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Abbey Road Murder Song

Abbey Road Murder Song

Titel: Abbey Road Murder Song
Autoren: William Shaw
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gleichzeitig, dass sie es wirklich so meinte.
    »Ich fahre nach Irland«, verkündete er. »Ich hab nochGeld auf dem Konto, von meinem Vater. Ich dachte, ich sehe mir mal an, wo er herkam.«
    Sie nickte. »Da ist gut«, sagte sie. »Mach das.«
    »Du könntest ja mitkommen«, sagte er.
    Sie leckte den Rand ihres Whiskyglases ab.
    »Ich hab gehört, da ist es wie in Devon, nur feuchter.«
    »Wahrscheinlich. Aber dann würde es mir nicht gefallen. Lieber nicht, Cathal. Fahr du.«
    Er versuchte, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Sie war jung. Ungebunden. Vielleicht war das jetzt so mit den Mädchen.
    »Wann fährst du denn wieder nach Hause?«, fragte er.
    »Ich hab heute meine Kündigung eingereicht. In vier Wochen«, sagte sie.
    Er versuchte, sich vorzustellen, wie sie Tag für Tag die Kühe in den Stall trieb, aber es gelang ihm nicht. Dann versuchte er, sich vorzustellen, wie er da unten mit ihr zusammenlebte, aber das ging auch nicht besser.
    »Wenn du das Gefühl hast, nicht in den Polizeidienst zu passen, wie kommst du drauf, dass ich das tue?«, fragte er.
    »Du? Du passt wunderbar«, sagte sie.
    Es war nur eine beiläufige Bemerkung, aber sie verletzte ihn. Eine Weile hatte er daran zu knabbern. Sie durfte sich von einem Tag auf den anderen alles ganz anders überlegen, aber er war wie in Stein gemeißelt. Er wollte gerade fragen, wie sie das gemeint hatte, und vielleicht sogar einen kindischen Streit vom Zaun brechen, wie ihn Liebespaare haben, aber sie waren kein Liebespaar, sie hatten nur Sex gehabt, weil sie gemeinsam Entsetzliches hatten durchstehen müssen. Er wollte mehr, aber er begriff, dass da nicht mehr war. Und als er sich wieder zu ihr umwandte, war sie bereits mit offenem Mund eingeschlafen.
    Er lag eine Weile da, beobachtete, wie sich ihr nackterBrustkorb hob und senkte, und fühlte sich wie von einer Last niedergedrückt. Das Bett war zu klein für beide. Er wollte schlafen, aber es gelang ihm nicht.

Nachtrag
    Von 1966 bis 1967 fielen zehntausende Ibo Pogromen im muslimischen Norden Nigerias zum Opfer. Großbritannien hatte das ethnisch vielfältige Land in seinen willkürlich gezogenen Grenzen nach der althergebrachten Maßgabe des Teilens und Herrschens regiert. Damit war nach dem überstürzten Rückzug der Briten 1960 der Bürgerkrieg praktisch vorprogrammiert. Sechs Jahre später kam es durch eine Gruppe junger Offiziere zu einem ungeschickt lancierten Militärputsch gegen die noch unerfahrene, zunehmend in regionale Auseinandersetzungen verstrickte Regierung. Der Umstand, dass die meisten der Putschisten Ibo waren, rief Ressentiments wach, und das Blutvergießen begann.
    Die Anführer der Ibo reagierten gleichermaßen mit Selbstüberschätzung wie der berechtigten Angst vor Auslöschung und gründeten im Mai 1967 die Republik Biafra. Jetzt war der Bürgerkrieg unvermeidbar. Großbritannien handelte im eigenen Interesse und unterstützte das föderale Nigeria in der Hoffnung, sich Zugang zu den Bodenschätzen des Nigerdeltas, vor allem Öl, zu sichern. Kabinettsprotokolle aus der Zeit offenbaren den blanken Zynismus der britischen Politik. Commonwealth-Minister George Thomas schrieb im August: »Das einzige unmittelbare britische Interesse besteht darin, die Wirtschaft wieder auf einen Stand zu bringen, der uns erlaubt, Handel und Investitionen kapitalkräftig weiterzuentwickeln.« Offiziell verschloss Großbritannien die Augen gegenüber der Blockade Biafras durch den nigerianischen Bundesstaat und verpasste damit die Gelegenheit, Friedensgespräche zu vermitteln. Bei Kriegsende 1970 waren drei Millionen Menschen gestorben, vorwiegend an Krankheiten und Hunger. Knapp eine Million davon waren Kinder.
    Im Jahr 1968 kam es zu weiteren postimperialistischen Kollisionen: Zehntausende durch die Regierung Jomo Kenyattas entrechtete kenianische Asiaten trafen in Großbritannien ein. Während die Presse rassistischen Ressentiments Zunder gab, verabschiedete die britische Regierung hastig den Commonwealth Immigration Act, der allen nichtbritischen Inhabern eines Commonwealth-Passes das Einreiserecht verwehrte – womit Einwanderer nicht-weißer Hautfarbe größtenteils ausgeschlossen blieben. Zwei Monate später, im April, schürte Enoch Powell den wachsenden Rassismus mit seiner berühmt gewordenen Rede, in der er von »Strömen von Blut« sprach und behauptete, dass »in zehn bis fünfzehn Jahren der weiße Mann unter der Knute des schwarzen Mannes stehen« werde.
    Im September
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