Ich stieg aus und ging mürrisch durch das Parkhaus und über die Straße zu meinem Bürogebäude.
    Ich wohne und arbeite in einer Vorstadt von Detroit namens Royal Oak. Ich fühle mich dort wohl, weil es recht bunt zugeht und die Leute aufgeschlossen und tolerant sind. Die Stadt ist ziemlich einzigartig: Niemand wird ausgegrenzt - von den Obdachlosen, die in den Hauseingängen der Innenstadt Zuflucht suchen, über die gepiercten, aufmüpfigen Jugendlichen, die sich in verschiedenen Clubs und Musikläden rumtreiben, bis zu den Besserverdienem mit Van, zwei Kindern und dem obligatorischen Labrador namens Buddy, denen ich immer gähnend hinterhersehe. Alle sind willkommen. Das ist das perfekte Klima für einen kleinen Sonderling wie mich.
    Aber machen Sie sich jetzt kein falsches Bild. Auch wenn mein Beruf surrealistisch klingt - mein Privatleben ist leider ziemlich langweilig. Ich lebe in einem kleinen Haus mit drei Zimmern, an dem schon so lange renoviert wird, wie ich es besitze. Ich habe einen kleinen Dackel namens Eggy und ein Auto mit hundertdreißigtausend auf dem Tacho. Ein ausschweifender Abend besteht bei mir darin, mit meinem Freund auf dem Sofa ein Baseballspiel zu gucken.
    In einer Sache allerdings habe ich das große Los gezogen: Mein Freund ist Mr Sexy - so nenne ich ihn insgeheim. Dutch ist fast eins neunzig groß, hat hellblonde Haare und wunderschöne dunkelblaue Augen. Beim Anblick seines Körpers würde jeder griechische Gott vor Neid erblassen und sein Bariton hat quasi einen Pawlowschen Effekt auf mich - ich fange an zu sabbern, wenn er mit mir redet.
    Wir haben uns durch eine Partnerbörse im Internet kennengelernt. Dass ich mit ihm einen Volltreffer gelandet hatte, war mir sofort klar gewesen. Er brauchte dazu ein bisschen länger. Ein bisschen dabei geholfen hat der Umstand, dass ich zu der Zeit von einem mehrfachen Mörder bedroht wurde und dies Dutchs Beschützerinstinkt weckte. Das größte Hindernis zwischen uns war mein Beruf: Er hatte sich nur schwer damit anfreunden können. Ich meine, mit wie vielen Hellsehern sind Sie bisher zusammen gewesen?
    Zum Glück hat er sich dann doch damit arrangiert und wir waren fast so weit, den nächsten Schritt in unserer Beziehung zu machen, als ein Anruf kam und Dutch Bescheid erhielt, dass das FBI ihn nehmen würde. Das war vor acht Wochen gewesen und seitdem war er also in Virginia zur Ausbildung. Morgen Vormittag würde er nach Royal Oak heimkehren und ich erwartete den Tag in etwa so geduldig wie ein Fünfjähriger den Weihnachtsabend.
    Morgen Abend, an Halloween, wollten wir uns Wiedersehen, und wir hatten vor, Süßigkeiten an die Kinder der Nachbarschaft zu verteilen, dann ganz romantisch bei Kerzenschein zu Abend zu essen und uns anschließend wieder miteinander vertraut zu machen. Mein neu erstandenes Kostüm - französisches Zimmermädchen - war nur eines der aufregenden Extras, die ich mir für diesen Abend überlegt hatte. Jetzt musste ich die Verabredung verschieben. Verfluchter Mist.
    Ich überquerte die Straße und eilte durch den Regen in die Eingangshalle des Bürohauses. Es ist ein großer brauner Ziegelbau, der plump und unförmig einen ganzen Straßenblock einnimmt und mit den wuchtigen Verzierungen und spitzwinkligen Ecken ein Musterbeispiel architektonischer Unentschlossenheit darstellt - quasi ein LSD-Trip der Architektur.
    An diesem Morgen ging ich zu Fuß in den zweiten Stock. Ich war jetzt über dreißig und die Aussicht, mich nach drei Jahren zum ersten Mal wieder jemandem nackt zu zeigen, spornte mich an, dem Wackelpeter in meinem Luxuskörper neue Festigkeit zu verleihen.
    Schnaufend kam ich auf dem Treppenabsatz an und ging den Flur zu meiner Praxis hinunter
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