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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett!
Autoren: David Baddiel
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Minuten später kapiert sie, was passiert ist, versetzt mir eine Ohrfeige und hüpft wieder auf die Heizung.
    Ich gehe in die Küche zurück und gebe Jezebel ihr Sheba — Thunfisch mit Krabben, duftet frisch wie das Meer selbst - und überlege, ob ich mir einen Kaffee machen soll. Mal gucken: Ich besitze einen Filterkaffeekocher, zwei Cafetièren, eine Espressomaschine, die auch Cappuccino machen kann, eins von diesen italienischen silbernen Durchlaufmodellen, Kaffeebeutel, Kaffeebohnen, gemahlenen Kaffee, Lavazza, Lyons, Kenco, Nescafe, eine milde Röstung aus Kolumbien, eine scharfe aus Nicaragua, eine ungeöffnete Dose Magenschonenden und drei Tüten verschiedener, im Laufe der letzten fünf Jahre aus Hotelzimmern geklauter Marken. Kaffee ist sehr wichtig für mich. Sagen Sie jetzt nicht: »Könnte das womöglich die Wurzel Ihres Problems sein?« Wie scharfsinnig von Ihnen, darauf zu kommen. Sie sind der Aha!-König des Tages. Aber, wissen Sie, Gott hat in mein italienisches silbernes Durchlaufmodell geschissen: Viel Kaffee trinken bedeutet, daß ich nicht schlafen kann, aber weil ich nicht geschlafen habe, muß ich viel Kaffee trinken. Ich mache mir eine enorme Keramikwaschschüssel voll Lavazza-Super-Speedy-Kopfdröhner. Das Telefon schrillt in meine benebelten Gedanken. Ich zögere, ehe ich abnehme, denn seit einiger Zeit ist jedes Telefonat von einem Summen und Klicken untermalt, was mich, völlig ungerechtfertigt, auf den Verdacht bringt: Interpol. Ich lasse es fünfmal klingeln, dann nehme ich ab. Es ist mein Bruder Ben.
    »Arschloch?«
    »Am Apparat.«
    »Hab ich dich geweckt?«
    Diese Frage stellen mir Leute am Telefon zu jeder Tageszeit.
    »Nein. Na ja. Nein. Ich habe nicht geschlafen.«
    »Hast du über mein Angebot nachgedacht?«
    »Tut mir leid, für weniger als zwei Billionen kriegst du den Stoff nicht.«
    »Sehr komisch! Du weißt schon, worum’s geht.«
    Ich schweige. Es ist ein schwieriges Gespräch.
    »Hör zu, Ben. Es ist ein fantastisches Angebot. Du bist ein fantastischer Redakteur. Over The Line ist ein fantastisches Blatt. Aber ich kann nicht mal drei Sätze aneinanderreihen, ohne das Wort >fantastisch< überzustrapazieren. Mit jemand anderem wär dir besser gedient.«
    »Quatsch. Ich will doch bloß eine wöchentliche Kolumne. Irgendwas Lustiges, Beißendes, Scharfsinniges, Satirisches über Sport.«
    »Wir wär’s mit was Langweiligem, Schrottigem, erbärmlich Geschriebenem, Einfallslosem über Sport?«
    »Klingt großartig.«
    »Aber ich will nicht arbeiten. Nichtarbeiten gefällt mir. Besonders, nicht für meinen Bruder zu arbeiten.«
    »Du würdest nicht für mich arbeiten, sondern mit mir. Als Partner.«
    Ein kurzes Knacken in der Leitung. Interpol klinkt sich aus. »Ichweißnich, Ben. Außerdem spiele ich gerade mit dem Gedanken, ein halbes Jahr auf Reisen zu gehen...«
    »Nie im Leben verreist du.«
    Was eine so völlig zutreffende Feststellung ist, daß sie weder weiterer Untermauerung bedarf, noch Widerspruch zuläßt. Mein ganzes Erwachsenenleben lang plane ich irgendwelche Reisen — große Reisen, China, Grönland, Südostasien - und rühre mich nie von der Stelle. Während mir langsam die Argumente ausgehen, spüre ich, wie meine geheimen Motive tief in mir zu rumoren beginnen.
    »Hör zu«, sagt Ben nach einer kurzen Pause mit Hintergrundsummen, »hast du nicht Lust, heute abend vorbeizukommen? Alice sagt, sie will was kochen.«
    Na endlich. Ich zögere, um anzudeuten, daß ich vielleicht etwas Besseres vorhabe. Die Wahrheit sieht allerdings so aus: Selbst wenn ich eine Verabredung zur Unterleibsmassage mit Kathleen Turner hätte, ich würde ihr absagen.
    »Ahmmm... na ja, ich wollte eigentlich... okay, ich komme.«
    »Bist du sicher? Sonst könnten wir’s auf nächste Woche verschieben.«
    »Nein. Ist in Ordnung. War nichts Wichtiges.«
    »Also gut. So gegen halb neun dann.«
    »Ja, bis dann.«
    »Arschloch.«
    »Arschloch.«
    Ich lege auf. Meine Seele füllt sich sacht mit dem gelben Freudengas. Ich werde Alice sehen. Ich fühle das Licht zurückkehren und eine plötzliche Glückswoge wie bei einem Tor in der Verlängerung. Hoffnung breitet sich in meinem Herzen aus wie weiche Margarine auf weißem, weißem Brot. Sogar meine kalten Zehen werden plötzlich warm. Dann merke ich, daß mir Jezebel auf die Füße gekotzt hat.

2

    Ja, ganz recht. Alice ist die Frau meines Bruders. Ich bin verliebt in meines Bruders Frau. Ich glaube, damit muß ich leben. Diesen Satz sage ich
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